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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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Familienmitglieder, und das ist alles.«
    »Ich habe noch die Seiten aus dem Tagebuch, das wir bei Anna gefunden haben. Das zweite Gutachten hat bestätigt, dass die Handschrift auf den herausgerissenen Seiten eindeutig mit jener von Anna Tura übereinstimmt. Die fehlenden Einträge sind also von ihr verfasst worden.«
    »Die beiden Freundinnen haben also zusammen ein Tagebuch geführt. Und als dann Giulia tot war, hat es Anna zur Erinnerung bei sich behalten.«
    »Ja, so könnte es gewesen sein.« Er schaut sie mit leicht zusammengekniffen Augen an. »Da ist noch Anselmo, der die Seiten bei sich trug. Man könnte ihn wegen der widerrechtlicher Aneignung eines Leichnams anklagen. Drei Jahre Gefängnis würde er dafür im schlimmsten Fall bekommen. Aber er ist nicht zurechnungsfähig, also …«
    »Mal nicht so schnell. Als Erstes stellt sich doch die Frage, warum er sie hätte vergraben sollen? Und außerdem, was ist mit den Kreuzen?«
    »Ja, richtig. Die Kreuze. Und wo ist die Verbindung zu Chiara, dem Mädchen, das sich von der Brücke gestürzt hat? Keine Kreuze, kein Tagebuch. Einzige Gemeinsamkeit ist die Klinik, in der sie alle zur Behandlung waren.«
    »Das ist doch schon mal was.« Schweigen. Maria Dolores streicht mit ihrer Hand über die Blumen zu ihrer Rechten. Es sind die weißen Rosen von Michele Conti. Dann setzt sie erneut an. »Woher stammt Chiara?«
    »Ich muss schnell nachsehen, warte einen Moment.« Er greift nach einem zusammengehefteten Bündel Papiere und blättert die Patientenliste durch. Er tippt mit dem Finger auf die Stelle, nach der er gesucht hat. »Ihre Familie lebt in Caravaggio, Provinz Bergamo.«
    »Waren da nicht auch irgendwelche Kreuze?«, fragt sie etwas zerstreut.
    Er zieht die Augenbrauen nach oben und sucht ein weiteres Mal nach einem bestimmten Blatt. Ein Blick auf den »Kreuzweg« genügt, um zu erkennen, dass Maria Dolores recht hat. Er beschließt, lieber zu schweigen, und kreist stattdessen mit seinem Bleistift die Stelle auf dem Blatt mehrmals dick ein. Natürlich, auch dort hatte man drei Kreuze gefunden. Ganz in der Nähe der Wallfahrtskirche Madonna di Caravaggio.
    Maria Dolores sieht ihm dabei zu, tut aber gleichgültig. »Viele sterben, und man kann nicht alle retten. Aber niemand muss jemals dafür zahlen. Das brennt auf der Seele wie unsichtbare Wunden. Verstehst du, was ich meine?«
    »Natürlich. Mehr, als du denkst. Deswegen suche ich ja nach einem Hauptanklagepunkt, mit dem wir diesen Arzt dingfest machen und zur Rechenschaft ziehen können.«
    »Schau mal seine Akte durch, Approbation, Studiennachweise, alles, was man für eine ärztliche Niederlassung eben so braucht. Und für alle verwaltungstechnischen Angelegenheiten gibt es Abkommen mit dem öffentlichen Gesundheitswesen und so weiter. Frag Righi, ob er dir dabei hilft. Die Guardia di Finanza könnte die ganze Sache eventuell etwas beschleunigen.«
    »Righi?«
    »Ja, Righi. Er ist ein guter Mann. Und er wird es hinkriegen, ohne viel Aufhebens zu machen.« Dann bemerkt sie im Blick ihres Exkollegen, dass er auf etwas anderes abzielt. »Hier geht es um rein berufliche Dinge, nicht dass du da irgendetwas durcheinanderbringst.«
    »Darf ich dich etwas fragen?« Schon seit Langem brennt ihm diese Frage unter den Nägeln.
    »Was denn?« Sie wendet ihr Gesicht von ihm ab, als erwarte sie etwas Unangenehmes.
    »War da mal was zwischen dir und Luca Righi?«
    Sie nimmt einen tiefen Zug von der Zigarette. »Nein, da war nichts. Es hätte sich vielleicht etwas entwickeln können, aber letztendlich ist nichts passiert.« Dann überlegt sie einen Moment. »Gleich mal die Wohnorte der Patienten mit den Standorten der Kreuze ab. Das wird dich nicht viel Zeit kosten.«
    Er nickt und greift das vorherige Thema noch einmal auf. »Und wie läuft es mit Michele?«
    »Schlecht.«
    Schweigen. Funi sagt nicht Tut mir leid, bohrt auch nicht weiter. Maria Dolores übernimmt das Wort.
    »Und Nina?«
    »Das Beste, was mir seit Langem passiert ist«, antwortet er ehrlich.
    »Ich freu mich für dich.«
    Es gäbe noch vieles zu sagen. Oder nichts mehr. Die beiden verabschieden sich mit einer Umarmung voneinander. Dann verlässt Funi die Wohnung, und sie schließt hinter ihm ab. Aber der Abend ist noch nicht zu Ende.

100
    Vier Fünftel aller Informationen erhalten wir durch den Kontext. Zeit und Ort. Kleidung. Gestik. Mimik. Gepflegtes Äußeres. Farbnuancen. Und die Stimme. Die einen manchmal ganz schön in die Irre führen kann.

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