Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
Vom Netzwerk:
nebenbei, als er an der Theke stand: »Warum kommst du nicht zur Schule? Frau Riegelsberger glaubt schon lange nicht mehr dran, daß du krank bist.« »Das geht dich doch einen Scheißdreck an, und außerdem werde ich bald wieder zur Schule kommen, da ich fast wieder gesund bin.« »Aber wenn du arbeiten kannst, kannst du doch auch zur Schule kommen.
    Schule ist doch einfacher als arbeiten.« »Ist doch egal, auf jeden Fall komme ich bald wieder zur Schule.« »Dann mußt du aber bald kommen und ein gutes Attest mitbringen, denn ich habe gehört, wie Frau Riegelsberger sagte, daß sie bald das Jugendamt einschalten will.« »Das kann sie von mir aus, denn ich war ja öfter beim Arzt und ich bring schon ein Attest mit für die dumme Ziege.« Am Abend erzählte ich dann Mutti die ganze Geschichte und die sagte nur: »Das werde ich schon schaffen, ich habe genug Freunde, die mir da helfen können.
    Darum brauchst du dich nicht zu kümmern, schau lieber, daß du deine Arbeit richtig machst.« Da Mutti unter den Stammgästen auch einen Freund hatte, also besser gesagt eine Art Kumpel, der Sanitäter beim Krankenhaus Stockach war, und der wiederum eine ganze Menge Ärzte als Freunde, kam sie auch ohne weiteres an ein gutes Attest, das ihr dieser Sanitäter besorgte.
     
    Dann kam der Tag, an dem ich wieder zur Schule sollte. Ich hatte Sonja schon mitgeteilt, per Telefon, daß ich an dem und dem Tag wieder zur Schule kommen würde. Sie hatte sich darüber riesig gefreut und mich gleich darüber aufgeklärt, daß ich eine gute Entschuldigung für Frau Riegelsberger mitbringen müsse, da es sonst einen Haufen Ärger gebe, denn einer soll mich beim Arbeiten gesehen haben und das vor der Klasse Frau Riegelsberger gesagt haben, und natürlich will die ganze Klasse jetzt wissen, was die Alte anstellt, wenn ich da wieder auftauche.
    Auf einmal hatte ich ein ganz komisches Gefühl, ja, ich glaube sogar eine Art Angst, wieder in die Schule zu gehen.
    Ganz einfach, ich hatte Angst, daß sie mich bloßstellen würde vor der Klasse.
    Dann kam der verfluchte Tag, an dem ich wieder in die Schule mußte. Erst wollte ich wieder in die Schule und jetzt hatte ich Angst davor, in die Höhle des Löwen zu gehen. Das Attest hatte ich in der Tasche und nur der Gedanke daran, daß damit nichts schiefgehen kann, beruhigte mich ein wenig.
    Schon an der Bushaltestelle redete ich mit meinen Schulkameraden über meine Krankheit, aber jeder wußte mittlerweile, daß ich nicht krank war. Dann zeigte ich denen noch das Attest, und sie wurden schon unsicher. Naja sagte ich mir, durch die Situation wirst du auch kommen, du hast ja schon ganz andere Sachen gemeistert.
    Als der Schulbus dann vor der Schule hielt und ich ausstieg, sah ich auch gleich Sonja, und ich wußte, daß wenigstens eine zu mir hielt. Sonja zwinkerte mir zu und sagte ganz leise: »So schlimm wird es nicht werden, also Kopf hoch und so schnell wie möglich durch die Scheiße durch.« Für diesen Zuspruch hätte ich ihr am liebsten gleich einen Kuß auf ihre schönen weichen Lippen gegeben, denn dieser Satz baute mich auf, und ich war bereit, durch jede Scheiße hindurchzurennen, egal was auch passieren sollte.
    Dann klingelte es schon zur ersten Stunde, und als ich ins Klassenzimmer kam, schauten mich alle an, als wenn ich gerade mit einem Ufo gelandet wäre. Das war mir aber scheißegal. Ich setzte mich an meinen Platz hinter Sonja, der immer noch frei war für mich. Das Geflüster unter meinen Klassenkameraden fing an, aber ich kümmerte mich nicht darum. Jetzt mußte normalerweise gleich Frau Riegelsberger ins Klassenzimmer kommen. Bei dem Gedanken bekam ich wieder so ein komisches Angstgefühl in mir, und ich wußte nicht, was ich nun machen sollte. Ich zog das Attest aus der Tasche und legte es vor mich auf den Tisch. Dann ging die Tür des Klassenzimmers auf und die alte Eule, so wie wir sie immer nannten, also die Frau Riegelsberger, marschierte ins Klassenzimmer. Alles stand auf und jeder rasselte das monoton klingende »Guten Morgen, Frau Riegelsberger« herunter und setzte sich dann auch wieder auf seine fünf Buchstaben.
    Dann stellte die Eule fest, daß ich auch im Klassenzimmer anwesend war und sprach mich an: »Na, Fritz, auch wieder im Lande? Habt ihr jetzt den Laden zu, daß du wieder gesund bist?« Ich gab ihr keine Antwort, sondern stand auf und ging mit dem Attest zum Lehrerpult vor. Meine Schulkameraden waren alle darauf gespannt, was nun passieren würde. Ich legte

Weitere Kostenlose Bücher