Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
hatte ihn in die Vergangenheit zurückversetzt, die er so mühsam hinter sich zu lassen versuchte; hatte ihn an die Tatsache erinnert, dass er seine Brüder im Stich gelassen hatte, und an die Schuldgefühle, die ihn deswegen noch immer quälten.
Dabei würde er doch viel lieber an seine Frau denken. Er konnte noch gar nicht glauben, dass er mit der kessen Blondine, für die er mit achtzehn geschwärmt hatte, verheiratet war. Die fröhliche Cheerleaderin aus dem Herrenhaus, das für Ethan all das repräsentiert hatte, was er glaubte, niemals haben zu können, liebte nun den Mann, zu dem er herangewachsen war.
Ethan schüttelte den Kopf. Er wusste, dass er gerade die Gelegenheit bekommen hatte, für seine Brüder da zu sein, auf eine Weise, wie es ihm in der Vergangenheit nicht möglich gewesen war.
»Wer hat dich denn gerade angerufen?«
Faith trat aus dem begehbaren Schrank, und Ethan war aufs Neue überwältigt von ihrer Schönheit und der Intelligenz, die sich in ihren wunderbaren Augen spiegelte.
»Komm mal her.«
Er streckte die Arme aus, und sie ging zu ihm und schmiegte die Wange an seine Brust. »Was ist passiert?«, fragte sie.
Es überraschte Ethan nicht, dass sie ihm seine Verstörung gleich anmerkte. Faith wusste immer, was er brauchte, manchmal sogar noch ehe es ihm selbst klar war.
»Das war Kelly vorhin am Telefon. Nash hat gerade etwas herausgefunden, das so ziemlich alles, was man ihm über seine Vergangenheit gesagt hat, infrage stellt.« Er erzählte ihr kurz, was er soeben von Kelly erfahren hatte – von den Unterlagen in Richard Kanes Archiv bis hin zu der Tatsache, dass Nash zu seiner Adoptivmutter gefahren war, um sie zur Rede zu stellen. »Kelly macht sich große Sorgen um ihn. Angeblich will er Dare erst benachrichtigen, wenn er weitere Informationen hat, aber sie findet, er sollte jetzt nicht allein sein.«
»Da hat sie recht.« Faith legte den Kopf in den Nacken und sah ihn an. »Du weißt, dass Nash und ich am Anfang nicht so gut miteinander ausgekommen sind … «
Ethan schnaubte. »Ach, und jetzt seid ihr dicke Freunde, oder wie?« Er wusste ebenso wie Kelly, dass sie während der Willkommensparty einen kleinen Erfolg errungen hatten, und das war immer noch besser als gar nichts – und definitiv besser als die unnachgiebige, nachtragende Haltung, die Nash bis vor Kurzem seinem großen Bruder gegenüber an den Tag gelegt hatte.
»Ha, ha.« Faith gluckste. »Nein, das nicht, aber ich sehe doch, wie viel Mühe er sich mit Tess gibt, und selbst wenn ich sein Verhalten – vor allem dir gegenüber – nicht gutheißen kann, muss ich doch zugeben, dass ich ihn verstehe.«
»Er hatte kein Recht, dich für etwas zur Verantwortung zu ziehen, das dein Vater verbrochen hat.« Ethan ballte die Fäuste, als er daran dachte, wie feindselig Nash ihr anfangs begegnet war.
»Denk daran, dass Samuel Rossman einen Herzinfarkt erlitt, nachdem er wegen der Machenschaften meines Vaters einen Batzen Geld verloren hatte. Und dass Nash als Rechtsanwalt mit unzähligen Geschädigten zu tun hat, die noch mehr verloren haben als seine Pflegefamilie. Und inzwischen ist er nicht mehr ganz so unfreundlich zu mir.«
»Groß ist der Unterschied aber nicht gerade«, brummelte Ethan.
»Eine marginale Verbesserung ist besser als gar keine.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Lippen.
Da hatte sie natürlich recht. »Tja, dann mache ich mich mal auf die Suche nach ihm«, stöhnte Ethan.
»Tu das. Aber denk daran, dass du die Vergangenheit nicht ungeschehen machen kannst, also keine Selbstvorwürfe mehr, ja?«, ermahnte sie ihn. »Lass dich von Nash bloß nicht wieder runterziehen, nachdem du es endlich geschafft hast, dir selbst zu verzeihen.«
Er schüttelte den Kopf, wie so oft erstaunt über ihre Klugheit und ihre Weitsicht. »Schon komisch, oder? Seit ich hier bin, warte ich auf eine Chance, mich zu rehabilitieren und für meine Brüder da zu sein.«
»Und jetzt bekommst du diese Chance«, sagte Faith. Es klang übertrieben gut gelaunt.
»Ja.« Das war die Gelegenheit, die Geister der Vergangenheit zu besiegen und seine Fehler wiedergutzumachen.
Was Ethan nicht zugeben konnte, war die ironische, erschreckende Wahrheit: Dass er nämlich jetzt, da die Gelegenheit gekommen war, auf die er gewartet hatte, nicht wusste, ob er diesmal tatsächlich in der Lage sein würde, Nash und Dare der große Bruder zu sein, den sie brauchten.
Nash fuhr zwanzig Minuten ziellos umher, um
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