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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Papageien saßen. Ihre Augen blitzten starr und gläsern im Licht der Lampe. Morry mußte unwillkürlich lächeln. Eine verdammt gute Sicherung gegen Einbrecher, dachte er anerkennend. Diebe mit schwachen Nerven werden Hals über Kopf aus dieser Wohnung flüchten.
    Schon in der nächsten Minute zwang er sich, alle störenden Gedanken abzuschalten. Er konzentrierte sich ganz auf seine Suche. Langsam ging er in dem exotisch ausgestatteten Raum auf und ab. Er sah Bilder aus Brasilien, seltene Steine aus dem Amazonasgebiet und ausgestopfte Rieseneidechsen. Daneben gab es noch einen Glasbehälter mit seltenen Schlangen.
    Aber das alles interessierte den Kommissar nicht. Er ging in den Nebenraum hinein. Eine lebende Pflanze, die echte Blüten treiben soll, dachte er, braucht Luft und Licht. Man kann sie nicht hinter einer Mauerwand verbergen. Man kann sie überhaupt nicht verstecken. Wenn diese Blumen hier sind, werde ich sie finden. Er hatte schon alle Räume vergeblich durchsucht, da geriet er zuletzt noch auf den Balkon, der mit blanken Glasscheiben gegen den Frost des Winters abgeschirmt war. Eine geschickte Hand hatte diesen Balkon in einen wundervollen Wintergarten verwandelt. Man glaubte, im Treibhaus eines berufsmäßigen Gärtners zu sein. Weiß und gelb und purpurrot leuchteten die Blüten aus zartem Grün. Aber eine Tungasblüte war nicht darunter.
    Morry wollte sich schon enttäuscht wieder abwenden, da erspähte er einen Winkel, der völlig von dunkelgrünen Hängepflanzen eingesponnen war. Das Netz der winzigen Blätter war so dicht daß es wie ein undurchdringlicher Vorhang wirkte.
    Mit raschen, erregten Handgriffen schob Morry dieses grüne Netz zur Seite. Schon im nächsten Augenblick leuchtete es ihm in dunklem Blutrot entgegen. Fünf, sechs Blüten mit sichelförmigen Blättern und weitgeöffneten Kelchen zeigten ihre betörende Pracht. Ein betäubender Duft stieg von ihnen auf. Morry hielt den Atem an. Ein beinahe feierliches Gefühl überkam ihn, Jetzt bin ich am Ziel, dachte er glücklich. Vielleicht kann ich schon morgen die Akte über diesen Fall schließen.
    Mit seinem scharfen Taschenmesser schnitt er hastig die Blüten ab und barg sie in den weiten Taschen seines Mantels.
    Ich möchte seine Augen sehen, wenn er den Diebstahl der Blumen bemerkt, dachte Morry ergrimmt. Er wird dann sofort wissen, daß man ihm auf der Spur ist. Er wird sich mit neuen Morden aus der tödlichen Schlinge ziehen wollen.
    „Wer da?“, krächzte es aus dem Nebenzimmer. „Nehmen Sie die Hände hoch, junger Mann!“ Es waren die Papageien, die er bei seinem Eintritt auf dem Schlaf geschreckt hatte.
    Ihr werdet auch nicht mehr lange in dieser Wohnung sein, dachte Morry versonnen. Man wird euch in einen Zoo bringen müssen. Euer Besitzer wird hinter grauen Gefängnismauern verschwinden und nie mehr zu euch zurückkehren. Das waren die Gedanken Morrys, als er die Wohnung verließ. Während er die Treppe hinunterging, summte er ein heiteres Liedchen vor sich hin.
     
    20
     
    Als Sonja Garden an diesem Morgen das Zimmer ihrer Mutter betrat, sah sie die auffallend gealterte Frau verstört und wachsbleich am Tisch sitzen. Vor ihr lag eine Zeitung, die mindestens drei Tage alt war. Die erste Seite war fast völlig zerlesen.
    „Willst du nicht etwas essen?“, fragte Sonja mit besorgter Stimme. „Du hast in den letzten Tagen kaum etwas zu dir genommen. Wenn du so weitermachst, muß ich dich in ein Hospital schaffen lassen.“
    Melanie Garden sah kaum von ihrer Zeitung auf. Ihre Augen hatten wieder den kranken, unsteten Glanz, wie ihn nur das Fieber oder das mahnende Gewissen erzeugen kann. Ein heftiges Zittern schüttelte ihren abgezehrten Körper. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst.
    „Aaron Goldsmith war das fünfte Opfer“, murmelte sie mit zuckenden Lippen. „Ich kann nicht länger schweigen. Ich darf nicht länger tatenlos Zusehen.“
    Ihre Stimme steigerte sich zu schrillen Mißtönen.
    „Was starrst du mich so an? Bin ich etwa schuld an diesen Verbrechen? Habe ich das gewollt? Hätte ich geahnt, was mich hier in London erwartet, so wäre ich drüben geblieben. Dein Vater wäre heute noch am Leben, wenn ich. . .“
    „Ich weiß“, sagte Sonja Garden verächtlich. „Er würde noch leben, wenn du dich nicht vor Heimweh nach London verzehrt hättest. Dein Traum ist in Erfüllung gegangen. Du bist jetzt hier in London. Aber was hast du damit erreicht? Fühlst du dich hier glücklich? Gefällt es dir in diesem

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