Ich will doch nur küssen
ohne Weiteres geben. Da wäre nur noch eine Sache … «
»Nämlich?«
»Nun, es ist mir etwas unangenehm, aber … wir sind eine konservative Schule. Es wäre gut, wenn Ihre Schwester … ihr Aussehen diesem Umstand anpassen würde – die lila Haare, das Piercing … «
Ethan biss sich in die Innenseite der Wange. Ganz egal, was er von Tess’ Accessoires hielt, es passte ihm nicht, wenn andere sie kritisierten. »Meine Schwester hat ein Recht auf ein wenig Individualität. Aber ich werde mal mit ihr reden«, versprach er, weil er wusste, dass Tess ohnehin bereits vorhatte, frisurentechnisch etwas zu unternehmen. Vielleicht war das Augenbrauenpiercing dann als Nächstes an der Reihe. Vielleicht auch nicht. Er konnte damit leben, vor allem, wenn er bedachte, wie sehr sie sich bereits verändert hatte.
Spellman streckte ihm die Hand hin, und Ethan schlug ein. »Ich schicke Ihnen noch heute einen Scheck.«
Wenn das keine Ironie des Schicksals war, dachte er. Vor zehn Jahren war er für Faith Harrington nicht gut genug gewesen – und das war er verdammt noch mal immer noch nicht, aber in den Augen der Öffentlichkeit hatten sie jetzt die Plätze getauscht. Mit Geld konnte man wirklich alles kaufen, sogar die Akzeptanz der Leute.
Aber würde Faith sich damit abfinden können, dass er Geld dafür hingeblättert hatte, damit man sie an seiner Seite akzeptierte?
Faith hatte den ganzen Tag gearbeitet und war jedem Gespräch über Martin Harrington bewusst aus dem Weg gegangen. Gegen Abend wünschte sie sich einerseits, sie könnte so weitermachen und Ethan und dem unvermeidlichen Gespräch über das Interview ihres Vaters aus dem Weg gehen. Schließlich war sie es gewohnt, mit ihren Problemen allein fertigzuwerden, und der Gedanke, zumindest für eine Nacht einfach abzutauchen, erschien ihr im Augenblick sehr verlockend. Andererseits hatte sie sich bereits daran gewöhnt, Ethan in ihrem Leben zu haben, und wünschte sich nichts sehnlicher, als von ihm in die Arme genommen zu werden und es ihm zu überlassen, das Schreckgespenst ihres Vaters zu verscheuchen.
So kam es, dass sie sich schließlich doch auf den Weg zu Ethan machte. Als sie in die lange Einfahrt einbog, stellte sie fest, dass sie die Villa nicht mehr als ihr altes Zuhause betrachtete. Irgendwann im Lauf der vergangenen Wochen hatte sie nicht nur die Veränderungen akzeptiert, die sie ohnehin nicht aufhalten konnte, sondern es kam ihr inzwischen sogar richtig vor, dass Ethan hier lebte.
Ethan öffnete die Tür und kam ihr entgegen, noch ehe sie geklingelt hatte. Er umklammerte mit seinen großen Händen ihre Taille und zog sie an sich, um die Lippen auf ihren Mund zu drücken.
Sein leidenschaftlicher Kuss ließ all ihre Probleme in den Hintergrund treten, ließ sie alles um sich herum vergessen, genau, wie sie es sich ersehnt hatte.
Nach einer Weile legte sie den Kopf in den Nacken und sah ihm in die Augen. »Danke.«
»Wofür?«
»Dafür, dass du du bist. Und dass du genau weißt, was ich brauche.«
Sie hoffte bloß, dass sie sich dafür erkenntlich zeigen konnte. »Entschuldige, dass ich dich heute nicht zurückgerufen habe. Ich war mir sicher, dass du von dem Artikel erfahren würdest, und ich habe etwas Zeit gebraucht, um die Angelegenheit zu verarbeiten.«
»Verständlich.« Er nahm ihre Hand und führte sie ins Haus. »Und, hast du sie verarbeitet?«, fragte er, nachdem sie sich am Küchentisch niedergelassen hatten.
»Na ja, so gut es eben geht. Ich fühle mich so … verraten.« Sie stützte das Kinn in die Hände und versuchte, ihre noch frischen Gefühle auf den Punkt zu bringen. »Es war schlimm genug zu erfahren, dass mein Vater ein Betrüger ist. Aber obwohl sich alles in mir dagegen gewehrt hat, wollte ich trotzdem immer daran glauben, dass er mich liebt. Dass es ihm etwas bedeutet, dass ich seine Tochter bin.«
Sie holte zitternd Luft, nachdem ihr die Worte, die sie bislang weder hatte denken noch aussprechen wollen, nun doch herausgerutscht waren. »In diesem Sinne war ich nicht besser als meine Mutter, die stets die Tatsachen verdrängt hat. Ich habe lediglich vor der Außenwelt eine bessere Figur abgegeben. Aber dieses Interview hat alle Illusionen zerstört, an denen ich dennoch festgehalten habe. Mein Vater hat der Welt verkündet, dass er meine Ehe arrangiert hat, um seine Betrügereien einzufädeln. Und damit nicht genug – er hat auch noch angedeutet, mein Exmann hätte über seine schmutzigen Geschäfte genau Bescheid
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