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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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ihr das Attest hin und sagte fest entschlossen zu ihr: »Hier ist ein Attest, damit Sie sehen, daß ich wirklich krank war. Das Ding da können Sie ohne weiteres nachprüfen. So und jetzt machen Sie von mir aus, was Sie wollen, die ganze Geschichte geht mich nichts mehr an, da ich Ihnen ja das Attest gegeben habe.« »Das Ding werde ich auf jeden Fall nachprüfen lassen, denn ich habe ganz andere Sachen gehört.« »Dann müssen andere über mich besser Bescheid wissen als ich selber.« In der Klasse hörte man ein leises Lachen und Frau Riegelsberger merkte, daß das Lachen nicht mir galt, sondern ihr selber. Dann drehte ich mich auf dem Absatz rum und ging an meinen Platz zurück. Als ich auf dem Weg zu meinem Platz bei Sonja vorbeikam, zwinkerte sie mir mit einem Auge zu, und das sollte soviel heißen, daß ich die Situation gut gemeistert hatte.
    Während der Unterrichtsstunde nahm mich Frau Riegelsberger oft dran, und da ich ja so lange gefehlt hatte, wußte ich natürlich fast überhaupt nichts. Das schien sie maßlos zu freuen und mich ärgerte es natürlich. Ich war froh, als die Stunden bei der alten Eule rum waren und wir einen anderen Lehrer bekamen. Der andere Lehrer schien sich gar nicht um mich zu kümmern, es sah so aus, als wenn es meine Abwesenheit gar nicht gegeben hätte, und das fand ich gut so.
    Sonja beglückwünschte mich in der Pause noch, daß ich die Situation so gut gemeistert hatte, denn nur sie wußte natürlich, daß ich gar nicht krank war. Der Schultag war dann endlich rum und ich sollte ja normalerweise gleich mit dem Schulbus nach Hause fahren, um dort im Geschäft zu helfen. Das tat ich aber nicht. Ich verpaßte extra den Schulbus und ging dann mit Sonja in Nenzingen spazieren, was mir und auch ihr sehr gefiel. Ich dachte mir schon eine Ausrede aus, was ich Mutti sagen könnte, warum ich erst so spät nach Hause kam. Ich tat einfach sagen, ich mußte noch ins Rektorat, um das Attest beim Rektor abzugeben. Das dauerte dann ein wenig länger, da ich auf den Rektor noch warten mußte, und als ich dann fertig war und zum Bus gehen wollte, war der Bus schon abgefahren.
    Das klang glaubwürdig und genau das würde ich zu Mutti sagen. Mir steht ja auch mal eine Freistunde zu, dachte ich. Ich arbeitete ja genug dafür, wer soll mir das auch verbieten, und wenn ich mir die Stunde erschwindeln muß, weil ich von Pappa oder Mutti sowieso keine Freistunde bekommen würde, fand ich die ganze Sache gar nicht so unrecht. Eine Stunde später stieg ich dann in den Bus und fuhr nach Hause. Bevor ich noch richtig in der Tür war, fragte mich Mutti, wo ich denn gesteckt hätte. Ich sagte dann zu ihr genau das, was ich mir schon ausgedacht hatte, und auch daß das Attest überprüft wird.
    Sie war mit der Antwort zufrieden und ich mußte gleich an die Arbeit gehen. Als ich dann hinter die Theke kam, traf mich fast der Schlag. Da stand eine junge Frau, ganz schwarz gekleidet mit einer weißen Schürze, und zapfte Bier. Es schien als hätten wir jetzt sogar eine Bedienung. Sie stellte sich als Sieglinde bei mir vor und musterte mich von oben bis unten.
    Dann stellte ich mich ihr vor, und da sie schon wußte wer ich war, brauchte ich ihr nicht zu erzählen, daß wir in Zukunft wahrscheinlich zusammenarbeiten würden. Die Kleine sah nicht übel aus und sie hatte eine gute Figur und alles an dem Platz, wo es auch hingehört. Sie erzählte mir dann, was sie für eine Arbeitszeit hatte, und ich war ganz überrascht. Von morgens um neun Uhr bis mittags um zwei Uhr und dann noch mal von fünf Uhr bis sieben, oder wenn es mal später werden sollte bis acht Uhr. Also sie war hauptsächlich zur Stoßzeit, also Mittagessenszeit, da, und das fand ich gut, denn dann brauchte ich mir nicht die Füße wundzulaufen. Mutter kochte morgens das Essen, das ich dann am Mittag anrichten und nur noch der Bedienung hinstellen mußte. Die Bedienung schaffte auf Gehalt und nicht auf Prozente, aber natürlich steckte sie nun das Trinkgeld ein. Aber das war mir egal, denn ich mußte nicht mehr so viel arbeiten, und außerdem gab es ja auch noch Trinkgeld für uns, weil die Sieglinde ja nicht den ganzen Tag bediente, sondern nur die Essenszeit über und die Zeit wo ich nicht da war. Die Bedienung arbeitete nicht auf der Registrierkasse sondern auf dem Bonbuch. Zwar dauerte das länger als auf der Registrierkasse, aber das Bonbuch konnte man dann wegwerfen und niemand würde danach fragen. Und außerdem arbeitete sie nur auf dem

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