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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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Jeans, die ich noch nie an Mama gesehen habe, ausgestellt und fransig am Saum, weiter oben an ein paar Stellen fadenscheinig und mit Flicken in unterschiedlichen Jeansstoffen. Ich kann mich nicht richtig entscheiden, ob ich sie oberkitschig oder saucool finde, aber es wäre auf alle Fälle schade, sie wegzugeben, bevor ich das rausgekriegt habe.
    Mama lacht, als ich ihr sage, dass ich die Jeans nehme.
    »Die hat Vivi in den Siebzigern getragen! Ich hab es einfach nicht über mich gebracht, sie wegzutun. Hast du wirklich vor, sie anzuziehen?«
    Vivianne ist Mamas ältere Schwester. Ich hab echt Schwierigkeiten, mir Tante Vivi in dieser Jeans vorzustellen. Da muss sie mindestens fünfzehn Kilo schlanker gewesen sein. Dass die Hose ein Original aus den siebziger Jahren ist, schiebt sie eindeutig näher an saucool heran. Mehr finde ich nicht in dem Haufen. Da fällt mein Blick auf die hochhackigen Schuhe, die ich neulich von Mama geliehen habe. Sie stehen mit ein paar anderen Schuhen auf dem Boden.
    »Die hätte ich gern«, sage ich. »Zumindest leihweise für heute Abend. Darf ich?«
    Mama nickt. »Aber sei vorsichtig, die sind noch ganz neu.«
    »Versprochen.«
    Ich nehme die Klamotten mit in mein Zimmer und lege mich auf mein Bett. Ich muss mich bald umziehen. Dann fahre ich zu Silja, wo wir uns noch ein bisschen schminken, bevor wir Sven abholen und dann zur Fete fahren. Unfassbar, unglaublich, fantastisch und absolut wahr!
    Um halb sechs, ich habe gerade den Reißverschluss des Kleides hochgezogen, ruft Tonja an. Ich habe völlig verschwitzt, ihr eine endgültige Antwort wegen des Filmabends bei Lukas zu geben. Und noch einmal bietet sich eine Gelegenheit, ihr die Wahrheit zu sagen. Aber es kommt so unvorbereitet, dass ich schon wieder keinen Ton sage.
    »Nein, ich … Mir geht’s nicht so gut«, stammele ich. »Ich hab Kopfschmerzen … Ich glaube, ich kriege eine Erkältung. Lass uns morgen telefonieren.«
    »Schade. Nils kommt auch. Bestimmt deinetwegen.«
    Ja, bestimmt, denke ich. Als würde er nicht alle Samstage mit Lukas verbringen. Ich versuche, glaubwürdig zu husten.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich anstecken möchte«, sage ich.
    Als ob man sich über drei Meter Sicherheitsabstand anstecken könnte.
    »Nein, schon klar«, sagt Tonja. »Okay, dann gute Besserung. Ich ruf dich morgen an, sobald ich wach bin.«
    »Gut«, sage ich. »Umarmung. Und viel Spaß.«
    »Dir auch.« Sie lacht. »Na ja … oder so ähnlich. Erhol dich schön oder was man da sagt.«
    Mein Gewissen scharrt mit den Hufen. Es ist echt mies, Tonja so anzulügen. Aber ich will ihr ja alles erzählen. Hinterher.
    Ich kann Mama überreden, mir auch noch ihre Tasche und ihre Lederjacke zu leihen. Ich sehe ungewohnt erwachsen aus, als ich mich im Spiegel betrachte, und brauche eine Weile, bis ich mich an den Anblick gewöhnt habe. Papa kommt in den Flur und nimmt mich in Augenschein.
    »Oh«, sagt er.
    Ich drehe mich zu ihm um. »Cool, oder?«
    Er nickt, hat aber so einen merkwürdigen Zug um den Mund. Fast ein bisschen, als wenn er gleich anfängt zu weinen.
    »Du siehst Livia unglaublich ähnlich«, sagt er. »Wie sie aussah, als wir uns kennengelernt haben.«
    »Deswegen brauchst du doch nicht so gequält zu gucken«, sage ich. »Mama sah doch toll aus.«
    »Mama sieht toll aus«, korrigiert Papa mich.
    »Ja, ja.«
    »Die schönste Frau, die ich kenne!«
    »Ja, ja. Peinlichkeitsalarm.«
    Papa lacht. »Okay. Dann viel Spaß, Schönste-und-wichtigste-Vendela-auf-der-Welt.«
    »Äh«, sage ich verlegen. »Aber trotzdem danke.«
    Ich suche Rihanna auf dem Handy, stecke die Stöpsel ins Ohr und klackere in Mamas Schuhen die Treppe hinunter.

Minna macht die Tür auf, als ich bei Silja klingele.
    »Kann ich mitkommen?«, fragt sie, ehe ich überhaupt Hallo sagen kann.
    »Ich glaube nicht«, sage ich.
    Louise kommt in den Flur. Sie hat einen Handtuchturban ums Haar geschlungen und ihren schlanken Körper in einen Bademantel mit Blumenmuster gewickelt.
    »Hallo, Vendela«, begrüßt sie mich, und ich freue mich, weil sie sich an meinen Namen erinnert. »Und ihr wollt heute also zu einem Mitschüler? Wie nett! Silja ist in ihrem Zimmer.«
    Ich habe keine Ahnung, was Silja ihnen erzählt hat, darum nicke ich nur. »Danke.«
    »Sagt, wenn ihr was braucht.«
    »Hm, ja, danke.«
    »Schön, dass Silja ein paar Freunde gefunden hat und sich hier wohl fühlt.«
    Ich murmele eine mehr oder weniger verständliche Antwort und sehe zu, dass

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