Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
Vom Netzwerk:
Spritze in den Arsch. Dann wurde ich auf eine Tragbahre gelegt und in den OP-Saal gefahren. Dort lag ich dann auf einem Tisch, den Arm festgeschnallt, und die Ärzte sind durch die Gegend gerannt.
    Ich bekam immer mehr Angst, und als die Krankenschwester mit einer riesigen Spritze kam, hätte ich am liebsten geschrien und wäre weggelaufen. Ich fragte die Krankenschwester, ob die Operation weh tut. Sie sagte zwar nein, aber das glaubte ich ihr nicht. Sie stach mir darauf die Spritze in den Arm und den Stich spürte ich kaum. Kurz darauf spürte ich dann gar nichts mehr, denn das war ja eine Betäubungsspritze.
    Ich wachte erst wieder in meinem Bett auf und nicht auf dem OP-Tisch. Ich war zwar noch sehr benommen, aber als mich die Krankenschwester fragte, ob es schlimm ist, sagte ich nein.
    Ich schlief dann noch den ganzen Tag und die Nacht vor mich hin und am nächsten Morgen betrachtete ich erst mal meinen Verband. Schmerzen hatte ich fast keine und so interessierte mich, was unter dem Verband wohl sein könnte. Die Krankenschwester und die Ärzte kamen zur Visite und nahmen den Verband ab. Es war zwar nicht viel zu sehen, aber das Desinfektionsmittel, das der Arzt draufgeschüttet hatte, war eiskalt und ich bin richtig erschrocken. Fast zwei Wochen kam der Arzt jeden Tag zur Visite und eines Tages nahm er mir dann die Klammern weg, die die Wunde zusammenhielten. Ich mußte noch drei Tage dableiben, dann wurde ich entlassen.
    Mutti holte mich vom Krankenhaus ab und sprach noch eine Weile mit der Oberschwester, die für mich sowieso eine doofe Ziege war.
    Zu Hause wurde ich dann freundlich begrüßt von Pappa.
    Ich ging wieder zur Schule und es war alles bestens in Ordnung. Meine heimlichen Gehversuche machte ich dann trotzdem weiter. Ich hatte keinerlei Schmerzen und konnte bald darauf richtig laufen, wenn man die paar Schritte richtig laufen nennen kann. Eines Morgens dann stellte ich den Apparat ganz in die Ecke, denn ich konnte mittlerweile schon ganz gut laufen. Ich ging in die Küche zu Mutti und zeigte ihr stolz, daß ich ohne Apparat laufen kann. Sie sah mich erstaunt an und nach einer längeren Diskussion mit ihr sah sie ein, daß es das Beste war, was ich gemacht habe. So machte ich dann jeden Tag meine Gehübungen und nach einer Weile ging ich ohne Apparat zur Schule. Ich konnte also wieder richtig laufen.
    Pappa war ganz begeistert und mir schien, er freute sich mehr als ich. Den Apparat verstaute Pappa im Keller, so wie alles andere, was von meiner Krankheit übrig war. Den Arzt besuchte ich nicht mehr, da ich keinerlei Schmerzen oder sonstige Beschwerden hatte. Ja, das Laufen machte mir immer mehr Spaß, und ich konnte nicht genug davon kriegen.
    Das war das glückliche Ende meiner Krankheit.
    Da ich nun ja nicht mehr krank war, kam eine ganze Menge Arbeit auf mich zu. Pappa arbeitete nach wie vor in dem Aluminiumwerk und kam immer später nach Hause, weil er den Alkohol sehr schätzte. Wenn er nach Hause kam, war er meistens betrunken oder zumindest stark angeheitert. Mutti wechselte die Arbeitsstelle und arbeitete als Bedienung von vierzehn Uhr bis in die Nacht. Da kann man sich vorstellen, was auf mich zukam.
    Am Morgen ging ich zur Schule, und gleich nach der Schule nach Hause. Zu Hause machte ich dann meine Hausaufgaben und übte meistens noch eine halbe Stunde für die nächsten Klassenarbeiten. Da Mutti bis in die Nacht arbeitete, schlief sie fast den ganzen Morgen und so blieb die Hausarbeit liegen.
    Nach den Hausaufgaben ging ich dann an die Hausarbeit, da es mir von Pappa und Mutti aufgetragen wurde. Mutti half selbstverständlich bei der Hausarbeit. Ich wusch meistens das Geschirr ab und machte die Küche sauber, dann Staub wischen und Staubsaugen, und wenn ich noch Zeit hatte, durfte ich noch irgend eine andere Arbeit verrichten. Um halb vier mußten wir dann alle ins Bett, da Mutti ja arbeiten ging. Mutti machte den Rolladen herunter, das Licht aus und schloß uns ins Zimmer ein. Dann ging sie arbeiten, und wir durften den Rolladen nicht hochziehen und auch nicht spielen. Wenn mal jemand aufs Klo mußte, so mußte er auf einem Eimer, den sie uns reinstellte, sein Geschäft verrichten.
    Für uns war das wie eine Strafe, obwohl es für Mutti und Pappa keine Strafe war. Das diente nur zu dem Zweck, daß wir keine Dummheiten machen konnten. Andere Kinder durften draußen bei schönem Wetter spielen, und wir mußten im Bett liegen. Meiner kleinen Schwester machte das nicht viel aus, denn sie

Weitere Kostenlose Bücher