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Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Titel: Ich will vergelten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Hannah
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Handfeger und Schaufel zusammenzukehren. Das letzte Mal, als sie in diesem Raum gewesen war, hatte Stella noch gelebt. Gerade noch. Er hatte es nicht mehr ausgehalten und sie um Hilfe gebeten. Die Wohnung war damals ein absolutes Chaos gewesen, genau wie jetzt: unaufgeräumt und durcheinander, Geschirr hoch aufgetürmt im Spülbecken; leere Flaschen fürs Recycling warteten auf Bänken darauf, hinausgestellt zu werden; unbezahlte – in manchen Fällen ungeöffnete – Rechnungen lagen auf der Arbeitsplatte; ein Kühlschrank mit anscheinend wenig Inhalt.
    Um Gottes willen! Und das ist der Chef der Kriminalpolizei!
    Bright stand auf. Er leerte die Schaufel mit den Glasscherben in den Mülleimer, holte dann ein weiteres Glas aus dem Regal und drehte den Wasserhahn auf. Er ließ das Wasser laufen, bis es kalt war, dann füllte er das Glas und gab es ihr. Daniels konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er abermals um Hilfe bitten würde. Nur ging es diesmal nicht darum, das Haus zu putzen oder ihn dabei zu beraten, wie er seine kranke Frau pflegen sollte.
    »Ich weiß, du warst am Unfallort, Chef.« Ohne den Blick von ihm zu lassen, setzte sie sich an den Küchentisch. Sie stellte ihr Glas auf der schmutzigen Platte ab und schob einen Berg Zeitungen der letzten Woche beiseite. »Leugnen hat keinen Sinn. Ich habe den Bericht gesehen.«
    Brights rechtes Auge begann zu zucken. Er nahm einen Schluck von seinem Bier und setzte sich. Er legte den Kopf zwischen beide Hände, Ellbogen auf den Tisch gestützt, und fing an, seine Schläfen zu massieren – eindeutig ein Mann unter großem Druck. Ob selbstverschuldet oder nicht, konnte Daniels nicht beurteilen. Aber dieses Mal würde er keine Mitleidsbekundung bekommen. Dieses Mal nicht.
    »Und mach nicht auf bemitleidenswert, damit kommst du diesmal nicht durch!«
    »Du würdest es nicht verstehen, wenn ich es dir erzählen würde«, sagte er trotzig.
    »Stimmt, das würde ich nicht. Du hast für ihn ins Röhrchen geblasen, oder?«

48
    Es war nicht gerade Daniels’ schönstes Erlebnis, ihren Boss weinen zu sehen. Die Dämme waren endlich gebrochen, und seine Trauer und sein Schmerz flossen heraus. Sie hatte gewusst, dass es früher oder später geschehen musste – zum rechten Zeitpunkt –, ausgelöst von der Erinnerung an die Frau eines anderen Mannes, die in einer kalten Winternacht verblutet war. Beth Finch war mit den Beinen unter dem Motorblock des Mercedes eingeklemmt worden und hatte aufgrund des Aufpralls auf den Baum einen Milzriss erlitten. Eine unglückliche Fügung des Schicksals, dachte Daniels, an einer Verletzung eines nicht lebenswichtigen Organs zu sterben, wenn prompte medizinische Hilfe ihr beinahe mit Sicherheit das Leben gerettet hätte.
    Dummer Zufall war eine Untertreibung.
    Daniels hatte Bright in schlimmer Verfassung zurückgelassen, wobei er weder zugegeben noch geleugnet hatte, für Adam Finch ins Röhrchen geblasen zu haben. Er war nicht so dumm, dass er sie beruflich kompromittieren würde, aber sie war sich ganz sicher, dass Straftaten begangen worden waren: ein Vergehen wegen Behinderung der Justiz für ihn, eines wegen gefährlicher Fahrweise mit Todesfolge für Adam Finch, der so gut wie sicher ins Gefängnis gegangen wäre, wenn er betrunken am Steuer seines Wagens angetroffen worden wäre, unabhängig von der Beteiligung Dritter.
    Gormley wusste das auch.
    Er schlief nicht – tat nur so –, als sie wieder ins Auto stieg. Eine Millisekunde lang öffnete er ein Auge und schloss es dann wieder, als er ihr finsteres Gesicht sah. Er konnte das gut, wusste instinktiv, wann er reden sollte und wann nicht. Und er hatte bereits vor langer Zeit gelernt, keine Fragen zu stellen, deren Antworten er nicht hören wollte. Es wäre gut gewesen, wenn sie diese Lektion auch gelernt hätte und wenn sie ihre große Klappe gehalten hätte, anstatt da reinzustürmen, alle Waffen im Anschlag, auf der Suche nach einem Kampf, den sie dann auch bekommen hatte.
    Und jetzt?
    Jetzt wusste sie etwas, das sie anzeigen sollte, und das bereitete ihr großes Unbehagen. Bright hatte aus den richtigen Gründen das Falsche getan, hatte aus Loyalität einem Mann gegenüber gehandelt, der ihm mal das Leben gerettet hatte, als sie zusammen beim Militär gewesen waren. Er hatte in dieser Nacht in einem Sekundenbruchteil entschieden, hatte einen Fehler begangen, der ihn jetzt, beinahe zwei Jahrzehnte später, auf dem Höhepunkt seiner Karriere wieder einholte.
    Daniels fragte

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