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Ich Will Ihren Mann

Ich Will Ihren Mann

Titel: Ich Will Ihren Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte Lilian zwei von drei Dialogstellen aufgedeckt. Sie hatte Chris' Zeile aus »Eine ganz normale Familie« erraten und außerdem sofort erkannt, daß Beths Ausruf »Oh, und ob wir fruchtbar sind!« aus »Rosemarys Baby« stammte. Den dritten Treffer hatte Nicole Clark gelandet. Sie hatte Al Weatherbys vergeblichen Versuch aufgedeckt, Faye Dunaways Satz aus »Bonnie und Clyde« (»Wir rauben Banken aus«) mitten in einer langatmigen Anekdote zu verstecken. Lilian wollte ihn seine Geschichte beenden lassen, ehe sie ihn entlarvte, doch Nicole wartete nicht so lange. Sie unterbrach ihn mittendrin. Zum Nachtisch gab es ein Soufflé, das zwar zusammengefallen war, als es serviert wurde, doch ohne große Entschuldigung auf den Tisch kam und im übrigen genauso köstlich schmeckte, wie Lilian erwartet hatte. Sie aß ihre Portion restlos auf und bat um eine zweite, um das Essen hinauszuzögern. Alle übrigen mußten ihre Sätze anbringen, ehe der Kaffee getrunken war.
    »Wie steht's mit der Rickerd-Scheidung?« wandte sich Al Weatherby an David. »Grauenvoll. Reif für 'n Klatschblatt.« »Mich interessiert bloß, wer dieses wundervolle Haus kriegt«, sagte Beth.
    »Ich hab's gesehen«, mischte sich Nicole Clark ein. »Vor ein paar Jahren war ich dort auf 'ner Party eingeladen. Es ist einfach umwerfend. Alles holzgetäfelt, und viele wunderschöne Stuckdecken. Manche Räume sind gut dreieinhalb Meter hoch. So was gibt's heute kaum noch.« »Jedenfalls nicht in Apartmenthäusern«, stimmte David zu.
    »Da haben Sie leider recht«, sagte Chris Bates, und dann folgte eine lange Diskussion über den Wohnungsmarkt in Chicago.
    »Wie geht's Ihrer Schwester?« wollte Beth von David wissen, als der Kaffee herumgereicht wurde. »Danke, gut«, antwortete er und zögerte dann. »Na ja, ehrlich gesagt, sie hat in letzter Zeit ein bißchen unter Depressionen gelitten.« Lilian überlegte, worauf er wohl anspielen mochte. Sie hatte nichts von Renées Depressionen gehört. »Eine Freundin von ihr hat sich das Leben genommen.« Er sah Lilian in die Augen. »Julie Hubbard«, sagte er.
    Lilian rang nach Luft.
    »O Gott«, stammelte sie. »Wann ist das passiert?« »Vor ein paar Tagen. Die Familie hat versucht, es zu vertuschen. Daher weiß ich nichts Genaues.« Er machte eine wirkungsvolle Pause, schüttelte den Kopf und sagte dann: »Was kann man sagen über ein Mädchen von fünfundzwanzig Jahren, das gestorben ist.« »›Love Story‹«, jubelte Nicole Clark. »Der erste Satz aus der ›Love Story‹!«
    »Sie haben mich erwischt«, gestand David lachend ein. »Gut gemacht, Nicki«, dröhnte Don Eliot. »Sehr gut. Jetzt liegen Sie Kopf an Kopf mit Lilian. Jede von euch hat zwei Punkte. Ist Ihnen nicht gut?« wandte er sich an Lilian.
    Allmählich kam wieder Farbe in Lilians aschfahles Gesicht. »Julie Hubbard«, wiederholte sie fassungslos. »Sie ... sie ist...«
    »Quicklebendig und putzmunter und wohnt nach wie vor friedlich im West End«, sagte David, und seine Augen funkelten. »Ich hab' dich reingelegt. Ich hab' den Star ausgetrickst!«
    »Das hast du«, gab sie zu. »Aber das war nicht grade fair. Du hast mir wirklich 'nen Schrecken eingejagt. Ich bin nämlich mit dem Mädchen in dieselbe Klasse gegangen«, erklärte sie den anderen.
    »Ich dachte, sie sei erst fünfundzwanzig«, lächelte Nicole.
    Lilian warf ihr einen Blick zu. »Wahrscheinlich war ich zu bestürzt, um logisch zu denken«, sagte sie mechanisch, während sie darüber nachdachte, wie überzeugend ihr Mann zu lügen verstand.
    »Aber Nicole hast du nicht reingelegt«, frohlockte Al Weatherby. Er langte über den Tisch und tätschelte Nicoles Hand. »Gut gemacht, mein Kind«, sagte er. Lilian begriff plötzlich, daß jetzt nur noch Nicole und sie übrigblieben. Wie ungemein passend. Sie würden einander gegenüberstehen wie die Gegner in »Zwölf Uhr mittags«, würden ihre Sätze wie Pistolenkugeln abfeuern und dabei direkt auf das Herz des Gegners zielen. Lilian blickte in die Runde und hatte plötzlich das Gefühl, es sei überaus wichtig für sie, diesen Kampf zu gewinnen. Die Szene hatte in ihren Augen eine so starke Symbolkraft, daß sie sich von ihrem Sieg auch privat eine Entscheidung zu ihren Gunsten versprach. Sie mußte ganz einfach gewinnen. Sie mußte Nicole beweisen, daß sie die Dinge immer noch in der Hand hatte, auch wenn es nicht ganz klar war, um welche Dinge es sich eigentlich handelte. Weder sie noch Nicole hatten ihren Text vorgetragen. Die

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