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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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schlief ja noch genug, und wenn sie aufwachte, beschäftigte sie sich sowieso alleine.
    Da man um vier Uhr mittags noch nicht schlafen konnte, unterhielten wir uns halt immer. Wir erzählten uns Witze und Geschichten und wer weiß was noch alles. Das wurde natürlich mit der Zeit langweilig und so ließen wir uns andere Sachen einfallen. Ab und zu zogen wir den Rolladen einen Spalt breit hoch und spielten mit Autos, machten eine Kissenschlacht oder sonst irgend etwas, was uns gerade einfiel.
    Das mußte Mutti irgendwie mitbekommen haben, und wir drei Brüder bekamen eine Abreibung. Das war uns natürlich eine Lehre, denn so ein Hosengürtel tut schon gewaltig weh.
    So lagen wir des Abends wieder im Zimmer und erzählten uns irgend etwas. Natürlich ging das nicht lange und so fingen wir wieder an, etwas anderes zu tun, obwohl wir wußten, daß wir Schläge bekommen, wenn Mutti das herausbekommt. Sie bekam es auch heraus, da sie die Ritze im Rolladen sah, den wir vergessen hatten wieder herunterzumachen.
    Diesmal gab es eine gewaltige Abreibung. Uwe schlug sie fast gar nicht, aber Ralf und mich dafür umsomehr. Erst mit Kochlöffeln, und als die abgebrochen waren, mit der Hand, dabei muß ich irgendwie an ihr Gesicht gekommen sein ohne daß ich es wollte. Sie dachte natürlich gleich, daß ich sie schlagen wolle, und so bekam ich dann noch mit dem Hosengürtel. Sie schlug drauf, wo sie treffen konnte. Ralf und ich hatten dann am ganzen Körper blaue Flecken, und sämtliche Knochen taten uns weh.
    Mann, wenn ich vor nichts Angst gehabt hätte, aber vor Schlägen hatte ich immer Angst, denn das tut verdammt weh, wenn man hinhalten muß und dann auf einen eingedroschen wird. Erstens waren es starke Schmerzen, und zweitens konnte man vor den Schmerzen nicht davonlaufen. Wir bekamen noch öfters Prügel, weil wir nicht im Bett geblieben sind. Aber welcher normale Mensch kann ab vier Uhr abends, oder besser gesagt nachmittags, im Bett liegen und schlafen?
    Mutti fing dann an, ganztags zu arbeiten, also von morgens um zehn Uhr bis mittags um drei Uhr und von vier Uhr bis in die Nacht. Ich mußte nun das meiste an Arbeit machen, was mir natürlich nicht gerade gefiel. Des Mittags kam ich von der Schule, wärmte das Mittagessen für meine Geschwister und mich auf, danach machte ich die Hausarbeit, und wenn Mutti schnell nach Hause kam, gab sie mir dann meistens das Abendessen in die Hand, das sie aus der Stadt mitgebracht hatte. Um vier mußten wir trotzdem schon wieder im Bett sein.
    Meine Hausaufgaben konnte ich nicht immer machen und so mußte ich zwischen den Pausen in der Schule abschreiben. Für mich war das ein ganz schöner Streß und manchmal wußte ich nicht, wo mir der Kopf steht. Mitten in der Nacht hörte ich oft Pappa und Mutti miteinander streiten, und einmal hörte ich sogar Pappa weinen, da die Türen nur angelehnt waren. Mutti dachte sowieso, wir schlafen, da sie ja immer in die Zimmer schaute, wenn sie von der Arbeit kam. Da wir im Bett lagen und alles still war, mußten für sie ja alle schlafen, was aber nicht zutraf. Da war ab und zu ganz schön die Hölle los im Wohnzimmer, wenn sich Mutti und Pappa stritten. Ich hatte immer Angst, daß Mutti sich eventuell wieder was antun würde, oder daß Pappa sie vielleicht mal totschlägt, ich hatte halt meistens dieselben Gedanken.
    Wenn man dann Mutti am nächsten Tag sah, war sie immer niedergeschlagen und grätig, was ich natürlich dann verstand.
    Einmal sah ich auch, wie Pappa Mutter geschlagen hat. Er war total betrunken, und ich stand hinter der Tür und sah die ganze Szene durch den Türspalt.
    Mein Herz fing ganz heftig an zu schlagen und ich hatte wahnsinnige Angst. Trotzdem war ich zu feige, irgendetwas zu tun, was Mutti helfen könnte. Anstatt hinter der Tür vorzutreten und etwas zu sagen, blieb ich da stehen, wo ich war, und machte überhaupt nichts. Später ging ich wieder ins Bett und die Szene spielte sich noch ein paarmal vor meinen Augen ab, bis ich einschlief.
    Am nächsten Morgen ging Mutti nicht zur Arbeit, was ich auch verstand, denn sie muß ja ziemlich fertig mit den Nerven gewesen sein. Pappa ging trotzdem zur Arbeit als wenn nichts geschehen wäre.
    Am Abend kam dann Pappa wieder angetrunken von der Arbeit. Ich sagte keinem, daß ich die ganze Szene vom gestrigen Abend gesehen hatte, denn es brauchte ja niemand zu wissen. Wir mußten an dem Abend gleich ins Bett, aber ich hörte trotzdem jedes Wort, das Mutti und Pappa sprachen, denn ich

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