Ich will doch nur küssen
bisher gar nicht klar.«
»Ja. Ethan hat mich gestern Abend zum Reden gebracht, und seitdem kann ich irgendwie gar nicht mehr damit aufhören«, gestand Tess und setzte sich anders hin, ein Bein untergeschlagen.
Ethan steckte ja wirklich voller Überraschungen, aber er tat seiner kleinen Schwester sichtlich gut, wie Faith erfreut feststellen musste.
Sie zwang sich, an den vor ihnen liegenden Vormittag zu denken. »Tess, meine Mutter kann … ziemlich unhöflich sein«, sagte sie, während sie den Wagen auf den Parkplatz hinter dem Laden lenkte. »Mit anderen Worten, nimm dir nichts von dem, was sie von sich gibt, zu Herzen.«
Sie parkte und stellte den Motor ab, dann fuhr sie fort. »Die Sache ist die: Es gibt nur wenige Menschen, die meine Mutter mag. Überwiegend deshalb, weil sie selbst verbittert und wütend ist. Es liegt mir fern, ihr Verhalten zu entschuldigen, aber es wäre gut, wenn du dich von ihr nicht … provozieren lässt.«
»Du meinst, ich soll nicht rumfluchen?« Tess grinste verschmitzt.
Das Mädchen präsentierte sich heute von einer völlig neuen Seite, und Faith spürte, wie sich ihr Beschützerinstinkt meldete. Sie würde nicht zulassen, dass ihre Mutter diesem Kind wehtat, das schon genug für ein ganzes Leben gelitten hatte.
»Das würde helfen. Überlass sie einfach mir, okay?«
Tess schnaubte. »Spaßbremse.«
Faith lachte und wechselte dann bewusst das Thema. »Und jetzt zum angenehmeren Teil des Tages. Was möchtest du heute Nachmittag machen?«
Tess starrte aus dem Fenster. Plötzlich wirkte sie um Worte verlegen.
»Na los, raus damit«, sagte Faith.
»Du wirst mich auslachen.« Tess verschränkte die Arme vor der Brust. Eine Körperhaltung, die Faith nun schon an ihr kannte.
Da sie verhindern wollte, dass sich Tess erneut in ihr Schneckenhaus zurückzog, beschloss sie, es mit Ethans Taktik zu versuchen. »Du sagst mir, was du machen willst, und ich sage dir, wie ich den Nachmittag gern verbringen würde. Das ist doch ein fairer Deal.«
Tess wandte den Kopf zur Seite und sah Faith an. »Ich möchte, dass du mir zeigst, wie man sich schminkt«, sagte sie wie aus der Pistole geschossen, als müsste sie es hinter sich bringen, ehe sie es sich anders überlegte.
Faith schmolz praktisch dahin bei ihrer einfachen und zugleich so süßen Bitte. »Das passt gut zu dem, was ich gern machen möchte. Wie wär’s, wenn wir zusammen essen und dann ein paar neue Klamotten für dich kaufen, und danach fahren wir nach Hause, und ich gebe dir ein paar Schminktipps?«
Tess blinzelte. »Das willst du wirklich alles mit mir machen?« Da war sie wieder, ihre alte Unsicherheit. Und Faith, die sich von ihrem Vater verraten und von ihrem Exmann missbraucht fühlte, verstand diese Unsicherheit nur zu gut. »Natürlich will ich das!«
Aber erst einmal galt es, das Treffen mit ihrer Mutter heil zu überstehen.
Faith trug Tess auf, an einer Ecke ihres Schreibtischs Platz zu nehmen. Die Kleine schien glücklich und zufrieden zu sein, sobald sie die Kopfhörer ihres iPods in den Ohren und den Zeichenblock vor sich hatte und die Welt um sich herum vergessen konnte. Faith telefonierte mit einigen Verkäufern und stellte erfreut fest, dass es ihr tatsächlich gelungen war, die Lieferung der Möbel für Ethan und Tess zu beschleunigen. Darunter waren das Wohnzimmersofa, ein Lehnsessel und einige weitere Einrichtungsgegenstände. Sie hätte es zwar vorgezogen, zunächst alles fertig einzurichten und ihm dann die kompletten Zimmer zu präsentieren, so wie sie es bei Caroline Bretton vorhatte, aber Ethans Fall war eben etwas anders gelagert. Je eher sein Haus eingerichtet war, desto besser, deshalb nutzte sie alle Connections, die Joel und sie hatten, damit diese beiden Menschen, die ihr so ans Herz gewachsen waren, bald alles hatten, was sie brauchten.
Dann wandte sie sich der Planung von Carolines Wohnzimmer zu. Sie war tief in Gedanken versunken, als ihre neu installierte Türglocke bimmelte. Faith hob den Kopf und sah ihre Mutter zur Tür hereinkommen. Sie schielte kurz zu Tess, doch die Kleine hatte die Besucherin noch gar nicht bemerkt.
Faith stand auf und ging ihrer Mutter entgegen. »Mom! Willkommen in meinem Geschäft«, begrüßte sie sie lächelnd, in der Hoffnung, damit eine gute Ausgangsbasis für die Begegnung zu schaffen.
»Hm … interessant«, murmelte ihre Mutter, während sie die diversen Möbelstücke und Dekoartikel begutachtete, die Faith bereits erworben hatte, um Kunden
Weitere Kostenlose Bücher