Ich Will Ihren Mann
flüsterte sie. »Die Polizei hat die Mordwaffe gefunden. Gestern. Ein Hammer aus Vaters Werkzeugschrank. Er steckte in 'nem Lüftungsschacht und war ganz blutverschmiert.«
Das Mädchen weinte still vor sich hin, und Lilian wiegte sie in ihren Armen. Nach einer Weile richtete sich Lisa auf, wischte sich die Augen und stammelte: »Es tut mir leid.« »Das braucht es nicht.« »Ich führ' mich auf wie 'n Kind.«
»Aber nein«, widersprach Lilian. »Ihr ganzes Leben ist plötzlich umgekrempelt. Da ist es doch nur natürlich, daß Sie aus dem Gleichgewicht geraten.« Lisa erhob sich und ging ruhelos vor dem Sofa auf und ab. »Irgendwie kommt sie mir heute viel gefaßter vor. Gestern hat sie sich strikt geweigert, mit zur Beerdigung zu gehen. Sie ließ einfach nicht mit sich reden. Wir hatten so gehofft, das Begräbnis würde ihr zum Bewußtsein bringen, daß Vater tot ist. Wir dachten, wenn sie sieht, wie Vaters Sarg im Grab verschwindet, dann wird sie ... na ja, wieder zu sich kommen und endlich erzählen, wie's passiert ist; uns sagen, wer's war. Aber sie wollte einfach nicht mitkommen. Sie saß auf ihrem Bett und schüttelte immer nur den Kopf.«
»Aber der Schock, Lisa, bedenken Sie doch, was sie durchgemacht hat...«
»Das weiß ich ja alles.« Lisa blieb abrupt stehen. »Trotzdem wird's dadurch nicht leichter.«
»Redet sie denn überhaupt nicht mit Ihnen?« Lisa sah Lilian unverwandt in die Augen. »O doch«, sagte sie leise. »Sie spricht übers Wetter, sagt, wie schön sie's findet, Brian und mich wieder zu Hause zu haben. Sie stellt unentwegt Fragen über das, was wir tun und denken. Sie hört zu. Sie ist eine großartige Zuhörerin. Sie gibt uns sogar Ratschläge. Sie hat sich von Michael stundenlang was über seinen Glauben erzählen lassen. Aber von meinem Vater spricht sie mit keinem Wort. Und wenn einer von uns ihn erwähnt, dann kriegt sie so 'nen glasigen Blick, ihr Gesicht wird ganz ausdruckslos, und sie reagiert einfach nicht mehr.«
Lilian überlegte, aber ihre Gedanken waren so zusammenhanglos, daß sie sie nicht in Worte fassen konnte. »Wahrscheinlich kann sie im Moment nicht anders damit fertig werden.«
»Don Eliot hat uns erzählt, daß sie im Krankenhaus mit Ihnen gesprochen habe. Und da dachten wir, wenn Sie mit ihr reden, könnte vielleicht... ach, ich weiß auch nicht...« »Ich werde tun, was ich kann«, versprach Lilian. Lisa setzte sich wieder zu ihr, ließ sich von ihr in die Arme nehmen und legte den Kopf an ihre Schulter. Sie hörten beide nicht, wie die Frau hereinkam, im Zimmer stehenblieb und sie schweigend beobachtete. »Tag, Lilli.« Beths Stimme klang leise und freundlich. Rasch wandte sich Lilian nach ihr um. Beth trug zur hellen, sportlichen Hose eine dünne Baumwollbluse. Sie war ungeschminkt, hatte nicht einmal die Verletzungen in ihrem Gesicht abgedeckt, und ihr kurzes, sonnengebleichtes Haar war nachlässig zurückgekämmt. Die Wunden verheilten allmählich, die Schwellungen waren zurückgegangen, die blauen Flecken verblaßten. Um das rechte Handgelenk trug sie einen Verband. Als Beth auf sie zukam, merkte Lilian, daß sie leicht hinkte. Die saloppe Kleidung täuschte, Beths Körper bewegte sich starr wie ein Automat.
Die beiden Frauen umarmten einander. Als Lilian sie anblickte, schenkte Beth ihr ein herzliches Lächeln. »Ich freu' mich so, daß du gekommen bist«, sagte sie. »Du siehst fabelhaft aus.«
»Ich seh' grauenhaft aus«, antwortete Lilian mechanisch. »Diese Feuchtigkeit macht meine Haare kraus wie Stahlwolle.«
»Und meine hängen runter wie Spaghetti«, lachte Beth. »Ich wette, du hast dir schon immer glattes Haar gewünscht«, fügte sie verschwörerisch hinzu. Lilian nickte. »Wußt' ich's doch«, triumphierte Beth. »Und ich wollte mein Leben lang 'nen Lockenkopf. Man möchte immer das, was man nicht hat. Aber setzen wir uns doch.« Lisa trat rasch beiseite, hockte sich mit angezogenen Knien in einen Sessel gegenüber und überließ ihrer Mutter und Lilian das Sofa.
»Hallo, Liebes.« Erst jetzt nahm Beth von ihrer Tochter Notiz.
»Wie fühlst du dich?« fragte Lisa.
»Mir geht's gut«, antwortete Beth mit Bestimmtheit. »Aber du siehst ziemlich angegriffen aus. Willst du nicht raufgehen und dich 'n Weilchen ausruhen? Brian hat sich auch gerade hingelegt.« Lilian spürte, wie das Mädchen zögerte. »Nun geh schon«, drängte ihre Mutter. »Lilli wird sich um mich kümmern.«
»Ja, gehn Sie nur«, bekräftigte Lilian. »Dann kann ich
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