Ich wollte Hosen
wachte über den Schlaf geistig verwirrter alter Leute.
Als ich bei ihr zu Hause ankam, empfing sie mich sehr warmherzig, forderte meine Eltern auf hereinzukommen, bot ihnen Käse und Oliven an und schickte mich mit meinen Cousinen spielen. Nach ungefähr einer halben Stunde kamen meine Eltern, um sich von mir zu verabschieden, weil sie gehen mußten. Es war schon spät am Nachmittag, deshalb sagte meine Tante, wir sollten unseren Schlafanzug anziehen, und sie würde uns inzwischen zum Abendbrot Suppe kochen. Es war Winter, und diese dampfenden und duftenden Gerichte vom Land wärmten besser als hundert Decken. Nicht zuletzt, weil meine Tante jeden Löffel mit irgendeiner immer neuen, stets fesselnden Einzelheit aus den alten, nie endenden Geschichten von »Piddu und Puddu« oder »Chidda und Nuddu« würzte.
Wir gingen zu Bett und schliefen sofort ein. Ich habe nie ein Kind erlebt, das unter Schlaflosigkeit gelitten hätte, und ich weiß noch, daß auch ich, zumindest bis dahin, keine Probleme mit dem Einschlafen hatte.
Am nächsten Morgen war ich das einzige Kind zu Hause, weil meine kleinen Cousinen zur Schule gegangen waren, während ich von dieser drückenden Pflicht freigestellt worden war: Diese Tage waren für mich richtige Ferien. Als ich aufstand, sah ich meine Tante in der Tür stehen, ich frag- te sie, wo sie hingehe, und sie antwortete, sie gehe kurz Gemüse holen bei einer Nachbarin. Sie fügte hinzu, ich brauchte keine Angst zu haben, weil der Onkel zu Hause wäre und bei mir bleibe.
Ich war in der Küche und blieb dort, um zu frühstücken. Ich saß am Tisch und trank mein Glas frische Kuhmilch, als ich hinter mir etwas spürte, ich drehte mich um - er war es. Ich hatte mich bei ihm immer etwas verlegen gefühlt, weil er mit uns Kindern immer auf Distanz blieb und fast nie mit uns redete.
Er sah mich eine Weile an, ohne etwas zu sagen, dann sagte er zu mir: » Ti piacia u latti? Unnè bbonu? Schmeckt dir die Milch? Ist sie nicht gut?«
Ich antwortete mit Ja, trank weiter und war immer noch verlegen.
Dann, ich weiß nicht mehr, wie es sich zutrug, näherte er sich mir, nahm einen Stuhl und setzte sich neben mich. Er hob meinen Rock hoch und führte einen Finger in meine Scheide ein. Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich in diesen Minuten dachte; vielleicht hat Freud recht, wenn er von Verdrängung spricht, denn die Bilder dieses Vorfalls kommen mir verschwommen vor Augen, und die Worte, an die ich mich zu erinnern glaube, dröhnen, als gäbe es in diesem Zimmer ein Echo und die Laute würden ins Riesenhafte gesteigert, so daß ich ihren Sinn nicht begreifen kann. Ich weiß nicht mehr, wie lange das alles dauerte und ob der Onkel in dieser Zeit etwas sagte. Ich weiß aber noch, und daran erinnere ich mich mit absoluter Gewißheit, daß ich nicht zu ihm sagte, er solle damit aufhören, noch daß ich etwas tat, damit er aufhörte.
Dann kam meine Tante, und er sagte zu mir, während er aufstand: » Poi continuammu . Später machen wir weiter.« An diesem Abend kam mein Vater mit meiner Oma, und ich ging fort.
Ich hatte nicht begriffen, was geschehen war. Ich hatte es damals nicht begriffen, während es geschah, und ich begriff es noch lange Zeit nicht.
Das ist nicht verwunderlich: Ich war fast zehn Jahre alt, das ist wahr, aber wer sollte mir erklären, daß das, was man mir getan hatte, böse war? Meine Oma? Sie war erwachsen, alt und außerdem war es nicht ihre Aufgabe. Meine Mutter? Ich habe schon erzählt, wie sie mir die Menstruation erklärte...
Ich war also beinahe vergewaltigt worden, über mir schwebte das Damoklesschwert eines nächsten Versuchs, sobald sich nur die Gelegenheit dazu ergeben würde, und ich wußte das nicht. Und ich dachte auch nicht im entferntesten daran, auch weil er mich nicht bedrohte, noch mir befahl, es für mich zu behalten; also, wenn es nichts war, das man verbergen mußte, war es nichts Böses. Und wenn es nichts war, das man verbergen mußte, dann war es auch nicht wert, daß man es erzählte.
So vergaß ich den Vorfall oder, besser gesagt, glaubte ich, ihn vergessen zu haben, bis ein paar Monate später meine Cousine Rosa anfing, mir von Menstruation und von anderen seltsamen Dingen dieser Art zu erzählen. Sie redete von Küssen, von Berührungen, von Schmusen, also kurz und gut von Sex. Da kam mir die seltsame Episode wieder in den Sinn. Und weil ich merkte, daß es irgendwie zu dem paßte, wovon sie redete, erzählte ich ihr den Vorfall, vielleicht aus dieser
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