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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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ich in das schwarz gestrichene Zimmer komme.
    Da drinnen herrscht das reinste Chaos. Silja muss alles an Klamotten und Accessoires aus ihrem Schrank und sämtlichen Schubladen gezerrt haben. Schuhe, Taschen, Schmuck, Blusen, Hemden, Röcke, Hosen und BHs sind im ganzen Raum verteilt. Und mittendrin in dem Durcheinander steht sie in Unterhose und T-Shirt.
    »Scheiße! Gut, dass du da bist. Mir passt heute nichts, gar nichts!«
    Sie sieht mich an und lächelt überrascht.
    »Das ist ja das Kleid, das wir anprobiert haben«, sagt sie. »Wann hast du das denn gekauft?«
    »Am gleichen Tag«, sage ich.
    »Superschön. Und was für eine tolle Kette!«
    »Danke.«
    Sie seufzt und sieht sich um. »O Mist, und was zieh ich an? Du musst mir helfen, Vendela!«
    Meine Nervosität verfliegt augenblicklich. Ich hätte im Leben nicht geglaubt, dass Silja jemals unsicher ist, dachte, sie wäre bei der Entscheidung, was sie anziehen soll, immer glasklar. Und jetzt bittet sie mich um Hilfe. Mich, Vendela Viktoria Willensstark.
    Silja wirft einen Blick in den Flur und sieht sich um. Dann schließt sie die Tür leise hinter sich und winkt mich in den hinteren Teil ihres Zimmers. »Komm!«
    Neben dem einen Lautsprecher ihres Computers stehen zwei Gläser und eine Flasche Cola. Silja beugt sich vor, schiebt die Hand hinter den Computertisch und fischt eine flache Glasflasche hervor.
    »Wodka«, flüstert sie. »Der ist von Eskil. Wie ich ihn kenne, merkt er nicht, dass was fehlt.«
    Sie gießt einen kleinen Schuss in jedes Glas und reicht mir eins.
    »Skål, auf einen lustigen Abend!«, sagt sie kichernd.
    Dann leert sie ihr Glas, schluckt und verzieht das Gesicht. »Baah, gut ist was anderes … Aber da müssen wir durch. Und jetzt du!«
    Ich zögere einen Augenblick, dann kippe ich die klare Flüssigkeit hinunter. Widerlich! Ich muss die Luft anhalten und mich zwingen, zu schlucken. Das Zeug brennt wie Feuer in meiner Kehle und meine Augen tränen. Ich habe noch nie puren Wodka getrunken, und ich bin sicher, dass ich das auch nie wieder tun werde. Silja lacht und schenkt nach.
    »Nein, nein, nicht mehr«, protestiere ich.
    Da füllt sie das Glas mit Cola auf.
    »So schmeckt es besser«, sagt sie. »Und jetzt hilf mir mit den Klamotten, bevor ich vor Verzweiflung aus dem Fenster springe.«
    Sie versteckt die Wodkaflasche wieder hinter dem Schreibtisch und schlagartig sieht alles ganz harmlos aus mit der Flasche Cola und den zwei Gläsern. Mein Magen beruhigt sich schnell, als ich einen Schluck von dem Colamix trinke, und ich merke, wie es mich warm durchströmt. Eigentlich eine glückliche Fügung, dass Tonja nicht dabei ist. Sie hätte Silja spätestens jetzt wegen des Alkohols vorwurfsvoll ins Gewissen geredet und die schöne Stimmung kaputt gemacht. Es ist gemein, so zu denken, aber ist doch wahr. Tonja wäre hier fehl am Platz. Für sie ist eine gelungene Party teenagerharmlos mit Disko, Popcorn und Himbeerbrause.
    Ich habe mit einem Mal große Lust, Silja zu umarmen, weil sie mir gezeigt hat, dass es auch anders geht, weil es sie gibt und weil sie mich dazu bringt, Dinge zu tun, die ich mich sonst niemals trauen würde. Aber man fällt Silja nicht einfach so um den Hals. Das geht irgendwie nicht. Also lenke ich meinen positiven Energieüberschuss um und fange begeistert an, in den Kleiderbergen zu wühlen.
    »Wie wär’s mit dem hier?«, sagt sie und hält ein schwarzes Oberteil mit Silberdruck hoch. »Da weiß ich nur nicht, was ich dazu anziehen soll. Aber Schwarz ist schon mal gar nicht schlecht, oder?«
    »Besonders bei dir«, bestätige ich sie. »Schwarz steht dir sehr gut.«
    Wir ziehen alle schwarzen Sachen aus dem Durcheinander und Silja probiert ein Teil nach dem anderen an und dreht sich vor mir hin und her. Bei einem der Kleiderwechsel sehe ich ihre Tätowierung zum ersten Mal aus der Nähe, ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln. Die Schwanzfedern verschwinden unter dem Sliprand.
    »Wann hast du die machen lassen?«, frage ich und streiche mit dem Zeigefinger über die unteren Wirbel.
    »Letztes Jahr«, sagt sie und zieht ein neues Oberteil an. »Kurz vor dem Aus mit meiner vorigen Familie.«
    »Darf man sich in der Achten so was tätowieren lassen?«
    Silja lacht.
    »Nicht alle Tätowierer nehmen das mit der Altersgrenze so genau«, sagt sie und setzt ihren Catwalk durchs Zimmer fort.
    Wir einigen uns am Ende auf schwarze Leggins und das Oberteil mit dem Silberdruck.
    »Und darüber die Lederjacke«, sagt Silja. »Das

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