Ich will doch nur küssen
»Ich bin April Mancini. Ich wollte mal sehen, ob du von selbst darauf kommst. Aber es ist lange her, und ich war im Vorteil – ich hatte nämlich schon gehört, dass du wieder in der Stadt bist.«
Sobald April ihren Namen genannt hatte, erinnerte sich Faith wieder an sie. »Nicks große Schwester!« April war vier Jahre älter als Nick, und sie hatte lange dunkle Haare gehabt, als Faith sie das letzte Mal gesehen hatte.
»Genau. Und jetzt lass dich drücken, ja?« April schloss sie in die Arme, und Faith hatte zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr nach Serendipity das Gefühl, dass sich jemand wirklich freute, sie wiederzusehen, außer Kate natürlich. Nicht einmal ihre eigene Mutter hatte sie so herzlich willkommen geheißen wie Nicks Schwester.
Faith schluckte den Kloß hinunter, der ihr plötzlich im Hals steckte, und machte sich von April los, um sie eingehend zu betrachten. »Tolle Haarfarbe; so intensiv und lebendig.«
»Danke!« April tätschelte ihren Bob. »Ich liebe Veränderungen und experimentiere gern. Heute hatte ich mal Lust auf Rot.«
»Ich finde, du solltest dabei bleiben; es steht dir ausgezeichnet. Und das hier ist dein Laden?«, fragte Faith mit einer entsprechenden Handbewegung.
April nickte. »Mit den Secondhandsachen verdiene ich meinen Lebensunterhalt, aber meine große Leidenschaft ist das Entwerfen und Umgestalten von Kleidern.«
»Sind die alle von dir?« Faith zeigte auf die außergewöhnlichen Teile, die sie vorher schon bewundert hatte.
April lächelte. »Ja.«
»Du hast Talent. Wo hast du das gelernt?«, erkundigte sich Faith neugierig.
»Hab ich mir selbst beigebracht«, berichtete April voller Stolz.
»Fabelhaft«, stellte Faith bewundernd fest.
Sie hatten also beide eine Vorliebe für Design. Faith hatte seit jeher ein Faible für Mode und vor allem für Innenausstattung gehabt. Sie konnte sich gar nicht erinnern, wie oft sie ihr Kinderzimmer neu gestaltet hatte. Sie hatte, inspiriert von diversen Zeitschriften, immer wieder ihre Möbel umgestellt und neue Bettwäsche oder trendige Accessoires gekauft. Nach der Highschool war es ihr gelungen, ihren Vater dazu zu überreden, dass er sie auf die Parsons School for Design in Manhattan schickte. Doch gleich nach dem Abschluss ihres Innenarchitekturstudiums hatte sie Carter kennengelernt und sich damit selbst die Möglichkeit verbaut, die neu erworbenen Fähigkeiten in die Tat umzusetzen. Sie hatte sich lediglich in ihrer Wohnung austoben können.
»Was treibst du so?«, fragte April. »Ich weiß nur, dass du wieder da bist und dass deine Familie eine schwere Zeit durchgemacht hat.«
»Das ist noch untertrieben.« Faith lachte, denn sie hatte gelernt, dass der tiefste Schmerz mit einem Lachen leichter zu ertragen war.
»Und was hast du jetzt vor?« April lehnte sich mit der Hüfte an den Tresen.
»Ich würde mich gern wie du selbstständig machen – allerdings im Bereich Raumausstattung und Wohndesign.« Leider würde sie aus finanziellen Gründen wohl zunächst von zu Hause aus arbeiten müssen, bis sie sich einen Kundenstamm aufgebaut hatte.
»Na, das nenne ich einen glücklichen Zufall.«
»Was?«
»Das Geschäft nebenan steht leer, und zwar schon seit einer halben Ewigkeit.« Ein vielsagendes Lächeln umspielte Aprils Lippen. »Die bisherigen Besitzer hatten vergeblich auf das große Geld gehofft. Vielleicht kannst du es ja einigermaßen günstig mieten.«
Das klang zu schön, um wahr zu sein. »Selbst wenn ich es billiger bekomme, wird es für mich vermutlich unerschwinglich sein.«
»Woher willst du das wissen, wenn du dich noch gar nicht erkundigt hast?«
»Stimmt. Wer sind denn die Besitzer?«
April grinste. »Einer steht vor dir, und Nick ist der zweite. Wir haben die Ladenzeile von unserem Vater geerbt.«
»Euer Vater ist gestorben? Das tut mir leid.« Faith hatte vorgehabt, sich bei ihrem Abendessen mit Nick zu erkundigen, was es Neues gab.
April winkte ab. »Danke. Es ist schon drei Jahre her. Nick hat mehrere kleinere Geschäftslokale daraus gemacht und war einverstanden, dass ich hier meinen eigenen Laden eröffne. Die anderen Räumlichkeiten sind schon seit Jahren an dieselben Geschäftsleute vermietet.«
»Klingt echt vielversprechend, aber ich habe kein Geld, um die Miete zu bezahlen, bis ich meinen ersten Kunden an der Angel habe.« Faith würde sich hüten, ihre Ersparnisse anzutasten, wenn sie genauso gut von zu Hause aus arbeiten konnte, bis das Geschäft zu laufen anfing.
April zuckte die
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