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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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hatte die Tür nur angelehnt, was auch keiner bemerkte.
    Pappa hatte heute seine Arbeit gekündigt und er wird morgen schon eine Arbeit annehmen als Möbeltransporter und er wird fast die ganze Woche nicht nach Hause kommen, außer am Wochenende. Er wird in Hotels schlafen und essen, aber trotzdem noch mehr verdienen als im Aluminiumwerk. Das bekam ich alles mit und auch den darauffolgenden Streit.
    Pappa blieb tatsächlich die ganze Woche weg und Mutti hörte auf zu arbeiten. Pappa kam nur am Wochenende nach Hause und da gab es auch immer Streit genug. Erst erzählte Mutti was wir alles angestellt hätten die Woche über, und wir bekamen ab und zu noch eine Sondertracht Prügel, mit Pappas Hosengürtel, die sich gewaschen hat.
    Pappa ging dann meistens fort und als er wiederkam, war er auch fast immer besoffen. Dann bekamen Pappa und Mutti sich meistens in die Haare und es blieb auch nicht aus, daß sie sich gegenseitig geschlagen haben. Sie versuchten die Streitigkeiten gar nicht mehr heimlich zu machen, sondern direkt vor uns.
    Wir bekamen fast jede Szene mit und jedesmal machte ich mir vor lauter Angst bald in die Hosen. Das spielte sich meistens am Wochenende ab, unter der Woche war Ruhe, bis auf die einzelnen Abreibungen, die wir ab und zu von Mutti verabreicht bekamen. Obwohl Mutti nicht mehr arbeitete, mußte ich noch genug arbeiten. Zwar hatte ich jetzt mehr Zeit für meine Hausaufgaben, aber zum Spielen hatte ich keine Zeit.
    Denn jedesmal wenn ich anfing zu spielen, wie z. B. ein Puzzle bauen oder sonst irgend etwas, und Mutti sah es, trug sie mir gleich eine neue Arbeit auf. Mutti war fast jeden Tag launisch und griesgrämig, was ich zwar verstand, aber nicht gerade für gut hielt, daß sie ihre Launen an uns ausließ.
    Es war Montag und Schulferien.
    Am frühen Morgen klingelte es an der Tür und ich fragte mich, wer das wohl sein konnte. Mutti war schon aufgestanden und angezogen, was mich sehr wunderte, also mußte sie den Besuch erwartet haben. Pappa war am Sonntagabend um zehn Uhr ja schon weggefahren, in Richtung Halim, der konnte es also nicht sein.
    Als Mutti öffnete, stand ein Mann in der Tür und behauptete er sei von der Möbeltransportfirma Neukern und er müsse hier die Faltkartons abgeben für den Umzug am nächsten Tag. Ich war ganz überrascht, als ich feststellte, daß wir umziehen werden, denn es war das erstemal, daß ich etwas davon hörte.
    Pappa hatte auch nichts verlauten lassen, und so kam mir die Sache spanisch vor, irgendein Haken mußte da dran sein.
    Ich erfuhr es auch ein paar Minuten später, als der Mann wieder weg war. Mutti hatte den Umzug heimlich organisiert und Pappa wußte gar nichts davon und dabei erfuhr ich auch, daß sie schon lange geschieden waren und nicht mehr verheiratet. Da sie das Sorgerecht für uns hat, hat Pappa überhaupt nichts zu bestimmen, meinte sie. Ich dachte mir nur in dem Moment, daß das ein riesiges Theater gibt, wenn Pappa nach Hause kommt und eine leere Wohnung vorfindet. Mutti fing daraufhin gleich an zu packen. Sie faltete die großen Kisten zusammen, und legte alles hinein, Kleider, Geschirr und alles, was so in den Schränken war. Es war eine beachtliche Menge Kram, denn wir brauchten eine ganze Weile dazu, und als wir fertig waren, standen im Hausflur die ganzen Kisten und man hatte kaum noch richtig Platz überhaupt im Flur zu laufen.
    Mutti erklärte mir noch so nebenbei, warum sie auszog aus der Wohnung. Wir ziehen nur einen Kilometer weiter in eine Vierzimmerwohnung, die vom Sozialamt bezahlt wird. Pappa wird nicht mehr bei uns wohnen und er wird auch nicht in die Wohnung kommen, da sie ihn nicht reinläßt. Sie bekommt Geld vom Sozialamt zum Leben und sie wird allezeit Ruhe vor Pappa haben. Wenn er wieder kommen sollte, wird sie die Polizei anrufen und ihn ins Gefängnis bringen lassen. Sie wußte nicht, daß sie sich da gewaltig irrte, bei dem was sie da vorhatte, genausowenig wie ich.
    Am nächsten Morgen stand auch schon der Möbelwagen vor der Haustüre. Vier starke Männer bauten die ganzen Möbelstücke auseinander und trugen alles in den großen Möbelwagen. Es war eine ganze Menge Zeug, denn als die Leute fertig waren, waren der Möbelwagen und der Anhänger voll beladen.
    Wir fuhren also die paar Häuserblocks nach vorne, und ich war ganz überrascht, als Mutti die Wohnungstür zu unserer neuen Wohnung aufschloß. Die Wohnung war geräumig, groß und hatte allerhand Extras. Es waren zwei Kinderzimmer, ein großes

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