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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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noch eine von denen an. Mich ekelte alles an in Dortmund, und ich war froh, daß wir wieder nach Orsingen zurückfuhren. In Orsingen teilte ich dann Inge mit, daß ich mit ihr und Hannes niemals nach Dortmund ziehen würde. Ich habe weiter gesoffen und fand keinen Ausweg aus dem ganzen Mist.
    An einem Mittag lag ich besoffen auf dem Sofa im Aufenthaltsraum, als ein Mann zu mir kam. Er stellte sich mir vor als ein Herr Zander vom Jugendamt. Als er aber merkte, daß ich voll war, sagte er nur: »Das hat heute, glaube ich, keinen Wert, daß ich mit dir rede, ich komme eben morgen noch mal.« Da ich noch ein Bier vor mir stehen hatte, griff ich erst mal nach dem Glas und kümmerte mich gar nicht um den Typ. Am nächsten Tag, als der Mann vom Jugendamt wieder kam, war ich zufällig nüchtern. Es war schon ein älterer Herr, und sehr sympathisch. Aber was nützte mir das, denn er wollte mich in ein Heim nach Tuttlingen stecken, und ich sollte mir das überlegen.
    Ich war fest entschlossen, in kein Heim zu gehen, lieber wollte ich verrecken.
    Am Nachmittag war ich immer noch nüchtern, und ich dachte über alles nach. Ich war total verzweifelt. Meine Geschwister waren weg, meine Eltern ebenfalls, man hatte mich ein ganzes Leben lang belogen und betrogen, und in ein Heim wollte ich nicht. Ich war regelrecht fertig mit den Nerven und mit der Welt. So entschloß ich mich, mich umzubringen, denn das war die beste Lösung, die am geeignetsten war.
    Nur die Methode mußte ich mir überlegen und auf die kam ich schnell. Ich wollte mich mit Tabletten umbringen. Da ich ja sowieso immer besoffen war, würde es keinem auffallen, wenn ich auf dem Sofa liegen und abkratzen würde.
    Ich besorgte mir drei Röhrchen, und als es Abend war, holte ich mir an der Theke einen halben Liter Bier und setzte mich im Aufenthaltsraum auf das Sofa.
    Als ich das erste Röhrchen geöffnet hatte, zögerte ich einen Moment. Aber es war die beste Lösung so, was soll ich auf dieser verdammten Welt, dachte ich. Ich nahm die ersten Pillen in den Mund und spülte sie mit Bier runter. Ich hatte alle schnell unten, es waren ja nur fünfundsiebzig Stück, aber die würden langen. Die Verpackungen schmiß ich hinter das Sofa, so daß sie niemand sehen konnte. Zum Schluß trank ich noch einen kräftigen Schluck Bier und legte mich aufs Sofa.
    Nun war ich bereit zu sterben, und mir war auch alles egal.
    Ich wurde müde und fühlte mich erleichtert und irgendwie frei von Sorgen und Kummer. Dann verlor ich das Bewußtsein.
    Ich schlug die Augen auf, und das allein war eine Anstrengung. Mir schien die Sonne ins Gesicht und ich dachte ich bin im Himmel. Als ich aber dann Inges Gesicht über mir sah, und als sie noch anfing zu sprechen, wußte ich, daß ich nicht im Himmel war. Ich schloß sofort die Augen und schlief auch gleich wieder ein.
    Ich hatte es also nicht geschafft, wie konnte das nur möglich sein? Die nächsten paar Tage war ich unansprechbar, denn ich lief nur wie im Traum herum und schlief auch noch sehr viel.
    Das waren die Nachwirkungen der Tabletten.
    Inge erzählte mir dann ein paar Tage später, als ich wieder auf der Höhe war, wie sie gemerkt hatten, daß ich Tabletten genommen habe. Sie sei zu mir gekommen, um mich zu wecken, da ich auf dem Sofa schlief. Als ich auf ihre Rufe nicht reagierte, versuchte sie mich wachzurütteln. Dabei merkte sie, daß ich nach Medikamenten roch, und als sie dann meinen Atem kontrollierte und ich fast nicht nach Alkohol stank, wußte sie, was los war. Im Gasthaus vorne saß der Sanitäter, der unser Stammgast war, und sie holte ihn. Der stellte fest, daß ich nicht besoffen war, sondern mit Tabletten vollgepumpt. Er holte aus dem Auto seinen Sanitätskoffer, den er immer bei sich hatte, und versorgte mich. Ich soll gekotzt haben wie ein Reiher, und der Sanitäter hat mir noch eine Spritze gegeben. Die waren alle erstaunt, was für eine Menge Tabletten ich in mir gehabt habe, sagte Inge noch. Wenn sie mich nicht hätte wecken wollen, wäre ich auch bestimmt gestorben. Leider hatte es nicht geklappt.
    Als ich wieder voll auf der Höhe war, kam auch der Mann vom Jugendamt wieder und er meinte, daß ich meine Entscheidung ja nun gefällt haben müßte. Ich war bereit, mir das Heim anzusehen, und dann erst meine Entscheidung zu treffen. Wir fuhren nach Tuttlingen und schauten uns den Laden an. Ich war ganz überrascht, daß die Kinder dort nicht in Uniformen rumliefen, sondern normale Kleider anhatten, so wie ich. Denn in

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