Ich will doch nur normal sein!
ich werde immer wissen, was mit meinem Körper getan wurde, mit mir als Kind getan wurde, mir als Kind angetan wurde. Todesängste, Schmerzen, welche nicht auszuhalten waren und nicht schreien zu dürfen, Schmutz, Ekel, Erniedrigung, jeder konnte mit mir tun, was er wollte. Ich musste tun, was die wollten – das war ich. Was bin ich jetzt? Ich kann nicht zurückblicken und sagen, das war ich, das war meine Kindheit, das war schön. Mein Opa, der lieb zu mir war – in Wahrheit war er die größte Bestie und ich war trotzdem für die Momente, in denen er mich in den Arm nahm und mich tröstete, nachdem er mich quälen und benutzen ließ, dankbar.
Da war er mein Opa und ich hatte ihn lieb und fühlte mich geborgen – für Momente. Kann das jemand verstehen? Ich kann es jetzt selbst nicht fassen, dass ich noch dankbar war, wenn er mich danach tröstete und in den Arm nahm. Es war doch alles nur durch ihn, was mit mir geschah. Was gut war an meiner Kindheit? Ich hatte meinen Teddy und ich hatte immer die Hoffnung, meine Mutti wird mir helfen, wenn sie es merkt, was die mit mir tun. Es war nur eine Hoffnung. Sie hätte mir nie geholfen - das weiß ich heute. Aber diese Hoffnung war lebenswichtig – ich habe immer an das Gute geglaubt, dass es siegen wird, dass ich gerettet werde, so, wie jede Prinzessin im Märchen doch noch gerettet wird. Es hat lange gedauert, ehe ich gerettet wurde, ich denke, erst in den letzten 4 Jahren geschah meine Rettung und ich hatte Glück, dass ich da noch gelebt habe und mich nicht, wie ich es so oft versucht habe, umgebracht hatte. Ich habe in meinem Leben nichts Wichtiges vollbracht, aber ich denke, wenn ich es schaffe, dass dieses Buch an die Öffentlichkeit kommt, dann habe ich etwas Wichtiges geschafft. Was?
Ich will mit diesem Buch zeigen, dass es möglich ist zu Leben, nicht daran zu zerbrechen. Ich bin damals nicht daran zerbrochen, sie haben mich nicht umgebracht und später habe ich viele Jahre nach mir gesucht, viele Bücher gelesen, mich gesucht – in keinem Buch konnte ich mich finden, meine Scham, meine Verzweiflung, meine Einsamkeit und vor allem meine fehlende Wut.
Auf dem Weg bis hierher, habe ich alle, von denen ich dachte, sie haben mich geliebt, verloren. Es war schlimm, Einen nach dem Anderen zu verlieren und zu kapieren, sie haben mich nur benutzt, mich nie geliebt, wie man ein Kind lieben sollte. Es tat so verdammt weh, den Stiefvater zu verlieren, den Opa zu verlieren, die Mutti loszulassen und endlich zu verstehen, wie sie wirklich waren. Ich glaube, das ist mit das Schlimmste, das begreifen zu müssen, dass ich immer allein war.
Aber trotzdem ich konnte überleben, gerade, weil ich mich an das bisschen, was eigentlich nicht vorhanden war, geklammert habe.
Es gibt sehr viele Bücher über Missbrauch, das Buch, welches mir am meisten geholfen hat und welches während der Therapie mein ständiger Begleiter war, ist das Buch „Trotz allem“.
Ich konnte darin einiges finden, was mich betrifft, wo ich mich wieder erkenne und vor allem hat es mir während meiner Therapie immer wieder gezeigt, dass es weitergeht, und, dass man es wahrhaftig schaffen kann. Wie oft, wenn ich nicht mehr weiter wusste, nahm ich das Buch und blätterte darin herum, bis ich eine Stelle fand, die mir wieder Mut machte, mich wieder auf die Füße brachte. Ich kann nur jedem raten, wenn Du Dich an Deine Therapie wagst, dann besorge Dir dieses Buch – es war für mich zeitweise auch lebenserhaltend. Ich konnte, wenn ich verzweifelt war und dachte, es nimmt nie ein Ende und ich kann und will nicht mehr, nachschauen, wo ich stehe in meiner Therapie, konnte überprüfen, was ich schon bewältigt habe und was noch vor mir steht. Dieses Buch war wie ein Wegweiser und Kontrolleur des Standes meiner Therapie, damit ich nicht aufgebe, den Boden unter den Füßen nicht verliere, was trotzdem sehr oft geschah. Inzwischen habe ich schon so vielen dieses Buch empfohlen und es auch teilweise verliehen, was ich nicht gern tu, weil dann ein Stück meiner Sicherheit fehlt.
Gestern war ein Tag. Mir ging es sehr schlecht und ich habe versucht, mir selbst und denen, die das einmal lesen, Mut zu machen, dass es besser wird. Es muss besser werden. Ich wünschte nur, ich wüsste, wann. Zur Zeit geht es mir so schlecht und ich kann alles nur mit Tavor aushalten und mit Schneiden. Herr Dr. S. sagt mir immer und immer wieder, dass dies die letzte und wichtigste Phase in meiner Therapie sei. Ich hoffe es, denn
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