Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
man in derartigen Fällen Rücksicht nahm.
Leider bedeutete das, dass sie unterbeschäftigt war und viel zu viel Zeit zum Nachdenken hatte – über sich selbst, über Nash, über die vergangene Nacht. Sie hatte nicht vorgehabt, mit ihm ins Bett zu gehen; wenn sie gestern jemand gefragt hätte, ob sie es in Erwägung zog, hätte sie die Vorstellung als vollkommen absurd abgetan. Doch jetzt …
Jetzt, da sie nichts zu tun hatte, kehrten die Erinnerungen zurück. Er war phänomenal, und zusammen ergaben sie eine hochexplosive Mischung. Aber am meisten hatte sie überrascht, wie zärtlich und umsichtig er sein konnte. Dieser Zug an Nash war ihr neu gewesen – und er war der Grund dafür, dass sie anfing, sich in ihn zu verlieben.
Und zwar Hals über Kopf.
Das war ja mal wieder typisch für sie. Kelly hatte bislang nicht allzu viele Beziehungen gehabt – sie war viel zu beschäftigt gewesen, erst mit der Schule, dann mit der Arbeit und mit Tess. Aber wenn sie es sich gestattet hatte, sich mit einem Mann einzulassen, dann war es immer so gewesen – sie hatte sich heftig verliebt, ohne sich Gedanken über die Konsequenzen zu machen, und war auf diese Weise noch jedes Mal blindlings ins Verderben gesteuert.
Aber diesmal würde ihr das nicht passieren.
Gut, sie hatte mit Nash geschlafen, aber jetzt musste sie sich zusammenreißen und die Dinge langsam angehen lassen. Sie atmete ein paarmal tief durch und stellte fest, dass sie vor Anspannung die Hände ineinander verkrampft hatte.
»Das sind die Kaffee-Entzugserscheinungen«, murmelte sie.
Da sie nichts zu tun hatte, schaltete sie den Anrufbeantworter ein und machte sich auf den Weg ins Cuppa Café. Wenn sie erst eine ordentliche Dosis Koffein intus hatte, würde es ihr hoffentlich besser gehen, und dann konnte sie bestimmt auch wieder klar denken.
Anstelle des Mädchens im Teenageralter, das normalerweise bediente, stand heute Trisha Lockhart, die Besitzerin, hinter dem Tresen, die sonst die Büroarbeiten erledigte oder im Café mit den Gästen plauderte. Trisha war Joes Schwester, und obwohl Trisha stets behauptete, sie habe ihr Café nur eröffnet, damit die Leute, die ihr Bruder in seiner Bar abfüllte, wieder nüchtern wurden, standen sich die beiden recht nah. Mehr noch, sie waren ein Herz und eine Seele.
Kelly gab ihre Bestellung auf, und weil sie die einzige Kundin war, hielt sie ein Schwätzchen mit Trisha, während sie wartete.
»Wie kommt es, dass du heute an der Kasse stehst?«, erkundigte sie sich.
Trisha seufzte. »Carrie hat sich heute noch nicht blicken lassen.« Sie legte die Stirn in Falten und wischte den Tresen sauber, dann fuhr sie fort: »Lissa Gardelli hat hier gearbeitet, ehe sie als Journalistin Karriere gemacht hat. Mit ihren Launen konnte sie einem zwar auf den Wecker gehen, aber sie war zumindest zuverlässig.« Trisha klang gestresst, und so sah sie auch aus. Sie war ungeschminkt und hatte sich die Haare zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden, und ihre Miene wirkte angespannt.
»Es birgt so einige Risiken, wenn man einen eigenen Betrieb hat«, sagte Kelly mitfühlend.
Trisha nickte. »Ich hab mich schon gewundert, weil du heute Morgen nicht vorbeigekommen bist, aber dann hat mir jemand von Richards Operation erzählt. Du hast in der Kanzlei bestimmt alle Hände voll zu tun.«
»Es geht eigentlich. Seine Geschäftspartner und Klienten wollen offenbar alle abwarten, bis er wieder auf dem Damm ist. Deswegen bin ich jetzt doch hier.«
Trisha beugte sich über den Tresen. »Ein Glück, gestern ist nämlich etwas Seltsames passiert. Seltsam für Serendipity jedenfalls, wo jeder jeden kennt. Da fällt ein Fremder, der Fragen stellt, unwillkürlich auf.«
Kelly spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten. »Ein Fremder, der Fragen stellt? Über wen denn?«
»Über dich«, sagte Trisha leise. »Irgend so ein Typ war gestern hier und hat die Leute nach dir ausgefragt. Ich habe ihn dann gebeten, meine Kunden in Ruhe zu lassen und zu gehen.«
Kelly schluckte schwer, war aber nicht weiter überrascht, obwohl sie insgeheim gehofft hatte, sie hätte ihre Vergangenheit hinter sich gelassen. »Was denn für Fragen?«
Trisha zuckte die Achseln. »Wo du wohnst, mit dem du deine Zeit verbringst und so weiter. Keine Sorge, von mir hat er nichts erfahren, aber es kann natürlich sein, dass ihm irgendwelche Wichtigtuer etwas erzählt haben. Du bist jetzt schon einige Zeit hier, und die Leute wissen, wer du bist, wo du wohnst und
Weitere Kostenlose Bücher