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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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und das, was dann noch darin war, war wirklich erbärmlich. Es waren keine schönen Gläser mehr drinnen, und nur noch das alte Inventar, das die Brauerei gestellt hatte. Ich war froh, daß wir das VFB-Heim aufgaben, denn das bedeutete für mich weniger Arbeit. Im geheimen habe ich sogar Luftsprünge gemacht. Dieser Scheißladen ist mir sowieso auf die Nerven gegangen und immer die doofen Gespräche vom Fußball, da ich ja Fußball nicht ausstehen kann. Das ist für mich viel zu primitiv, und daß sich die Leute nach jedem Spiel streiten mußten, ging mir auch immer auf die Nerven. Also habe ich Gott gedankt, daß er den Mistladen bankrott gehen lassen hat. Auch der weite Weg hatte mir gestunken, jeden Tag fast acht Kilometer laufen und dann sich noch dumm und dämlich schuften und man hatte nicht mal etwas davon.
    Mutti blieb nun wieder zu Hause, das war für uns zwar nicht besonders erfreulich, da wir nicht mehr alles machen konnten, was wir durften, aber wir waren trotzdem froh, denn sie nahm uns immerhin ein wenig Arbeit ab. Zwar bekamen wir nun öfters mal eine Rüge und manchmal auch eine Tracht Prügel mit der Reitgerte, wenn wir etwas angestellt hatten, was in Muttis Augen schlimm war, aber trotzdem war es besser, denn ich hatte jetzt auch ab und zu Zeit, mal etwas zu machen z.B.
    mit einem Freund draußen rumstrolchen oder meine Laubsägearbeiten, die ich angefangen hatte, denn das war zu der Zeit mein eigentliches Hobby.
    Aber trotzdem gab es noch einen Haufen Ärger zu Hause und das schon nach drei Wochen. Pappa kam an einem Samstagabend stinkbesoffen nach Hause. Mutti und Pappa fingen gleich an zu streiten, und diesmal ziemlich extrem, denn Pappa gab Mutti ein paar gewaltige Ohrfeigen, und das, weil sie gesagt hatte: »Du bist ein richtiges versoffenes Schwein.
    Das ganze Geld versäufst du und kümmerst dich nicht einmal um die Familie.« Da Pappa schon angesoffen war, fuhr er halt gleich aus der Haut und das war dann nicht gerade die Art eines Gentleman. Danach, als er Mutti geohrfeigt hatte, zog er seine Jacke wieder an und ging noch einmal weg. Ungefähr zwei Stunden später kam er wieder, zog seine Jacke aus und warf sich bei mir im Zimmer aufs Bett.
    Mutti saß die ganze Zeit auf dem Sofa und stierte vor sich hm. Ich hatte so ein ungutes Gefühl, als wenn heute noch etwas passieren würde. Jaja, ein bis zwei Stunden später stand Mutti auf und ging ins Badezimmer. Sie blieb fast eine halbe Stunde im Badezimmer und dann kam sie wieder zu uns in die Wohnstube. Sie war ganz komisch verändert, ich wußte aber nicht was es war. Sie legte sich längs auf das Sofa im Wohnzimmer und fing ganz komisch an zu sprechen, als wenn sie berauscht wäre. Ich fragte sie, ob sie etwas hätte oder ob ihr schlecht ist, aber die Antworten waren jedesmal nein. Dann stieg in mir eine böse Vorahnung auf und ich fragte sie spontan: »Hast du Tabletten genommen?« Sie schaute mich aus großen Augen an und sagte dann: »Ja.« »Soll ich einen Krankenwagen anrufen, Mutti?« »Nein, ich will sterben, das ist das Beste was mir noch passieren kann.«
    Ich bekam eine mordsmäßige Angst und wußte nicht, was ich machen sollte, und ich fing krampfhaft an zu überlegen. Dann faßte ich einen Entschluß. Ich ging in den Flur zum Telephon, wir hatten ja jetzt schon eine ganze Weile eins, und rief den Notruf an. Am anderen Ende meldete sich eine Männerstimme und ich sagte: »Wir brauchen schnell einen Krankenwagen, meine Mutter hat Tabletten genommen, sie will sich umbringen. Bitte kommen Sie schnell.« »Ja, gib mir mal eure Adresse und den Familiennamen, damit ich einen Krankenwagen schicken kann.« »Ja, Mertens, im Adlerring 8.«
    »Ist in Ordnung, wir kommen so schnell wie möglich.« Ich legte den Hörer auf und überlegte nun, ob ich Pappa wecken sollte. Dann ging ich ins Kinderzimmer und rüttelte Pappa wach. »Du Pappa steh auf, Mutti hat Tabletten genommen und will sich umbringen.« Pappa war erstaunlich schnell wach, und sprang von meinem Bett. Er ging ins Wohnzimmer und schaute auf Mutti nieder.
    Die Tabletten schienen noch nicht richtig zu wirken, denn Mutti war noch bei vollem Bewußtsein und setzte sich auf.
    Pappa und Mutti fingen gleich wieder an zu streiten, und Pappa gebrauchte gegenüber Mutti ein paar Ausdrücke, die nicht gerade vornehm waren.
    Dann klingelte es an der Türe, und die beiden verstummten wie auf Kommando. »Das ist der Krankenwagen, den ich angerufen habe«, sagte ich und wollte schon zur Türe

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