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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Bonbuch, damit man später die Abrechnung ohne weitere Schwierigkeiten machen konnte.
     
    Am Mittag rief ich Sonja an und erzählte ihr die Geschichte mit der neuen Bedienung. Dann schlug ich ihr vor, daß sie jetzt ab und zu mit mir spazieren gehen könnte, wir brauchten ja nur eine Stunde mehr auf den Stundenplan schreiben und es unseren Eltern erklären. Sie fand die Idee toll, und ich ebenfalls.
    Schon am nächsten Tag mußte ich Mutti eine traurige Nachricht überbringen. Wir hatten noch eine Englischstunde dazubekommen, und so habe ich einmal in der Woche bis um ein Uhr Schule. Ich schimpfte nebenher noch ein wenig auf die Schule und Mutti auch. Sie sagte nur noch: »Da kann man nichts machen. Dann hast du eben eine Stunde mehr auf dem Stundenplan.« Ich freute mich über meine dazugelogene Stunde. Sonja mußte es genauso gemacht haben, denn als ich sie am Nachmittag anrief, sagte sie nur: »Das mit der Extrastunde ist klar. Meine Mutter hat sich sogar gefreut, daß wir mehr an die Kandare genommen werden von der Schule aus.« Ich mußte lachen darüber, und dann erzählte ich ihr, wie ich es meiner Mutter beigebracht hatte. Zum Abschluß lachten wir uns fast kaputt am Telefon. Unsere Extrastunde nützten wir immer voll aus mit Knutschen, Spazierengehen und weiß-Gott-was-alles noch. Mutti kam nicht dahinter und Ralf, der zur selben Schule ging, fiel auch nichts auf, und das fand ich gut.
    Einmal dachte ich nur: Wenn Mutti dahinter kommt, dann gibt es eine Katastrophe und ich hätte bestimmt keinen einzigen heilen Knochen im Leib. Das Risiko ging ich aber trotzdem ein, das war mir diese eine Stunde wert.
    Sieglinde machte ihre Arbeit gut, und als wir mal miteinander sprachen, da wir gerade Zeit hatten, erzählte sie mir von sich so ein paar Sachen. Daß sie zwanzig Jahre alt sei, keinen Freund hätte, eine eigene möblierte Wohnung gemietet hat und einen Käfer fährt, was ich schon längst wußte. Das interessierte mich zwar alles nicht, aber ich hörte trotzdem zu.
     
    Sie war ein ganz nettes Mädchen, mit ihrem braunen Lockenkopf, und sie sprach nicht einmal den ekelhaften Bauerndialekt dieser Gegend.
    Ich wollte sie aber nicht gerne als Freundin haben, so wie Sonja, das wäre mir bestimmt nicht gut bekommen. Erstens war sie zwanzig Jahre, also schon mal sechs Jahre älter als ich, und mit vierzehn bin ich für sie zu jung. Wenn ich jetzt schon achtzehn oder zumindest siebzehn gewesen wäre, wäre das ja was anderes. Dann könnte sie ruhig sechs oder auch zehn Jahre älter sein, das wäre dann egal, aber wie schon gesagt, war ich damals noch zu jung. Zweitens hab ich eine Abneigung gegen dick aufgetragenen Lippenstift, und Sieglinde schmierte das Zeug drauf, als wenn sie sterben müßte, wenn sie es mal nicht draufmacht. Und drittens war mir Sieglinde nicht ganz geheuer, denn aus irgendeinem Gefühl traute ich ihr nicht über den Weg.
    Ab und zu schaute mich Sieglinde ganz komisch an, als wenn sie in mich verliebt ist, und ich ahnte nichts Gutes. Sie war in mich verliebt, denn öfter ließ sie ein paar Bemerkungen fallen, an denen man das merkte, so z. B.: »Dich tät ich auch als Freund noch nehmen.« So Bemerkungen kamen öfters und immer, wenn sie an mir vorbeiging und obwohl genug Platz war, streifte sie mich irgendwie.
    Was sollte ich dazu sagen. Ich ging ihr aus dem Weg, so daß sie es nicht merkte, aber ich brachte es nicht fertig, ihr zu sagen, daß aus uns nichts werden würde, und ich das auch nicht will.
    Aber irgendwann schien sie doch zu merken, daß da nichts läuft, und sie ließ die Bemerkungen und ihre zufälligen Berührungen, die mir mittlerweile echt auf den Keks gegangen sind. Wir warfen uns deswegen aber keine Knüppel zwischen die Beine bei der Arbeit, sondern wir arbeiteten genauso zusammen wie früher. Ich erzählte Sonja von Sieglinde, und Sonja schien sogar eifersüchtig zu sein, was mich amüsierte.
    Aber als ich ihr dann erklärte, daß da überhaupt nichts läuft und auch nie etwas laufen würde mit Sieglinde, war der Fall auch für sie erledigt, und wir lachten über die ganze Geschichte, dabei war die Sache gar nicht so lächerlich. Mit Sonja kam ich immer noch gut aus, und die Extrastunde, die wir uns genommen hatten, tat uns gut und sie trug auch viel dazu bei, daß wir uns besser verstehen lernten.
    Zu Hause lief sonst alles klar. Keiner wußte, daß ich eine Freundin hatte, nur Ralf ahnte es, aber er wußte es nicht genau und hatte auch keinerlei Beweise dafür. Pappa

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