Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
eine Banane, eine Flasche Wasser und die Autoschlüssel auf ihrem Nachttisch, für den Fall eines Nachteinsatzes.
Glücklicherweise hatte es keinen gegeben.
Daniels ging unter die Dusche und durchdachte den Tag, den sie vor sich hatte. Es war nicht überraschend, dass in zu wenig Zeit zu viel zu tun war. Das war die Wirklichkeit, wenn man die leitende Ermittlerin war. Sie würde den Tag damit verbringen, über Prioritäten zu entscheiden, Haus-zu-Haus-Befragungen, Spurensicherung, Presse, Fernsehen, Öffentlichkeitsarbeit, Verbindung mit dem Hauptquartier und Tatortangelegenheiten. Beide Enden der Ermittlung würden kompliziert sein und zeitraubend. Die Durchsuchung der Umgebung von Housesteads und Mansion House bezog Nebengebäude mit ein, schwieriges Gelände und Wald, was wertvolle Ressourcen beanspruchte, finanzielle ebenso wie menschliche.
Lieber Gott, lass sich niemanden krankmelden.
Sie zog sich schnell an, ein Paar schwarze Hosen und eine Seidenbluse, bei der der oberste Knopf offen blieb. Sie trocknete ihr Haar, band es zusammen und legte ein wenig Make-up auf. Ein letzter Blick in den Spiegel, und sie war zu allem bereit.
Das Landhaus von High Shaw war in frühen Morgennebel gehüllt. Ohne anzuklopfen, öffnete sie die Tür der mobilen Einsatzzentrale und stand dem Polizeibeamten Kevin Hook gegenüber. Er war um die dreißig, mit einem tollen Körper, von dem eine Menge zu sehen war. Er hatte sich an zwei Stellen beim Rasieren geschnitten, war nur halb bekleidet und hielt einen dampfenden Becher Kaffee in der Hand.
»Zu früh für Sie, Constable, oder?«
»Ein bisschen …« Hook streckte die Hand aus. »Mein Name ist Kevin, Ma’am.«
Daniels nahm die Begrüßung an. »Ich werde nicht zu heftig schütteln, Kevin. Dieses Handtuch beunruhigt mich. Ist sonst schon jemand hier?«
»Nur DS Gormley …« Hook grinste. »Ich dachte, Sie wollten gestern hier übernachten, Ma’am? Zumindest hatte man mir das erzählt.«
»Ich war spät dran, als ich aus Yorkshire zurückkam.«
Sie drehten sich beide um, als sie hörten, wie sich ein Fahrzeug näherte. Sekunden später kroch ein rostiger Ford Fiesta die Einfahrt hinauf. Der Wagen war zum Platzen voll, und die Federn waren bis zum Anschlag beansprucht, DS Robson und Carmichael saßen vorn, DS Brown und Maxwell hinten. Alle stiegen aus und stürmten in das Cottage, Daniels folgte ihnen.
Das Team begann auszupacken, was sie mitgebracht hatten, all das übliche Zubehör, das sie brauchten, um eine Mordermittlung effizient durchzuführen. Die Dokumentation bestand aus: Aktionsformularen, Spurensicherungsformularen, Überstundenanträgen, Haus-zu-Haus-Fragebogen, mehreren Karten der Gegend. Und es gab noch andere essenzielle Dinge: Kaffee, Kartons voller Frischmilch, Schokoladenkekse und, am allerwichtigsten, Zitronenkuchen, den Carmichaels Tante gebacken hatte.
Jemand kochte rasch Tee. Sie kamen alle zur morgendlichen Einsatzbesprechung zusammen und hörten genau zu, als Daniels sie auf den neuesten Stand brachte: dass Adam Finch die Leiche nicht positiv identifiziert hatte, die Drohnachricht, die er vom Handy seiner Tochter aus erhalten hatte, die Tatsache, dass sie in ihrem Fall wieder ganz am Anfang angekommen waren.
»Arme Sau!«, sagte Gormley. »Finch muss am Verrücktwerden sein.«
»Das ist er, und der Chef ist auch nicht gerade glücklich.« Daniels sah auf die Fallwand, wo ihr Blick das Foto des unidentifizierten Mädchens fand. »Finch und er kennen sich anscheinend schon lange.«
»Es hätte schlimmer sein können …« Carmichael loggte sich in ihren Computer ein und tippte » VERMISSTE PERSONEN « ein, während sie sprach. »Das tote Mädchen hätte doch wirklich seine Tochter sein können. Aber so oder so macht er Schreckliches durch.«
»Bright will, dass wir parallel in beiden Fällen ermitteln.« Daniels’ Bemerkung sorgte für skeptische und besorgte Gesichter in der Runde. »Ich weiß, das wird hart, aber wir haben keine Wahl. Der Chef will unser bestes Team, und das seid nun mal ihr.«
Sie fing Robsons Blick auf. Sich dessen bewusst, dass seine Zukunft am seidenen Faden hing, ließ er den Kopf hängen. Bei ihrem letzten Mordfall war seine Loyalität Daniels und dem Team gegenüber fraglich gewesen. Er hatte zugegeben, Assistant Chief Constable Martin Informationen zugeschanzt zu haben, einem dienstälteren Beamten, der selbst Informationen zum Mord an einem unschuldigen Menschen zurückgehalten hatte.
Martin hatte inzwischen
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