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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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Geld leihen, wenn ich sie darum bitte, aber das kann ich nicht. Ich kann doch nicht Geld von ihr leihen, um mir eine Kette zu kaufen, die ich auf einem Fest tragen will, zu dem ich nicht gehen soll, wenn es nach ihr ginge.
    Aber ich muss die Kette haben.
    Normalerweise bin ich nicht so drauf, dass ich unbedingt irgendwelche Sachen haben muss. Ich kann warten und sparen, bis ich es mir leisten kann. Aber in diesem Fall kann ich nicht warten. Ich muss die Kette haben, auf der Stelle.
    »Tonja«, sage ich. »Ich muss nach Hause. Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch was erledigen muss.«
    Sie reißt den Blick von dem Ständer mit den Ohrringen.
    »Was denn?«
    »Ich muss was mit Papa bereden.«
    »Ruf ihn doch an.«
    »Das geht nicht, ich muss persönlich mit ihm sprechen.«
    Ich habe vor, mir Geld von ihm zu leihen, von daher ist es nur eine halbe Lüge, trotzdem ist es ein ätzendes Gefühl, nicht ehrlich zu Tonja zu sein. Warum bin ich so feige? Warum sage ich nicht einfach, wie es ist?
    Tonja zuckt mit den Schultern.
    »Okay. Was sein muss, muss sein. Ich geh dann auch mal nach Hause und schlaf noch ein bisschen vor, damit ich heute Abend nicht beim Film einschlafe. Eine Freundin, die um acht Uhr auf dem Sofa einpennt und schnarcht, ist ja wohl völlig unsexy.«
    Ich muss mich anstrengen, nicht erleichtert aufzuatmen.
    »Klar, tu das«, sage ich. »Ich ruf dich an!«
    Ich gehe zurück zum Parkplatz, wo ich mein Rad angeschlossen habe, und strampele nach Hause.
    Papa ist nicht zu Hause, aber Mama räumt die Schränke im Schlafzimmer aus und legt die Kleiderstapel auf das Doppelbett.
    »Was machst du da?«, frage ich.
    Sie lächelt mich an.
    »Ich miste aus. Der Schrank ist so voll, dass die Sachen sogar ohne Bügel hängen bleiben.«
    Sie zeigt auf einen der Stapel. »Das verschenk ich. Guck nach, ob was dabei ist, das du haben willst, bevor ich es ins Fairkaufhaus bringe.«
    »Hundertfünfzig Kronen«, sage ich.
    »Was?«
    »Du hast mich gefragt, ob ich was haben will.«
    »Damit meinte ich aber die Klamotten.«
    »Am zwanzigsten kriegst du sie zurück. Versprochen.«
    »Der zwanzigste war gerade erst«, sagt Mama. »Was hast du mit deinem Taschengeld gemacht?«
    »Vor zwei Wochen«, erinnere ich sie. »Und ich hab mir was zum Anziehen gekauft, was ich dringend brauchte.«
    Sie streckt sich und streicht eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. »Und was brauchst du jetzt ganz dringend?«
    Ich nehme Anlauf. Lügen ist wirklich nicht meine Stärke. Ich denke schon, dass ich auf die Fete gehen dürfte, wenn ich fragen würde, aber hundertprozentig sicher bin ich mir nicht. Und ich will kein Risiko eingehen.
    »Die Neue in unserer Klasse, Silja, macht heute Abend eine kleine Party. Wir wollen erst ins Kino und dann zu ihr. Und unterwegs wollen wir eine Pizza kaufen. Es kann später werden, aber es ist ja Samstag. Ist das in Ordnung?«
    Mama sieht mich an, während sie die Information sacken lässt.
    »Silja?«, sagt sie. »Wie heißt sie mit Nachnamen?«
    »Nordh.«
    »Ist Tonja auch da?«
    Ich zögere einen Augenblick und beschließe, dass ich nicht mehr als unbedingt notwendig lügen sollte. »Nein, sie ist gerade sehr beschäftigt mit ihrem Freund.«
    Mama seufzt mitfühlend und lächelt tröstend.
    »Ach Gott, ja, ich erinnere mich noch, wie das war, als die ersten Freundinnen plötzlich Freunde hatten!«, sagt sie. »Natürlich darfst du zu Silja. Reichen hundertfünfzig?«
    Ich nicke, mache dabei aber offenbar ein so zögerliches Gesicht, dass Mama mir zwei Hunderter in die Hand drückt. »Sicherheitshalber«, wie sie sagt.
    In Windeseile radele ich zurück ins Zentrum. Ich bin mir nicht ganz sicher, wann Kicks am Samstag schließt, wahrscheinlich um vier. Wie angestochen fahre ich Slalom zwischen den Samstagsschlenderern in der Fußgängerzone und kassiere einige bitterböse Blicke und Kommentare.
    Die Verkäuferin ist dabei, die Tageskasse zu machen, als ich mit dem Geld in der Hand in den Laden stürme. Es ist noch nicht zu spät.
    Als ich mit meiner in einer kleinen Tüte am Lenker baumelnden Beute nach Hause fahre, fühle ich mich unbesiegbar. Nicht, dass ich stolz darauf wäre, Mama angelogen und Tonja nicht die Wahrheit gesagt zu haben, aber es ist ein tolles Gefühl, einmal selbst zu entscheiden, was ich will, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.
    Zu Hause schlage ich die Zeit tot, indem ich Mamas Kleiderhaufen durchgehe. Das Meiste ist uninteressant, aber ich finde ein schwarzes Hemd und eine

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