Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
der Fotografie – ein Mann mit weißem Haar und einem gewinnenden Lächeln, die Augen von einer Fliegerbrille bedeckt, ein Mann, den sie auf Mitte bis Ende sechzig schätzte.
»Das ist Mac.« Cole ging zu ihr hinüber. »Dons Schwiegervater. Der Kerl, der die Firma gegründet hat. Er weilt leider nicht mehr unter uns.«
»Und der?« Daniels zeigte auf den vierten Mann.
»Ein ehemaliger Armeekumpel von mir. Er war mal einer unserer freiberuflichen Lehrer.«
Daniels drehte sich um und sah ihn an. »War mal?«
»Er hat uns vor ungefähr einem Monat verlassen.« Coles Gesicht wurde ernst, als er ihre Anspannung bemerkte. »Er hat doch wohl nichts angestellt, oder?«
73
Es war nach fünf, später als erwartet, als sie wieder in der Zentrale ankamen. Bright und Naylor warteten beide auf Neuigkeiten, waren bereit, mit dem kompletten Team der Mordkommission an den Fall heranzugehen und mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen, falls nötig. Die Stimmung im Raum ließ aufrichtige Hoffnung und Erwartung spüren: Carmichael, Brown, Robson, Maxwell, alle erpicht darauf, das Ihre zu tun.
»Keine Jo Soulsby?«, fragte Daniels, wobei sie sich umsah.
»In der Damentoilette.« Carmichaels Blick ging an ihr vorbei. »Oh, wenn man vom Teufel spricht.«
Daniels drehte sich um.
Zu sehen, wie ihre Exfreundin ihren Arbeitsplatz betrat, war immer schon etwas merkwürdig gewesen, und umso mehr in den letzten Monaten, weil sowohl Gormley als auch Bright von ihrer Beziehung wussten. Auch wenn sie jetzt nur noch Kollegen waren, fühlte Daniels doch, wie ihr warm wurde. Sie wartete, bis Jo Soulsby sich gesetzt hatte, und richtete ihre Aufmerksamkeit dann wieder ihrer Aufgabe zu, der hastig arrangierten Besprechung.
Cole hatte vollständig kooperiert, hatte wichtige Hintergrundinformationen über seinen ehemaligen Armeekumpel Jimmy Makepeace geliefert. Makepeace war ein erstklassiger Pilot, der für Spezialeinsätze ausgebildet war und in der Armee Überlebenstechniken gelehrt hatte. Daniels gab sich Mühe herauszustellen, dass er außerdem in das Profil passte, das Jo ihnen gegeben hatte: organisiert, methodisch, jemand, der etwas riskierte …
»… ein guter Mann, aber sehr sprunghaft. Ein bisschen neben der Spur, wie Cole sagt.«
»Das macht ihn dann sehr gefährlich«, sagte Jo.
Robson sagte: »Ich nehme an, das bedeutet, dass wir Cole ausschließen.«
»Wir schließen niemanden aus«, korrigierte ihn Daniels, obwohl sie nicht wirklich glaubte, dass Cole in einer direkten Verbindung zu dem Mordfall stand. »Aber Jimmy Makepeace hat eine Vorgeschichte mit Finch, und die gibt ihm ein klares Motiv. Die Sache ist …« Sie zögerte, und ihre Augen fanden Jo. »Es ist schon ein paar Jahre her, dass er seine Tochter durch Meningitis verloren hat. Meiner Ansicht nach ist es zu lange her, um hier von Rache zu sprechen.«
»Das hätte ich auch gedacht«, sagte Jo. »Aber es liegt nicht ganz jenseits des Möglichen. Die Denkweise eines Kriminellen ist nicht so leicht einzuschätzen.«
»Es war nicht zu lang für Forster«, erinnerte sie Gormley. »Der irre Dreckskerl hat zwanzig Jahre gewartet, um seine Rache zu nehmen.«
Daniels spürte einen Schmerz in der Schulter. Sie sehnte den Tag herbei, an dem sie sich von der Verbindung zu dem bekannten Serienmörder würde befreien können. Aber das würde so schnell nicht passieren. Jonathan Forsters Name und der ihre waren jetzt untrennbar miteinander verbunden, ob ihr das gefiel oder nicht. Jeder, den sie traf, sei es bei der Arbeit oder außerhalb, wollte, dass sie ihm erzählte, wie er wirklich gewesen war.
Abschaum, das war er.
»Forster hatte keine andere Wahl, er musste so lange warten«, sagte Jo. »Er war im Gefängnis, vergesst das nicht. Er hat seine Jahre im Bau damit verbracht, die Rache an seiner Mutter zu planen.«
Naylor sah Jo direkt an, nagelte sie fest. »Ist es möglich, dass ein traumatischer Vorfall, der so weit zurückliegt, hier und jetzt zu Gewalt führen könnte?«
»Ja, aber es muss einen Auslöser geben, etwas Katastrophales, das jemand Gesunden zum Ausrasten bringen kann.«
»Wie zum Beispiel?«
Als Jo anfing zu erklären, sah Daniels Bright an. In der Vergangenheit hatte er sich mit Jo nicht verstanden, ihrem Ruf als außergewöhnlich talentierter Profilerin zum Trotz. Er hatte ihren Job herabgewürdigt, und Daniels freute sich zu sehen, dass Naylor Jo als vollwertiges und wichtiges Mitglied des Teams in seine Pläne einschloss.
Das verhieß Gutes
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