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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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auf den Treppenabsatz, ob dort ein Wachtposten steht. Sie meint einen Schatten zu bemerken, aber das Treppenhaus ist leer. Michele Conti legt seinen Helm auf einen Stuhl und die Schlüssel auf den Korridortisch. Dann schaut er sich um.
    »Wo sind denn deine Eltern?«
    »Mein Vater ist in den Bergen, und meine Mutter ist mit Freundinnen unterwegs. Zum Glück lässt sie mich wenigstens von Zeit zu Zeit etwas durchatmen.«
    Sie bedeutet ihm, auf dem Sofa Platz zu nehmen, und greift nach der Fernbedienung. Sie wartet die letzten Takte von Karmacoma ab und stellt dann auf leise. Sie schaut ihn an. »Willst du was trinken?«
    »Ja. Ich habe noch nicht mal gegessen. Du hast nicht zufällig was zu Hause …?«
    »Einen gefüllten Kühlschrank findest du bei mir immer. Bedien dich ruhig.«
    Michele geht in die Küche, die sich direkt an den Wohnraum anschließt. Sie bleibt sitzen und zündet sich eine Zigarette an. Er nimmt eine Packung mit vorgewaschenem Salat, öffnet sie und leert sie über einem Teller aus. »Leistest du mir Gesellschaft?«
    Sie wirken wie ein intaktes Paar. Ein ganz normaler Abend zu Hause. Er hat sich verspätet, sie ist müde von einem arbeitsreichen Tag.
    »Ich komme«, antwortet Maria Dolores. Sie erhebt sich, geht an einigen nüchternen Bildern und einem Spiegel vorbei und tritt an den Tisch, wo er bereits zu essen begonnen hat.
    Michele: »Ich habe dich noch nie so gut in Schuss gesehen.«
    Maria Dolores: »Ich trainiere jeden Tag. Früher hatte ich keine Zeit dafür. Außerdem bin ich auf Diät.«
    Michele: »Dann geht’s dir also gut?«
    Maria Dolores: »Ich halte es nicht mehr länger aus, ständig hier drinnen eingeschlossen zu sein.«
    Michele: »Und wie geht es mit dem Anwalt voran? Habt ihr euch schon geeinigt, was ihr sagen wollt?«
    Maria Dolores: »Wechseln wir besser das Thema.«
    Michele: »Tut mir leid. Aber ich muss wissen, ob ich dich die nächsten zwanzig oder dreißig Jahre im Gefängnis besuchen muss, oder ob wir uns ein gemeinsames Leben aufbauen können.«
    Von einem gemeinsamen Leben hatte er bisher nie gesprochen. Dass er mit ihr zusammen sein wollte, ja. Vielleicht sogar zusammen wohnen. Aber etwas gemeinsam aufbauen? Ein Leben? Ihr gemeinsames Leben? Im Augenblick löste dieser Gedanke nichts weiter als Angst in ihr aus. Noch jemand, den sie in ihr karges Leben mit aufnehmen musste. Allein ihre Zusammenkünfte, die sich nach seinem Wohlwollen gestalteten, ließen sie nicht völlig gleichgültig. Sie hatte bereits versucht, ihm klarzumachen, dass sie gern von seinen Besuchen unterrichtet werden wollte, aber umsonst. Michele kreuzte auf, wann er konnte oder wollte. Das entschied ausschließlich er. Und genau darin bestand für sie eine der vielen subtilen Formen der Konditionierung und der Machtausübung, die sie aufgrund des Hausarrestes hinnehmen musste.
    Maria Dolores: »Kannst du mir sagen, was wir am Abend vor dem verfluchten Tag gemacht haben?«
    Michele schaut sie an: »Schon wieder?«
    Maria Dolores: »Ja, schon wieder. Haben wir uns am Abend davor gesehen? Ich erinnere mich nicht genau. Ich muss meine Gedanken ordnen. Hilf mir dabei.«
    Michele: »Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Du hast mich das doch schon hundertmal gefragt. Am Abend davor haben wir uns nicht gesehen, vielleicht ist ja dein Freund von der Guardia di Finanza noch aufgetaucht. Mit dem du dich angeblich nie allein getroffen hast.«
    Stille.
    Michele: »War er bei dir?«
    Maria Dolores: »Ich war allein. Aber ein Stück fehlt, und ich bringe es nicht zusammen. Das weißt du.«
    Michele: »Hast du ihn mal gefragt? Ich meine, ob er an dem Abend bei dir war?«
    Sie errötet, als fühle sie sich schuldig für diese Geschichte, die eigentlich keine war. Erbost, vor allem darüber, dass sie alles hatte beichten müssen, nachdem sie dieser Frau ein Messer in den Bauch gerammt hatte. In solchen Momenten, das wusste sie, war es besser, alles zu sagen, jede Minute des eigenen Lebens offenzulegen. Und dennoch: Sie hatte ihn nicht betrogen. Sie hatte nur ihre Zeit und ihre Gedanken mit einem anderen Mann geteilt. Fragen ohne Antworten. Keine leidenschaftlichen Emotionen. Sie hatte es schlicht zugelassen, sich ein vages Glücksgefühl einzureden, das niemals Realität geworden wäre.
    Maria Dolores: »Darum hat sich schon mein Anwalt gekümmert. Er war nicht bei mir, er war kein einziges Mal in meiner Wohnung. Im Übrigen weißt du, dass zwischen uns nie etwas war. Nie.«
    Michele: »Hatte ich schon wieder

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