Ich will doch nur küssen
sechzig mit Glatzenansatz, gleich zur Sache. »Sie möchten Ihre Schwester an unserer Schule, genauer gesagt, für einen Zeichenkurs anmelden?«
Ethan nickte. »Sie ist erst vor Kurzem nach Serendipity gezogen; jede Schule hier ist somit neu für sie.«
»Normalerweise müsste ich Ihren Antrag ablehnen und Ihre Schwester auf eine Warteliste setzen, aber in Birchwood hat sich so einiges grundlegend geändert. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation und einiger unglücklicher Investitionsentscheidungen sehen wir uns zurzeit gezwungen, kontinuierlich nach neuen Geldquellen Ausschau zu halten«, gab der Direktor offen zu. Er schien seine Entscheidungen wohl eher nach ökonomischen als nach pädagogischen Gesichtspunkten zu treffen.
Ethan lehnte sich zurück. »Mit anderen Worten, es hängt davon ab, wie viel ich in Ihre Schule zu investieren gewillt bin?«
»So ist es. Außerdem würden wir Sie gern in den Vorstand aufnehmen. Mit Ihrem Geschäftssinn wären Sie für uns eine Bereicherung und eine große Hilfe für die Zukunft.«
Ethan wusste, dass das Interesse eher seiner Firma als seiner Person galt. Aber er würde sich damit abfinden, künftig im Vorstand zu sitzen, wenn Tess dafür in diese Schule gehen könnte. »Die wirtschaftliche Situation ist überall angespannt«, bemerkte er.
»Einige sind davon stärker betroffen als andere. Auch unsere Schule gehört zu Martin Harringtons Opfern, müssen Sie wissen, und viele unserer Sponsoren ebenfalls.«
»Verstehe«, murmelte Ethan, der gar nicht glücklich war über die Wende, die das Gespräch soeben genommen hatte.
Der Direktor griff nach einem Brieföffner und rollte ihn zwischen den Handflächen hin und her. »Wir mussten nicht nur finanzielle Einbußen hinnehmen, wir haben auch Schüler verloren, deren Eltern sich unsere Schule nicht mehr leisten konnten. Infolgedessen mussten wir dann viele unserer hoch angesehenen Lehrer entlassen und einige der Kurse streichen, für die Birchwood berühmt war. Dass wir den Gastprofessor für den Zeichenkurs engagieren konnten, für den Sie Ihre Schwester anmelden wollen, verdanken wir einem äußerst großzügigen Sponsor, dessen Tochter die Kunst sehr liebt. Aber das nützt weder den entlassenen Lehrern und den Schülern, die unter den Auswirkungen von Martin Harringtons Machenschaften leiden, noch lassen sich damit weitere Kurse finanzieren.«
»Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass die Schule große Verluste hinnehmen musste.« Ethan wählte seine Worte mit Bedacht, und er hatte dafür unzählige gute Gründe.
Adam Spellman nickte. »Und das hier … « Er zog das News Journal aus der Schreibtischschublade. »… hat uns gerade noch gefehlt. Der Artikel reißt die gerade erst verheilten Wunden wieder auf. Das ist jetzt, kurz vor Schulanfang, das Letzte, was wir brauchen können.«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung«, stimmte Ethan ihm zu. Dabei war das Letzte, was er brauchen konnte, ein Schuldirektor, der gegen ein Mitglied der Familie Harrington voreingenommen war.
Und das jetzt, nachdem er beschlossen hatte, dass Faith Harrington ein Teil seines Lebens sein sollte – und damit auch ein Teil von Tess’ Leben. Was bedeutete, dass sie an sämtlichen Schulveranstaltungen teilnehmen würde, sei es an seiner Seite oder an der Seite seiner Schwester. Tja, in diesem Fall war Schweigen definitiv Gold. Er würde Dr. Adam Spellman nur so viele Informationen zukommen lassen wie unbedingt nötig. Ehe Ethan der Birchwood Academy einen großzügigen Scheck überschrieben hatte, durfte niemand hier von seiner Beziehung zu Faith Harrington erfahren. Aber er wusste, mit Geld konnte man sich durchaus die Achtung der Leute erkaufen, und das sollte auch für seine Verbindung mit Martin Harringtons Tochter gelten.
Doch war es fair, wenn Ethan von Faith verlangte, mit Menschen zu verkehren, die ihren Vater ganz unverhohlen hassten? Was, wenn die Kinder, deren Lieblingskurse man gestrichen und deren Lieblingslehrer man entlassen hatte, Tess feindselig begegneten? Wenn ihre Eltern Faith das Leben schwer machten? Diesbezüglich hatte sie weiß Gott schon mit Nash genug um die Ohren.
»Mr. Barron?«
Ethan wurde in die Gegenwart zurückgeholt. »Verzeihung. Also, ich kann Ihnen versichern, meine Spende wird Ihrer Schule helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Im Gegenzug möchte ich Sie bitten, meine Familie hier mit offenen Armen willkommen zu heißen.«
Adam Spellman erhob sich lächelnd. »Dieses Versprechen kann ich Ihnen
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