Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
sich ein wenig zu beruhigen, ehe er seiner Adoptivmutter gegenübertrat. Er durfte nicht vergessen, was er den Rossmans alles verdankte: ein Heim, Kleidung, Nahrung, eine Ausbildung, die seine kühnsten Träume übertroffen hatte, und vor allem Liebe.
Doch ihre Beziehung war auf Lügen gebaut.
Als er schließlich vor dem Haus seiner Pflegeeltern parkte, hielt direkt hinter ihm ein schwarzes Auto. Es war der Jaguar seines Bruders, wie Nash erkannte, als er ausstieg.
»Ethan«, knurrte er, als dieser aus seinem Wagen kletterte. »Was zum Teufel machst du denn hier?«
»Ich rette dich vor dir selbst.«
»Kelly hat dich angerufen«, stellte Nash matt fest.
»Richtig. Sie macht sich Sorgen um dich.«
»Ich weiß.« Nash hätte erwartet, wütend zu werden, weil sie ausgerechnet Ethan auf ihn angesetzt hatte, aber er nahm es Kelly nicht übel. Wahrscheinlich, weil sein ganzer Zorn im Augenblick auf die Rossmans und auf Richard Kane gerichtet war. »Du weißt Bescheid?«
Ethan nickte.
»Gut. Ich werde mit ihr reden.«
»Ich komme mit.«
Nash hob eine Augenbraue. »Um mir im Notfall Rückendeckung zu geben, großer Bruder?«
»Wird ja auch allmählich Zeit, findest du nicht?« Ethan schob die Hände in die Taschen seiner Lederjacke. Seine Augen waren hinter der schwarzen Sonnenbrille nicht zu sehen.
Nash antwortete nicht, sondern marschierte an ihm vorbei zu der langen Einfahrt. Es gab auch ohne die verkorkste Beziehung zu Ethan schon genug, über das er sich den Kopf zerbrechen musste. Seltsamerweise fand er Ethans Anwesenheit trotzdem nicht belastend, sondern eher … beruhigend.
Er klingelte, und gleich darauf öffnete Florence die Tür. »Nash! Was machst du denn hier?« Sie wirkte erstaunt, aber sichtlich erfreut.
»Ich muss mit dir reden.«
»Aber gern. Komm rein.« Als sie Ethan hinter ihm erblickte, weiteten sich ihre Augen vor Überraschung.
Soweit Nash wusste, kannten sich sein großer Bruder und seine Adoptivmutter noch nicht. Kein Wunder, sie verkehrten ja auch in völlig unterschiedlichen Kreisen.
»Darf ich vorstellen: mein Bruder Ethan«, sagte er. »Ethan, das ist meine … Das ist Florence Rossman.«
Ethan trat näher und streckte Florence die Hand hin. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Florence ergriff seine Hand und schüttelte sie. »Welchem Umstand verdanke ich denn euren Besuch?«, fragte sie und sah neugierig zwischen den beiden Brüdern hin und her.
»Ich brauche Antworten«, schnarrte Nash. Seine Stimme war rau vor Wut.
»Verstehe.« Florence nickte, obwohl das ganz offensichtlich nicht der Fall war.
»Nash hat ein paar Fragen an Sie, aber zuerst möchte ich mich bei Ihnen bedanken«, sagte Ethan. Nash vernahm es mit Erstaunen. »Dafür, dass Sie für meinen Bruder da waren, als ich es nicht sein k… – als ich es nicht war.«
In diesem kurzen Augenblick erkannte Nash, dass sein Bruder erwachsen geworden war, und der Groll, den er so lange gegen ihn gehegt hatte, löste sich in Luft auf. Plötzlich interessierte es ihn, wo Ethan eigentlich all die Jahre gewesen war, was er alles erlebt und wie er es überlebt hatte.
Aber erst … »Können wir reinkommen?«, fragte Nash.
Florence nickte. »Es war mir eine Freude, Ethan, ehrlich. Und jetzt kommt rein.« Sie bedeutete ihnen, einzutreten.
Gleich darauf saß Nash wieder im Wohnzimmer, so wie neulich Abend mit Kelly. Doch heute war alles ganz anders. Sein Blick streifte eine Reihe Fotos, die auf der Fensterbank standen.
Ethan hatte sie auch gerade erspäht. Er erhob sich noch einmal und nahm grinsend eines davon zur Hand. »Deine Abschlussfeier?«
Florence nickte stolz. »Highschool, College und Law School.« Sie ließ die Fingerspitzen zärtlich über die Bilderrahmen gleiten.
Nash hätte gut und gern auf die albernen Hüte und die Roben verzichten können, aber jedes dieser Bilder repräsentierte einen Meilenstein in seinem Leben. Ein Leben, das er der Frau verdankte, die hier vor ihm stand.
Er konnte sich nicht länger zurückhalten. »Warum habt ihr Dare damals nicht auch genommen?«, platzte er heraus. Das war ihre letzte Chance, ihm die Wahrheit zu sagen. Und wenn sie es nicht tat, musste er ihr auf den Kopf zusagen, dass sie ihn angelogen hatte.
»Oh! Ich … « Sie wich einen Schritt zurück und fasste sich an die Kehle.
»Du kannst sie doch nicht so überfallen, Nash«, mischte sich Ethan an. »Setzen wir uns doch.« Er legte Florence eine Hand auf den Rücken und führte sie zum Sofa.
Sie sank langsam darauf
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