Ich will doch nur küssen
Schimpfwörter an den Kopf zu werfen.
»Auch Erwachsene mögen Videospiele. Auf die Art bin ich zu meinem Beruf gekommen.« Er erzählte ihr kurz etwas über seine Arbeit und darüber, wie ihm seine Computerkenntnisse geholfen hatten, sich eine Zukunft aufzubauen, obwohl er sich ebendiese doch im Grunde total verbaut hatte.
Zu seiner Überraschung schien Tess ihm zuzuhören.
»Du wirst also mit mir Computerspiele spielen?«, fragte sie hoffnungsvoll.
Er hielt den Einkaufswagen an. »Ich werde dich in jedem einzelnen Spiel besiegen, ganz egal, was es ist.« Er zwinkerte ihr zu und deutete dann auf einen riesigen Flachbildfernseher. »Wie wär’s mit dem?«, sagte er Zustimmung heischend.
Sie trat von einem Fuß auf den anderen und fühlte sich sichtlich unwohl in ihrer Haut.
»Das musst du entscheiden. Das Haus gehört dir.«
»Was wäre, wenn ich dich mitentscheiden lasse? Willst du diesen putzigen kleinen mit 33 Zentimetern Bildschirmdurchmesser, oder findest du das Monster da drüben besser?« Sie sollte sich ernst genommen fühlen und die Erfahrung machen, dass ihre Meinung ihm wichtig war.
Sie schlang die Arme um sich und schuf sich auf diese Weise ihren üblichen Kokon, selbst ohne ihre Jacke. »Ist mir scheißegal.«
»Das nehme ich dir nicht ab.« Sie hatte wohl noch nicht begriffen, dass er sie wirklich in die Entscheidungsfindung mit einbeziehen wollte, dass sein Haus auch ihr Haus, ihr Zuhause war. »Also gut, meinetwegen, wenn du wieder mal den verzogenen Fratz raushängen lassen willst, dann entscheide eben ich. Und ich will diesen großen.« Er prägte sich den Hersteller und das Modell ein, damit er nachher einen Verkäufer bitten konnte, ihnen den Fernsehapparat aus dem Lager zu holen.
Dann marschierte er, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, den Gang entlang in Richtung Spieleabteilung. Die Xbox 360 Live lokalisierte er zuerst. Er legte die Konsole in den Einkaufswagen und machte sich auf die Suche nach der Wii-Station.
»Was suchst du denn jetzt noch?«, erkundigte sich Tess vorsichtig.
Er musterte sie aus dem Augenwinkel. Die arme Kleine war hin und her gerissen zwischen Hoffnung und Furcht. Auf der einen Seite hätte sie ihrer Freude gern freien Lauf gelassen, auf der anderen Seite wagte sie nicht, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
»Na, eine Wii-Station. Du wolltest doch eine, oder?«
Sie hatte immer noch die Arme um ihren dünnen Körper geschlungen. »Du kaufst mir echt eine?«, fragte sie verlegen.
»Ja.«
»Warum? Ich hab mich doch gerade wie ein verzogener Fratz aufgeführt.« Ihr Tonfall klang aufsässig, aber ihre Körpersprache wirkte eher resigniert als verärgert.
Er schluckte schwer und war verlegen, weil er nicht wusste, was er tun sollte, um eine Annäherung zwischen ihnen herbeizuführen und ihr Vertrauen zu gewinnen. »Weil wir eine Abmachung getroffen haben und du dich daran gehalten hast.« Er blickte ihr eindringlich in die Augen, wollte sie zwingen, ihn ebenfalls anzusehen und ihm genau zuzuhören, als er fortfuhr. »Ich habe dir eine Wii-Station versprochen, und ich halte immer mein Wort. Wenn ich dir sage, dass ich etwas mache, dann kannst du dich darauf verlassen.«
Das bezog sich auf weit mehr als nur auf die Wii-Station. Würde sie ihm glauben, oder hatte sie die Erfahrung gelehrt, den Erwachsenen in ihrem Umfeld nicht über den Weg zu trauen? Er wusste zu wenig über ihre Vergangenheit, um sich darüber ein Urteil bilden zu können.
»Und, alles cool?«, fragte er sie.
»›Cool‹ zu sagen ist total uncool«, murmelte sie, aber dann musste sie doch grinsen. »Ja, alles cool.«
Er unterdrückte den Impuls, sie zu umarmen, wohl wissend, dass sie reichlich Fortschritte für einen Tag gemacht hatten.
Sie gingen ein paar Meter weiter und entdeckten schließlich die Wii-Stationen. Da gab es weiße und schwarze Konsolen mit der unterschiedlichsten Ausstattung, sei es nun inklusive Sportzubehör und - software oder mit Super Mario. Sie kamen schließlich überein, dass sie – natürlich – eine schwarze Konsole nehmen würden und dazu das »Guitar Hero Bundle«. Dann wandte sich Ethan an den nächstbesten Verkäufer und bat ihn, ihnen den Fernsehapparat zu besorgen, den er haben wollte. Das Angebot, alles nach Hause geliefert zu bekommen, lehnte er ab – er wollte seine Einkäufe lieber gleich selbst mitnehmen.
Das Haus verfügte bereits über Kabel- und Internetanschluss, und er wollte alles noch heute installieren. Er hatte sich erst neulich
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