Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
es sich viel länger an.
Sie stand auf, nahm sein Gesicht in beide Hände und hob es ein wenig an, damit er ihr in die Augen sehen musste. Ihre Finger waren kalt. »Aber wir sind uns in dieser kurzen Zeit so nahegekommen, dass ich eines weiß: Ich liebe dich .«
Er fuhr erschrocken zurück, dabei hätten ihn ihre Worte nicht verwundern müssen – er empfand ja selbst erschreckend viel für sie. Und sie wirkte mit ihren von der Kälte geröteten Wangen und den feuchtglänzenden Augen verdammt sexy. Aber es war, als hätte sein Inneres auf Leerlauf geschaltet.
Er wollte nichts mehr fühlen – keine Zuneigung, und vor allem keine Enttäuschung mehr.
Er packte ihre Handgelenke und zwang sie, die Hände sinken zu lassen. »Du liebst mich nicht, Kelly. Wir hatten tollen Sex und eine Menge Spaß miteinander. Du warst für mich da, als meine Welt in sich zusammengestürzt ist, und dafür bin ich dir dankbar.« Kelly krümmte sich. Seine Stimme klang rau, wie Sandpapier, das ihr über die Haut rieb.
Ihre Unterlippe zitterte. »Bedeute ich dir denn gar nichts?«, fragte sie rundheraus.
»Doch, schon, natürlich, aber es ist noch viel zu früh, um von Liebe zu reden. Außerdem haben Menschen, die sich lieben, auch Vertrauen zueinander.« Wieder schob er die Hände in die Jackentaschen. Er musste sich bewusst davon abhalten, Kelly an sich zu ziehen und sie als Flucht vor seinem Kummer zu benutzen. Sie war zwar für ihn da gewesen, aber sie hatte es nicht gewagt, ihn in ihr Geheimnis einzuweihen, und diese Erkenntnis machte ihm schwer zu schaffen.
Er hatte sich nie seiner Verantwortung entzogen, hatte stets gedacht, er sei der Bruder gewesen, den Dare gebraucht hatte. Der Ehemann, den sich Annie gewünscht hatte. Ein Mann, den Kelly lieben konnte. Aber er hatte ganz offensichtlich keine Ahnung, was die Menschen, mit denen er sein Leben teilte, dachten.
Und er hatte auch keine Ahnung mehr, was er selbst denken sollte.
Tags darauf erwachte Nash schon in aller Herrgottsfrühe, und weil sich in ihm einiges an Frust und Energie aufgestaut hatte, machte er sich auf den Weg ins Y, das Fitnesscenter, in dem er trainierte.
»Hi, Nash«, begrüßte ihn die junge Frau hinter dem Empfangstresen.
»Morgen, Erin. Wie geht’s?«
»Ganz gut.«
Er hielt ihr seine Mitgliedskarte hin, und sie zog sie durch den Scanner. »Viel Spaß beim Trainieren.«
»Danke.«
Sie schenkte ihm ein breites Lächeln, das eine offene Einladung darstellte, hätte er denn Interesse gehabt. Hatte er aber nicht. Seine Gedanken kreisten nur um eine Frau. Er nickte und wandte sich zum Gehen.
Eigentlich hätte er jetzt mit Kelly auf dem Weg zu einer Frühstückspension in Rockport, Massachusetts sein sollen. Stattdessen waren all seine Hoffnungen auf eine Zukunft mit ihr zerstört. Keiner von ihnen hatte gestern Abend den Wochenend-Trip auch nur mit einem Wort erwähnt. Jetzt war ja wohl kaum der richtige Zeitpunkt dafür, nachdem sich ein Sorgerechtsstreit um Tess anbahnte. Aber nach der Auseinandersetzung und seiner Feststellung, es sei noch zu früh, um von Liebe zu sprechen, hatte Kelly bestimmt auch so begriffen, dass der Ausflug ins Wasser gefallen war.
Nach einer halben Stunde Gewichtheben wischte er sich mit einem Handtuch den Schweiß aus dem Gesicht und überlegte, ob er als Nächstes das Laufband oder lieber den Stepper ansteuern sollte, da registrierte er, wie sich jemand neben ihm postierte.
»Hey.«
Nash spähte zu seinem Bruder h och. »Ich dach te, du hast in deiner Villa einen gut ausgestatteten Kraftraum?«
»Es wurden noch nicht alle Geräte geliefert. Außerdem ist es hin und wieder ganz schön, ein bisschen unter die Leute zu kommen.« Ethan schlug mit dem Handtuch nach Nash, wie früher, als sie noch klein gewesen waren. »Alles okay?«
Nash stöhnte. »Nein.«
»Willst du drüber reden?«
Nash musterte ihn. Er hatte angenommen, er würde sich eher die Zunge abbeißen als seinem großen Bruder sein Herz auszuschütten. Falsch gedacht. »Ja, will ich.«
Ethan ließ sich auf eine leere Bank plumpsen, und Nash setzte sich neben ihn.
Er starrte auf seine Hände und wusste nicht, wo er anfangen sollte. »Als du uns verlassen hast, habe ich deine Rolle übernommen. Ich hatte keine andere Wahl. Ich habe mich für Dare verantwortlich gefühlt. Und wir standen uns immer nahe, oder jedenfalls dachte ich das. Er war immer mit von der Partie, wenn ich mit meinen Freunden unterwegs war, und ich hatte nichts dagegen.« Nash zuckte die
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