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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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dem Po Schwärme an phosphoreszierenden Karpfen zuführt und dem Gemüse beim Wachsen hilft, indem er die Plantagen über viele Kilometer bewässert. In Mailand gibt es viele Gemüsebeete, die an den Autobahnausfahrten liegen. Mit Blick auf die Alpen.
    »Danke, das ist wirklich nett.« Ich sage das, weil ich keine anderen möglichen Wahrheiten kenne. Ich nehme den Chicorée und lege ihn in den Kühlschrank. In einer halben Stunde, bevor meine Mutter nach Hause kommt und ihn verkochen kann, werde ich ihn in den Abfall werfen.
    »Morgen bringe ich dir auch noch Zucchini mit. Sie sind groß und aromatisch«, antwortet sie zufrieden, während sie ihre rauen und schwieligen Hände, die von städtischer Erde verschmutzt sind, zurückzieht.
    Ich bleibe mit meiner Heuchelei allein zurück. Meinen bürgerlichen Konventionen des friedlichen Miteinanders. Das Gerüst, das ein zivilisiertes Volk aufrechterhält und die Menschen daran hindert, übereinander herzufallen und sich gegenseitig zu zerfleischen.
    Elftes Gebot: Du sollst nicht die Wahrheit sagen. Es gibt keine Wahrheit.

38
    »Das Ding zählt irgendwie nicht richtig zusammen.« Der frischgebackene Hauptkommissar sitzt am Schreibtisch von Maria Dolores Vergani mit einem Taschenrechner in der Hand. Ihm gegenüber steht Pietro Corsari, die Hände in den Hosentaschen und lustlos an den Türpfosten gelehnt. Ungepflegt und unrasiert.
    »Was zählt nicht, Funi?« Gute Frage.
    Funi hebt den Kopf und greift die ungewollte Zweideutigkeit auf. »Ich weiß ganz genau, was zählt und was nicht zählt. Aber meine Meinung zählt ja nicht.«
    »Funi, für meinen Geschmack drücken Sie sich ein wenig zu kompliziert aus. Sie hätten Philosophie studieren sollen.« Corsari scheint sich über ihn lustig machen zu wollen.
    »Ach, wissen Sie. Ich lerne besser aus der Praxis. Für mich zählen eigentlich nur wenige Dinge. Das habe ich erst jetzt begriffen. Aber lassen wir das. Was die Kreuze betrifft: Sie sind eine exakte Nachahmung der Kreuze aus der Passion Christi. Wenn Sie verstehen, was ich meine?«
    »Sind Sie immer noch nicht weiter? Sie haben wohl einen Narren gefressen an diesem Fall?« Funi hat Corsari auf dem falschen Fuß erwischt und vor allem ohne Argumente.
    »Weitere drei Kreuze in Caltagirone, in Sizilien. Noch mal drei im Garten einer Villa unweit von Bergamo. Jeweils drei in der Nähe der Wallfahrtskirchen von Oropa und Loreto. Irgendjemand reist durch ganz Italien, um überall Kreuze aufzustellen. Da muss es doch irgendeinen Zusammenhang geben oder etwa nicht?«
    »Das ist bestimmt jemand mit einem schweren psychischen Schaden. Stellen Sie sich doch nur mal den Kraftaufwand vor, die Dinger in den Boden zu kriegen. Ein Kreuz macht niemandem Angst. Lassen Sie die Sache auf sich beruhen, Funi«, meint er gelangweilt.
    »Es wäre ein großer Fehler, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Für mich wäre das ein großer Fehler. Egal. Die Abmessungen stimmen jedenfalls überein: Das größte Kreuz ist vier Meter hoch. Ein Meter in die Erde hineingeschlagen, ein weiterer Meter zwischen Boden und den Füßen des Gekreuzigten, ein Meter siebzig seine geschätzte Körpergröße. Bleiben dreißig Zentimeter übrig. Exakt wie das Kreuz auf dem Berg Golgatha.«
    »Sie sind doch nicht etwa religiös?«
    »Wenn schon, dann ein guter Christ. Religiös? Das weiß ich selbst nicht so genau. Aber das hat auch nichts mit den Kreuzen zu tun. Hausfriedensbruch, Besetzung öffentlichen Raumes, das sind die Straftaten, mit denen wir es hier zu tun haben. Das haben Sie doch selbst gesagt. Ich werde der Sache auf den Grund gehen. Corsari, ich habe gelernt, dass man etwas erst beendet, wenn es wirklich zu Ende ist. Und nicht mittendrin.«
    »Pietro, ich habe dir schon einmal gesagt, du sollst mich Pietro nennen«, entgegnet er, ein wenig verstimmt.
    »Corsari wäre mir lieber. Damit fühle ich mich wohler. Irgendwann werde ich es schon schaffen, Sie beim Vornamen zu nennen.« Sie zu schätzen , vielleicht. Ihnen zu vertrauen , hätte er gern noch hinzugefügt.

39
    GIULIA
    Der Mund ist wie eine Tür. Zwischen Drinnen und Draußen, zwischen Oben und Unten. Sie hat es geschafft Haare, Nägel und Nadeln zu erbrechen. Sich einen imaginären Raum zu graben, wo das, was von ihrem Körper noch übrig ist, auf ein Minimum reduziert ist. Ein Zufluchtsort, eine unerträgliche Leichtigkeit. Wo ist das angestrebte Ziel, bei dem das Verlangen endgültig gestillt sein wird?
    Sie suche nach Zugehörigkeit und

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