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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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seinen Sohn vor, aber mir stellte er sie nicht vor. Dann sagte er zu mir, er wolle ein Bier, und die Frau bestellte einen Asbach-Cola. Sie hatte ein schwarzes Kostüm an und eine weiße Bluse. Sie sah sehr attraktiv aus und ich stellte fest, daß sie schöner war als Mutti, sogar um einiges schöner, denn sie hatte auch keine schlechte Figur, wie ich feststellte.
    Mutti stand hinter der Theke, und wenn Blicke töten könnten, wären Pappa und die Frau sofort tot umgefallen. Ich ging also an die Theke und machte die Getränke für die zwei, dabei fragte mich Mutti: »Was ist das für eine Hure, die er da bei sich hat?« »Ich weiß es nicht, sie scheint doch einen guten Eindruck zu machen.« »Ach halt dein Maul, davon verstehst du nichts, und außerdem mußt du ja schon wieder zu deinem Vater halten«, zischte sie mich an. »Ich halte doch nicht zu Pappa, ich sagte ja nur, daß die Frau einen guten Eindruck macht.«
    Die Frau war im Gegensatz zu Mutti sauber angezogen, denn Mutti rannte immer in ihren ältesten Klamotten rum, obwohl sie eine ganze Menge nagelneuer Kleider und Blusen sowie Röcke in ihrem Schrank hatte.
    Ich nahm das Tablett mit den Getränken in die Hand und wollte es an den Tisch bringen. Aber bevor ich vor der Theke war, hatte Mutti mir das Tablett aus der Hand genommen und sagte: »Die werden jetzt ihr blaues Wunder erleben.« Dann marschierte sie auf Pappas Tisch zu und wenn man sie so sah, konnte man meinen, ein Stier gehe auf die beiden los. Ich wußte schon, daß es jetzt Ärger geben würde, und ich sagte zu Sieglinde, daß sie herkommen soll. »Bleib hier an der Theke, da qualmt es jetzt gleich.« »Ja, warum denn?« »Schau mal, was da vor sich geht.« »Ach du Scheiße«, rief sie leise aus. Mutti leerte Pappas Begleitung gerade den Asbach-Cola über die Bluse und fing an zu kreischen: »Da hast du Hure was zu saufen, und wenn du das Lokal verläßt nimm den Hurenbock da auch gleich mit.« Mit dem Hurenbock meinte sie natürlich Pappa und das ganze Lokal hörte zu. Dann stand Pappa auf und gab Mutti eine schallende Ohrfeige, vor all den Leuten, die im Lokal saßen, und schrie: »Ich hab mit ihr gar nichts gehabt.
    Wir waren bei ihrem Mann zum Vespern, und da sie Langeweile hatte, lud ich sie ein, mit mir hier herunter zu fahren und mal unsere Kneipe anzusehen. Gegen Abend hätte ich sie dann wieder nach Hause gebracht und du wärst mitgefahren, da wir zwei zum Essen eingeladen sind, bei einem Freund von mir. Das Geschäft hätten Sieglinde und Fritz alleine machen können heute abend.« Mutti glaubte ihm nicht und fing gleich wieder an zu kreischen: »Du bist ein elender Lügner, du hast das Miststück auf dem Weg hierher im Wald oder weiß Gott wo gefickt.« Darauf gab Pappa ihr noch eine Ohrfeige. Dann zog sich Mutti langsam zurück und warf mit Schimpfwörtern nur so um sich.
    Pappa schnappte die Frau am Arm und verließ mit ihr das Lokal. Mutti war wie eine Furie. Sie stürmte hoch in die Wohnung und schloß sich im Schlafzimmer ein. Ich hatte so was Seltsames in mir und mir tat Mutti leid. Ich dachte mir noch, hoffentlich tut sie sich nichts an.
    Die Gäste waren natürlich neugierig und fragten Sigi wie auch mich, was da denn los gewesen sei, und wir gaben nur immer zur Antwort: »Ein Mißverständnis.« Als ich einen Augenblick Zeit hatte, ging ich hoch an die Schlafzimmertür und wollte mit Mutti sprechen, damit sie sich nichts antut, und rief: »Mach auf Mutti, das hat doch keinen Wert so!« »Hau ab, und laß mich in Ruhe!« »Mutti, du wirst dir doch nichts antun, oder?« »Ich hab dir gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen.« Ich kam so nicht weiter und fragte deshalb ganz intensiv: »Wenn du jetzt nicht gleich sagst, was du vorhast, ruf ich die Polizei und dazu gleich den Krankenwagen!« Der Satz erforderte zwar meinen ganzen Mut, aber ich hatte Angst um Mutti, denn es wäre ja nicht das erste Mal, daß sie sich etwas antut. Aber ich bekam diesmal eine konkrete Antwort. »Ich pack jetzt meine Klamotten und haue ab.« »Wohin willst du denn?« »Zu meiner Mutter nach Mannheim und dann in die DDR zu meinen Verwandten.« »Was hast du denn davon, und wir sollen hierbleiben oder was?« Darauf bekam ich dann keine Antwort mehr, und ich ging zurück ins Lokal und sagte zu Sieglinde, die mich fragte, was los ist: »Ach Sigi, Mutti ist am Packen, sie will auf und davon.« »Ja und was ist mit euch?« »Keine Ahnung wir bleiben wahrscheinlich hier.« »Das kann sie doch nicht machen.«

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