Ich will doch nur küssen
durfte.
»Hab ich schon erwähnt, dass du mich zu diesen Entwürfen inspiriert hast?«, bemerkte April, ehe Faith ihrem Vorschlag zustimmen konnte.
»Wieso das denn?«
April nickte und kraulte ihren Hund. »Ich nenne diese Kollektion ›Mode für die unabhängige Frau‹, und diese unabhängige Frau bist du !«
»Jetzt bin ich sprachlos. Und ich fühle mich sehr geehrt.«
»Also, wirst du meine stille Teilhaberin?«, fragte April.
Faith nickte. »Ja, gern! Danke.« Mehr brachte sie nicht heraus.
Warmherzig, wie sie war, schloss April sie spontan in die Arme und drückte sie an sich.
Von wegen unabhängig , dachte Faith. Die ganze Sache entbehrte nicht einer gewissen Ironie, wenn man bedachte, dass sie just gestern Nacht ihren Vorsatz, sich künftig auf sich selbst zu konzentrieren, gebrochen und ihre Bedürfnisse denen von Ethan untergeordnet hatte, um ihm zu geben, was er brauchte. Und sie verspürte nach wie vor den Wunsch, mit ihm zusammen zu sein und für ihn da zu sein. Sie begehrte ihn immer noch, obwohl sie wusste, dass das nicht das Beste für sie und ihre Zukunft war.
Sie zwang sich, April anzusehen. »Ich muss los; ich bin schon spät dran, aber bleib ruhig hier und schau in alle Kisten rein, okay?«
»Mach ich, danke.«
Faith sammelte gerade ihre Unterlagen, Musterbücher und die Abmessungen für Nick zusammen und griff nach dem Autoschlüssel, da klingelte das Telefon.
»Mist.« Wenn das so weiterging, kam sie nie von hier weg.
»Soll ich rangehen?«, fragte April, die sich gerade über die erste Kiste gebeugt hatte, um sie zu öffnen.
»Lass nur; ich hab den Anrufbeantworter eingeschaltet.« Faith wartete noch kurz ab, um zu hören, ob es irgendetwas Wichtiges war.
»Faith? Hier ist deine Mutter«, tönte es schrill aus dem Lautsprecher des Anrufbeantworters.
April warf Faith einen mitfühlenden Blick zu.
»Du kostest mich mal wieder Jahre meines Lebens«, echauffierte sich Lanie Harrington. »Erst treffe ich dich mit diesem Mann bei Target, dann eröffnest du in der Stadt einen eigenen Laden, und jetzt arbeitest du auch noch für Caroline Bretton? Du bist eine Harrington! Wir arbeiten nicht für andere, wir lassen für uns arbei…« An dieser Stelle war zum Glück ein langer Piepton zu hören, und Faiths Mutter flog aus der Leitung, ehe sie ihre Tirade beenden konnte.
Als wäre ich wieder sechzehn , dachte Faith kopfschüttelnd. »Bis demnächst!«, rief sie April zu und ging hinaus, ehe diese anfing, sie über ihre Mutter auszufragen.
Sobald sie allein war, kam sie zu dem Schluss, dass es an der Zeit war, sich ihren Problemen zu stellen. Sie klappte ihr Handy auf und rief ihre Mutter an, die gleich beim ersten Klingeln ans Telefon ging.
»Hallo, Mom.«
»Faith!«
»Ich hab’s eilig, deshalb mache ich es kurz.« Faith war nicht bereit, sich von einer Frau maßregeln zu lassen, die endlich der Tatsache ins Auge blicken sollte, dass sie weder jetzt noch je zuvor ein Recht dazu gehabt hatte, über andere zu urteilen. Deshalb ergriff Faith das Wort, ehe ihre Mutter es tun konnte. »Ich habe jetzt leider keine Zeit für ein ausführliches Gespräch, aber komm doch morgen um zehn in meinem Geschäft vorbei, okay? Danke schon mal. So, jetzt muss ich los, ich bin mit Ethan Barron verabredet. Bis dann«, sagte sie hastig und legte auf. Welcher Teufel hatte sie bloß geritten, dass sie plötzlich beschlossen hatte, sich ein klein wenig an ihrer Mutter zu rächen?
Egal. Mit ihren eigenen familiären Problemen würde sie sich morgen auseinandersetzen. Jetzt musste sie erst einmal zu Ethan, wo mit Sicherheit auch wieder irgendein Drama auf sie warten würde.
Als Rosalita ihr die Tür öffnete, hatte Faith ein flüchtiges Déjà-vu-Erlebnis, aber sie rief sich in Erinnerung, dass diesmal helllichter Tag war und dass sie nicht wegen Ethan hier war, sondern um einige geschäftliche Angelegenheiten mit Nick zu besprechen.
»Ist Nick schon da?«, fragte sie die Haushälterin.
»Nein, er hat angerufen. Ich soll ausrichten, dass er kann nicht kommen. Er hat auf einer anderen Baustelle zu tun«, sagte Rosalita.
Faith runzelte die Stirn. »Warum hat er sich denn nicht bei mir gemeldet? Dann hätte ich mir den Weg sparen können.«
» No sé .«
Na toll , dachte Faith.
»Komm trotzdem rein und iss ein Stück Kuchen, frisch aus dem Backrohr. Du siehst dünn aus.« Rosalita legte Faith ihren kräftigen Arm um die Schultern, genau wie früher, als Faith aus der Schule nach Hause gekommen war und
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