Ich Will Ihren Mann
Kellner brachte Rickie Elfer das zweite Cola. »Danke schön!« sagte sie und wandte sich wieder an ihre neuen Bekannten. »Das war hier 'n total verkommener Schuppen, aber seit sie die Bar eingerichtet und alles 'n bißchen aufgemöbelt haben, ist's ein piekfeiner Laden geworden. Das hat alles Rita gemacht. Bevor sie kam, war's hier ziemlich verlottert.«
»Wie lange sind Sie schon in dem Kurs?« fragte Beth. »Die letzten zwei Jahre ist das hier so was wie mein zweites Zuhause.« Sie musterte sich kritisch. »Entmutigend, nicht? Besonders wenn ich daran denke, daß ich so viel Zeit hier verbracht habe und trotzdem die einzige bin, die immer noch rechts und links durcheinanderbringt. Wissen Sie noch, als Kind im Ballettunterricht, da gab's auch regelmäßig ein Mädchen, das die Arme in die Luft streckte, während alle anderen sie fallen ließen. Tja, das war ich. Und daran hat sich nichts geändert.« Sie tätschelte ihren Bauch. »Ich weiß, daß irgendwo hier drin 'ne Jane Fonda darauf wartet, geboren zu werden. Jedenfalls glaubte ich das felsenfest bis vor ein paar Jahren.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber wenn man erst mal über dreißig ist, dann geht die Figur zum Teufel. Alles hängt plötzlich runter. Und was nicht runterhängt, geht in die Breite. Die Haut wird trocken und schrumpelig, und dann dauert's nicht mehr lange, und man sieht aus wie 'ne dicke, fette Backpflaume.« Lilian und Beth lachten auf. »Was soll's! Reden wir lieber wieder über Sex, das ist wenigstens nicht ganz so deprimierend.« »Wie haben Sie Ihren Mann kennengelernt?« fragte Lilian.
»Welchen?«
»Den jetzigen.« Lilian wiederholte lächelnd Rickies Ausdruck.
»Ich traf ihn, als ich noch mit Ehemann Nummer zwei verheiratet war. Wir wollten damals unsere Stadtwohnung umkrempeln, und also verhandelten wir mit ein paar Architekten über die neuesten Trends und über die Möglichkeiten, die sich uns boten. Paul war einer von ihnen. Ich hab' ihn mir angesehen, tja, und dann hat's auch schon gefunkt. Also, wenn ich's mir recht überlege, dann ist es auf jeden Fall sicherer, ich lasse mich sterilisieren und nicht Paul. Wenn ich's mache, kann ich ohne Bedenken 'nen kleinen Seitensprung riskieren. Wenn Paul es tut, muß ich noch fünfzehn Jahre lang die Pille schlucken.« »Machen Sie denn Seitensprünge?« fragte Lilian und wunderte sich, daß sie unversehens in ein solch intimes Gespräch mit einer Frau geraten war, die sie erst seit einer Stunde kannte.
»Nicht so oft, wie ich gern möchte«, antwortete Rickie. »In letzter Zeit passiert's nicht mehr alle Tage, daß ein Auto neben mir hält und einer ›Americana, Americana‹ ruft.« Sie lachte herzlich. »Und wie ist's bei Ihnen?« wandte sie sich an Beth.
»Ich?« Beth lächelte. »Wo denken Sie hin! O nein, ich bin ja noch nicht mal bis Europa gekommen.« Lilian und Rickie sahen sie erwartungsvoll an. »Nein, ich habe ein sehr behütetes Leben geführt. Ich war erst siebzehn, als ich Al, meinen Mann, kennenlernte. Damals arbeitete ich als Kassiererin in einer Bank. Er kam jedesmal an meinen Schalter. Ich fand ihn nett, nicht besonders groß, 'n bißchen schmal, aber doch nett.« Lilian kicherte. Sie liebte solche alten Geschichten, und sie war schon seit langem neugierig auf die des Traumpaares Al und Beth Weatherby. »Er war zwar nicht besonders groß, aber er hatte ein so selbstbewußtes Auftreten, als gehöre ihm die ganze Bank«, fuhr Beth fort. »Er trat stolz an meinen Schalter und zahlte sein Geld ein. Es dauerte ein paar Monate, ehe er ein privates Wort an mich richtete. Als er mir erzählte, daß er Anwalt sei, da war ich sehr beeindruckt. Er gehe gern ins Theater, sagte er,und er sei ein As im Gewichtheben, und eines Tages würde er an der Spitze der größten und erfolgreichsten Kanzlei der Stadt stehen. Darauf antwortete ich, wenn sein Konto je auf zehntausend Dollar steigen sollte, müsse er mich heiraten.« Jetzt war es an Beth zu kichern. Wenn sie so in alten Erinnerungen schwelgt, dachte Lilian, dann sieht sie aus wie ein kleines Mädchen. »Und wie ging's weiter?« fragte Rickie. »Am Tag nach meinem achtzehnten Geburtstag haben wir geheiratet«, antwortete Beth. »Meine Mutter war darüber alles andere als glücklich. Sie meinte, ich sei viel zu jung, und Al sei zu alt für mich. Und außerdem war sie überzeugt, daß er sein Leben lang mehr
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