Ich will dich
bleibe.”
Hilflos hob er die Hände. „Aber wenn du auf der Ranch nicht glücklich warst, warum hast du das nicht gesagt? Ich dachte, es würde dir dort gefallen.”
„Mir gefällt es ja auch auf der Ranch!” schrie sie. „Aber mir gefällt es nicht, dort allein zu leben.” Vergeblich bemühte sich Rena, die Tränen zu unterdrücken. Sie schüttelte hilflos den Kopf. „Ich hatte Träume und Pläne für mein Leben, genau wie du. Aber ich habe meine Träume aufgegeben, als wir geheiratet haben und auf die Ranch gezogen sind, während du deinen weiterhin nachgejagt bist.”
Sowohl ihre Tränen als auch ihre Worte brachten Clayton nur noch mehr durcheinander. Fassungslos sah er Rena an. Er sollte sie um ihre Träume gebracht haben? Aber welche Träume? Wovon sprach sie denn überhaupt?
Rena wartete auf eine Antwort, auf irgendeinen Hinweis, dass er verstand, weshalb sie unglücklich und unzufrieden gewesen war, und dass er bereit war, mit ihr darüber zu reden.
Doch als nichts kam, wischte sie sich mit dem Handrücken über die Wangen, erinnerte sich an ihren Stolz und hob das Kinn.
„Ich will die Scheidung, Clayton. Du kannst den Antrag einreichen, oder ich werde es tun. Das spielt keine Rolle. Aber wir werden uns scheiden lassen.”
Etwas in ihrer Stimme - die Entschlossenheit oder die Ruhe nach dem Sturm - ließ Clayton frösteln. Allmählich wurde ihm bewusst, dass dies kein Spielchen war. Rena versuchte nicht, mit irgendwelchen dramatischen Mitteln seine Aufmerksamkeit zu erregen. Sie wollte tatsächlich durchziehen, was sie angefangen hatte. Sie war dabei, sich von ihm zu trennen.
Und irgendwie hatte er das Gefühl, nichts, aber auch gar nichts tun oder sagen zu können, was ihre Meinung ändern würde.
Als Rena erneut ins Haus gehen wollte, unternahm Clayton nichts, um sie davon abzuhalten. Bewegungslos stand er da, während Rena die Tür hinter sich zumachte. Es war, als würde sie ihn damit aus ihrem Leben ausschließen.
Bei dem Geräusch der sich schließenden Tür tauchten Erinnerungen aus der weiten Vergangenheit in ihm auf. Clayton versuchte, sie zu verdrängen. Doch die Bilder wurden deutlicher, und dann hatte er es wieder genau vor Augen …
Ein fünf Jahre alter Junge stand am Bordstein und wartete auf den Bus. Er sah seinem Onkel nach, der wegging …
Noch einmal erlebte Clayton das Gefühl der Verlassenheit und die Angst, die ihn damals gepackt hatte. Tränen traten ihm in die Augen, und er spürte den Schmerz tief in seinem Innern.
Dann hörte er Rena den Schlüssel im Schloss umdrehen, und er glaubte, ihm würde das Herz brechen.
Rena stand am Schlafzimmerfenster. Eine Hand auf den Holzrahmen gelegt, blickte sie nach draußen in die Dunkelheit. Unten ging Clayton über den Rasen zu seinem Pick-up.
Es schnürte ihr die Kehle zu, als sie merkte, wie niedergeschlagen er war. Er ließ die Schultern hängen und hatte die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben. Sie hatte ihn sehr verletzt, obwohl sie das gar nicht gewollt hatte. Warum sollte sie den einzigen Mann verletzen, den sie je geliebt hatte, den Mann, den sie immer noch von ganzem Herzen liebte?
Ihr war klar gewesen, dass eine ungewollte Schwangerschaft nicht gerade die beste Basis für eine gute Ehe bot. Doch sie hatte Clayton von dem Augenblick an geliebt, als sie ihm das erste Mal begegnet war, und diese Liebe war während ihres ersten gemeinsamen Jahres sogar noch stärker geworden. Clayton hatte seine Liebe zu ihr zwar niemals in Worten ausgedrückt, ihm schien es schwer zu fallen, überhaupt Gefühle zu zeigen, doch tief im Innern hatte sie gespürt, dass er sich etwas aus ihr machte.
Sie dagegen hatte nie versucht, ihre Gefühle für ihn zu verbergen, und sie hatte gehofft, mit der Zeit würde ihr Beispiel ihm helfen, auch seine Empfindungen auszudrücken.
Doch das war nicht geschehen. Im Gegenteil, mit den Jahren war er sogar noch zurückhaltender geworden und immer mehr unterwegs gewesen. Weg von zu Hause und weg von ihr.
Durch einen Tränenschleier beobachtete Rena, wie Clayton seinen Pick-up wendete. Die Scheinwerfer strahlten hell in der Dunkelheit. Sie sah ihm nach, bis die roten Rücklichter des Pferdeanhängers schließlich verschwunden waren. Dann presste sie die Stirn gegen die Glasscheibe und weinte bitterlich.
6. KAPITEL
Unbarmherzig schien die frühe Morgensonne auf Claytons Augenlider und weckte ihn aus tiefem Schlaf. Er gähnte und streckte die Glieder, die ganz steif waren, weil er die
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