Ich will dich
Daddy oder ich Brüder und Schwestern haben. Aber wir haben keine.” Allerdings wurde ihr dann klar, dass das vielleicht gar nicht stimmte. So wenig, wie sie über Claytons Vergangenheit wusste, könnte Clayton sogar zwölf Brüder und Schwestern haben.
Bevor sie aufstand, strich sie Brittany noch einmal liebevoll über die Wange. „Nun wird aber nicht länger geredet. Jetzt ist Schlafenszeit.”
Bereitwillig schloss Brittany die Augen und kuschelte sich tiefer in ihr Kissen. „Ist gut, Mommy.”
8. KAPITEL
Sobald Rena das Schlafzimmer der Zwillinge verlassen hatte, ging sie die Treppe hinunter und suchte Clayton. Da er nicht im Haus war, trat sie auf die Veranda hinaus. Eine Weile blieb sie stehen und versuchte mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Schließlich hörte sie das vertraute Geräusch von Hafer, der in einen Metalleimer geschüttet wurde, und ging zum Pferdeanhänger.
„Clayton?”
Er blickte auf und schloss leise die Seitentür des Anhängers, wo er Easys Futter aufbewahrte. „Was ist?”
„Ich muss mit dir sprechen.”
„Worüber?”
„Darüber, was gerade oben passiert ist.”
Clayton drehte sich um und ging Richtung Weide. „Was soll denn passiert sein?”
„Was passiert ist?” fragte Rena verblüfft, weil sie nicht glauben konnte, dass er so unsensibel war und nicht bemerkt hatte, dass er Brittanys Gefühle verletzt hatte. „Ich will dir sagen, was passiert ist”, sprach sie weiter und ging ihm nach. „Du hast deiner Tochter eben sehr wehgetan.”
Er hob den Eimer über den Zaun und wickelte das Seil, das daran befestigt war, um einen Pfosten. „Und wie soll ich das gemacht haben?”
„Sie sagte dir, dass sie dich sehr lieb hat, und du hast ihr keine Antwort gegeben.”
„Ich habe ihr eine gute Nacht gewünscht”, gab Clayton zurück, während er das Seil festband.
„Aber du hast ihr nicht gesagt, dass du sie auch sehr lieb hast!” Rena presste die Finger gegen die Schläfen und atmete tief ein. Sie wollte unbedingt ruhig bleiben und sagen, was sie zu sagen hatte, ohne die Beherrschung zu verlieren. „Kinder brauchen die ständige Bestätigung durch ihre Eltern, dass sie geliebt werden”, erklärte sie. „Besonders Kinder, deren Eltern sich scheiden lassen.”
„Ich liebe meine Kinder.”
„Aber woher sollen sie das wissen, wenn du es ihnen nicht sagst?”
„Ich sorge für sie. Ich gebe ihnen ein Heim, Essen und Kleider und alles, was sie sich sonst noch so wünschen.”
„Aber sagst du es ihnen? Hast du schon jemals die Worte ,ich liebe dich’ ausgesprochen?” Als er keine Antwort gab und ihr den Rücken zukehrte, verlor sie die Geduld und hob die Stimme. „Clayton, hast du?”
Mit einem Ruck fuhr er herum, und Rena erschrak über seinen Gesichtsausdruck.
„Nein”, entgegnete er barsch, „aber ich liebe sie.” Er legte eine Faust auf seine Brust. „Von ganzem Herzen liebe ich diese Kinder.”
Zitternd legte sie eine Hand auf seine Faust, die er immer noch gegen seine Brust drückte. „Dann sag es ihnen. Sag ihnen, was du für sie fühlst. Lass sie nicht im Ungewissen. Gib ihnen nie einen Anlass, an deiner Liebe zu zweifeln.”
Clayton streifte ihre Hand ab und drehte sich erneut von Rena weg. „Ich kann nicht.”
Fassungslos betrachtete Rena seinen Rücken. Hatte sie richtig gehört? „Du kannst nicht? Aber warum? Wenn du sie liebst, musst du ihnen das doch auch sagen können!”
Sie wartete auf seine Antwort. Sie wollte, dass er ihr erklärte, weshalb er über seine Gefühle nicht sprechen konnte. Doch er schwieg. Er sagte nicht einen Ton. Er stemmte einfach nur die Hände in die Hüften und betrachtete den Abendhimmel.
Rena fiel plötzlich ein, was Brittany ihr erzählt hatte: Niemand habe ihn behalten wollen, obwohl er gar nicht unartig gewesen sei. Jetzt war sie sicher, dass diese Erfahrung etwas mit seiner Unfähigkeit zu tun hatte, seine Gefühle für seine Kinder in Worte zu fassen. Sie trat zu ihm und le gte eine Hand auf seinen Rücken.
Im Mondlicht war deutlich sein Profil zu sehen, das energische Kinn, der harte Zug um seinen Mund - und dass in seinen Augen Tränen glitzerten. Voller Mitgefühl schlang sie einen Arm um seine Taille.
„Brittany hat mir erzählt, dass du als kleines Kind sehr oft abgeschoben worden bist”, sagte sie leise.
Clayton versteifte sich noch ein wenig mehr. „Ich habe nie versucht, ein Geheimnis aus meiner Vergangenheit zu machen.”
„Aber du hast mir auch nie davon erzählt”,
Weitere Kostenlose Bücher