Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
hätte. Sie interessierte sich ausschließlich für sich selbst.
Kelly wandte sich ab, weil sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Die Empörung schnürte ihr die Kehle zu und machte sie unfähig, auch nur ein weiteres Wort zu ihrer Verteidigung vorzubringen.
Leah dagegen hatte diesbezüglich kein Problem. »Wie kommt es, dass du dich dazu berufen fühlst, über mich zu urteilen? Du hast diesen Ryan doch nur kennengelernt, weil du für einen Escortservice gearbeitet hast! Und da machst du mir Vorhaltungen?«, kreischte sie hysterisch.
Kelly zuckte zusammen und sah von Leah zu Nash, der sie perplex anstarrte, als könnte er die gemeinen Anschuldigungen nicht glauben.
»Woher zum Geier weißt du das?«, fragte Kelly entsetzt.
»Escortservice?«, wiederholte Nash und straffte die Schultern, und in dieser Sekunde stürzte Kellys Welt in sich zusammen.
»Es ist nicht so schlimm, wie es klingt«, sagte Kelly, aber es kam ihr selbst vor wie eine lahme Ausrede.
»Es stand im Bericht des Privatdetektivs«, murmelte Leah, und es klang fast, als würde sie sich dafür schämen, dass sie diesen Weg eingeschlagen hatte, um Informationen über Kelly einzuholen.
Aber das machte jetzt auch keinen Unterschied mehr.
»Okay, das reicht«, sagte Ethan plötzlich. Er trat zu Leah, packte sie am Ellbogen und führte sie ein paar Schritte von der nach Luft ringenden Kelly weg.
»Sie haben kein Recht, so mit Ihrer Tochter zu sprechen. Kellys Situation ist mit der Ihren nicht zu vergleichen. Sie war das Opfer. Und keiner anständigen Mutter würde es einfallen, die schmerzliche Vergangenheit ihrer Tochter gegen sie zu verwenden. Sie haben gesagt, was Sie zu sagen hatten, und jetzt sollten Sie besser gehen.«
»Was zum Teufel soll das alles?«, fragte Nash. »Weiß Ethan irgendetwas, das ich nicht weiß?«
Kelly fühlte Übelkeit in sich aufsteigen, und ihre Knie wurden weich.
»Ich geh ja schon.« Leah schüttelte Ethans Hand ab. »Ich wollte nicht, dass es so läuft, Kelly. Ich hatte angenommen, dass du froh bist, wenn ich zurückkomme und Tess mitnehme, damit du wieder dein Leben leben kannst. Aber dann habe ich festgestellt, dass sie nicht einmal bei dir wohnt. Du hast sie an einen ihrer Halbbrüder weitergereicht, den sie gar nicht kennt.«
»So war es nicht!«, schrie Kelly sie an. Mittlerweile strömten ihr die Tränen über das Gesicht.
Sie hatte für Tess alles und noch mehr gegeben, bis ihr klar geworden war, dass sie Gefahr lief, ihre Schwester zu verlieren. Und sie hatte Tess nicht in Ethans Obhut übergeben, um sie loszuwerden, sondern weil er ihre letzte Hoffnung gewesen war, ein letzter Versuch, die Kleine zu retten.
»Nicht doch«, sagte Nash. Er legte ihr einen Arm um die Taille und drückte sie an sich. Doch Kelly spürte seine Verwirrung und wusste, wenn er erst alles über ihre Vergangenheit gehört hatte und – was noch schlimmer war – wenn er feststellte, dass sein Bruder bereits Bescheid wusste, dann würde er sich von ihr hintergangen fühlen, und damit war alles, was sie verband, zerstört.
»Ich wollte dir nicht wehtun, Kelly. Ich bin deine Mutter, und ich liebe dich. Ich wollte dir nur aufzeigen, dass du kein bisschen besser bist als ich, obwohl du mich so gnadenlos verurteilst.«
Kelly schüttelte den Kopf und hätte nichts lieber getan als ihr zu widersprechen, aber ihre Mutter hatte lediglich die Wahrheit gesagt. Eine Wahrheit, vor der Kelly lange davongelaufen war.
Leah fuhr fort, ohne zu ahnen, was in ihrer Tochter vorging. »Aber ich bin auch Tess’ Mutter, und ich will sie zurückhaben.« Sie straffte die Schultern in dem Versuch, möglichst drohend zu wirken. »Du hörst dann von meinem Anwalt.«
»Warum? Warum um alles in der Welt willst du Tess jetzt plötzlich?«, stieß Kelly hervor. »Du hast es doch gehasst, Mutter zu sein. Du warst keine Mutter.«
Leah wandte den Blick ab. »Mein Mann hat Geld. Glaub nicht, dass ich mich kampflos geschlagen gebe.« Damit wirbelte sie herum und marschierte über den Parkplatz zu ihrem Auto.
»Du wirst Tess nicht kriegen!«, schrie Kelly ihr nach. »Wir werden vor Gericht ziehen! Wir alle – Ethan, Nash, Dare und ich. Du hast es gar nicht verdient, ihre Mutter zu sein!« Sie zitterte wie Espenlaub.
Nash dirigierte sie zu Ethan, der soeben die Beifahrertür seines Jaguars öffnete, damit sie sich kurz setzen konnte.
»Beruhige dich«, sagte er rau. »Tief durchatmen.«
Kelly befolgte seinen Rat. Nach ein paar langen, kräftigen
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