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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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in das Kinderheim. Daniela winkte noch, und ich winkte zurück. Am liebsten wäre ich dem Wagen nachgelaufen, aber das Heim nahm ja nur Kinder auf und keine Jugendlichen wie mich, und deshalb sollte ich bei Inge bleiben.
    Als der Wagen außer Sicht war, rannte ich in den Aufenthaltsraum, warf mich auf das Sofa und weinte, weinte, weinte. Ich weiß nicht wie lange ich geweint hatte, aber es muß schon eine ganze Weile gewesen sein. Als ich aufstand, fühlte ich mich beschissen. Innerlich war ich total aufgewühlt. In meinem Hirn waren nur noch meine Geschwister, und ich hätte am liebsten in diesem Moment meinen Vater sowohl wie meine Mutter erschossen, wenn ich eine Pistole gehabt hätte.
    An diesem Abend war ich stinkbesoffen, und je mehr Alkohol ich intus hatte, desto besser fühlte ich mich und ließ sich die ganze Scheiße ertragen.
    Stinkbesoffen schlief ich an diesem Tag ein, und ich glaube, neben mir hätten Kanonen abgefeuert werden können und ich wäre nicht aufgewacht. Am nächsten Morgen hatte ich Kopfschmerzen, und die ganze Scheiße, die passiert war, kam mir gleich wieder ins Bewußtsein. Als erstes nahm ich zwei Pillen gegen meine Kopfschmerzen. Als ich dann mal einen Blick auf die Uhr warf, stellte ich fest, daß ich den ganzen Morgen über geschlafen hatte.
    Dann half ich ein wenig im Geschäft. Ich hatte keine Lust zum Arbeiten und machte nur das Notwendigste. Gegen Nachmittag rief ich dann Oma an und erzählte ihr alles, was passiert war. Ich hatte sie schon ein paarmal angerufen, seit Mutti weg war, denn sie bat mich darum, damit sie, und wahrscheinlich auch Pappa, auf dem laufenden blieb.
    Am Abend fing ich dann wieder an zu trinken, und ich war auch an diesem Tag wieder besoffen.
    Fast jeden Tag flatterten Rechnungen ins Haus. Vom Bierlieferant und vom Metzger kamen riesige Rechnungen, Mutti hatte nicht eine einzige davon bezahlt in den letzten Monaten. Es waren einige Tausend Mark, die da zusammen-kamen, und ich fragte mich, wo Mutti denn das Geld gelassen hatte, das wir das ganze letzte Jahr über verdient hatten.
    An einem schönen Tag stand schließlich der Gerichtsvollzieher im Haus und pfändete alles, was er in die Finger bekam. An jeder Maschine hing ein Pfandsiegel, der sogenannte Kuckuck. Als der Gerichtsvollzieher fertig war, sagte ich zu ihm: »Im Keller sind noch ein paar Kohlen, auf die sie noch keinen Kuckuck geklebt haben.« »Junge, werd bloß nicht frech, ich mach doch auch nur meinen Job.« Das klang fast wie eine Entschuldigung, und ich ließ den Gerichtsvollzieher seiner Wege gehen.
    In den folgenden Tagen war ich nur noch besoffen. Schon am frühen Morgen hing ich an der Flasche, und als ich erfuhr, daß ich mit Inge nach Dortmund ziehen sollte, war ich schon am Morgen voll.
    Dann rief eines Mittags Mutti an, und ich nahm den Hörer, den mir Inge hinstreckte. »Ja, ich bin’s, Fritz.« »Na, du Säufer und Raucher«, sprach mich Mutti an. »Ich habe immer gedacht, du bist halbwegs vernünftig, aber da habe ich mich ja geirrt.
    Du säufst rum, arbeitest nicht mehr und rauchst wie ein Schlot.
    Man kann sich auf dich nicht verlassen, und wenn ich dich mal in die Finger kriege, dann kriegst du eine Abreibung, daß es nur so kracht. Für mich bist du ab jetzt gestorben, du hast jetzt keine Mutti mehr.« Das war zuviel für mich und ich schrie ins Telefon: »Ich habe noch nie eine Mutter gehabt, und du bist auch nicht gerade ein Engel!« Danach schmiß ich den Hörer auf die Gabel und trank gleich einen Jägermeister.
    Eines schönen Nachmittags rief mich Sonja an, da ich ja nicht mehr in die Schule ging, das hatte ja auch keinen Wert, wenn man immer besoffen ist, und da machte ich mit ihr einfach Schluß. Ich hatte zu dieser Zeit keine Gefühle mehr in mir, da ich sie immer mit Alkohol abtötete, und die, die ich noch hatte, waren ja sowieso nicht gut. Denn ich haßte meine Mutter und meinen Vater so wie Inge und Hannes, ich haßte alle außer meine Geschwister, denn alle waren für mich Lügner, Betrüger und Gegner.
    Ich sprach an diesem Tag nur ein paar Worte mit Sonja, und diese waren knallhart. Ich hatte also einfach mit ihr Schluß gemacht, als wenn sie mir gar nichts bedeutete.
    Dann fuhren Inge, Hannes und ich irgendwann nach Dortmund, denn sie wollten mir meine neue Heimat zeigen.
    Dort oben in Dortmund gefiel es mir überhaupt nicht. Die Leute waren mir alle fremd. In der Nähe von Hannes Wohnung standen die Nutten rum, und als ich mal vorbeiging, quatschte mich auch

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