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Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Titel: Ich will vergelten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Hannah
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Wichser waren, an die sie gerade gedacht hatte.
    »Oh, Mist! Tut mir echt leid. Ich bestelle Ihnen einen neuen.«
    Er winkte höflich ab, bestellte einen weiteren Drink und bat sie, sich einladen zu lassen. Sie hielt ihr volles Glas hoch und schüttelte den Kopf.
    »Sie sind also ein Spätstudierender?«, sagte Carmichael.
    »Dozent, um genau zu sein.«
    »Do…zent?« Carmichael fühlte sich entschieden merkwürdig. »Wofür?«
    »Anthropologie.« Der Mann hielt ihr die Hand hin. »Steve Curtis, schön, Sie kennenzulernen.«
    »Da geht es um Menschen, oder?«
    »Sozusagen.« Der Mann grinste. »Sind Sie neu hier? Ich glaube nicht, dass ich Sie schon einmal gesehen habe.«
    »Hatte mich in Bristol beworben und habe es nicht geschafft …« Carmichael hörte auf zu reden, wollte, dass er ihre Hand losließ und verschwand. Ihre Lippen fühlten sich gummiartig an. Sie hatte kaum Speichel im Mund, ihre Zunge klebte am Gaumen, und ihre Worte kamen völlig falsch heraus. Jetzt saßen plötzlich zwei Steves neben ihr, und sie konnte sich nicht mehr an ihr Script erinnern. »Habe meine Freunde verpasst … Familie und so … hab also angerufen … hab meinen Kurs sausen lassen … und hier bin ich.«
    »Was studieren Sie?
    »Ollen Kram.«
    Carmichael fühlte sich klamm. Schwindelig. Sie murmelte irgendeine lächerlich komplizierte Entschuldigung und ließ ihren neuen Bekannten beleidigt und mitten in der Unterhaltung an der Bar zurück. Sie bahnte sich den Weg durch die tanzende Menge zur Damentoilette, wo sie mehrere Studentinnen traf und Fetzen von Klatsch über jemanden auffing, der Steve hieß. Sie spitzte die Ohren, als sie bemerkte, dass es sich um denselben Mann handeln könnte, mit dem sie gesprochen hatte. Eines der tratschenden Mädchen war in einer noch schlimmeren Verfassung als sie. Sehr, sehr betrunken. Bryony nannten die anderen sie, eine dünne Blonde, die erfolglos versuchte, ihren knallroten Lippenstift neu aufzutragen, während sie die anderen fragte, was sie tun sollte.
    Carmichael gab sich große Mühe, sich auf das Mädchen zu konzentrieren, doch je mehr sie sie anstarrte, desto undeutlicher wurde sie. Sie drängte sich näher heran und stieß aus Versehen an den Arm der Dicken, die links neben Bryony stand, und bekam einen Schwall Beleidigungen ab.
    »Hey! Pass auf, was du tust, Kotzbrocken. Ich war zuerst hier!«
    Einen Augenblick lang dachte Carmichael daran, sie herauszufordern, aber sie glaubte nicht, dass sie in ihrer momentanen Verfassung auch nur die geringste Chance hatte. Dann kamen ihr Naylors Worte zu Bewusstsein. »Lassen Sie sich in nichts verwickeln als das, weshalb Sie dort sind. Und halten Sie Kontakt zu Ihrer Verstärkung.«
    Andy! Mist!
    Carmichael zog sich zurück, entschuldigte sich und ging zum Waschbecken. Sie goss den Wodka weg und trank stattdessen ein großes Glas Wasser. Sie stellte das Glas ab, drehte den Hahn auf und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Die Person, die sie aus dem Spiegel ansah, kam ihr nicht im Geringsten bekannt vor. Sie hatte eingesunkene Gesichtszüge, geweitete Pupillen, und ihr Haar klebte am Kopf, als ob sie im Regen gestanden hätte.
    »Was ist los mit dir?«, fragte ein dunkler Schatten. »Bist du drauf?«
    Carmichael winkte ihn – sie – weg. Sie sah wieder in den Spiegel. Obwohl sie sich gewaschen hatte, standen wieder Schweißperlen auf ihrer Stirn.
    Der Schatten verdoppelte seine Größe.
    Eine gedämpfte Stimme.
    »Mein Gott! Hast du Aids oder so was?«
    Noch eine Stimme. »Kümmer dich nicht um das dreckige Flittchen, Bry. Die ist so hinüber, dass sie dich nicht mal sehen kann, geschweige denn hören. Komm, lass uns gehen.«
    Der dunkle Schatten verschwand und nahm die merkwürdige Stimme mit. Carmichael musste hier raus und unternahm eine heldenhafte Anstrengung, ihm durch die Tür hinaus zu folgen. Es war beinahe Mitternacht, als sie auf die Tanzfläche stolperte. Die Band gab ihr Bestes auf der Bühne, ein Stück, das sich anhörte wie Wal- und Delfinlaute aus Naturfilmen im Fernsehen – merkwürdige, lange Rufe von irgendwo tief unter dem Meer.
    Carmichael erkämpfte sich ihren Weg zu einem bestimmten Tisch. Ihre Verstärkung saß nicht mehr dort. War es dieser Tisch? Oder der hier? Herrgott!
    Sie riss die Augen mit Gewalt weiter auf und schaute sich um, konnte aber nicht richtig scharf sehen. Der ganze Raum begann sich um sie herum zu drehen, erst langsam, dann schneller und schneller, und die farbige Kleidung der Tänzer mischte

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