Ich wollte Liebe und lernte hassen
ein Mädel möchte er auch gerne haben und daß Sonja eine dufte Biene sei, die nicht nur gut aussieht, sondern auch etwas im Kopf hätte.
Dann zog Raphael eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche und machte das Paket auf. »Na, Fritz, willst du auch eine?«
»Ne, das hab ich noch nie gemacht, nur mein Vater raucht bei uns.« »Na komm, nimm schon eine, ich rauche auch noch nicht lange, und du Sonja auch?« Wir nahmen uns halt jeder eine Zigarette aus der Schachtel. Raphael gab jedem Feuer. Junge, Junge, das Zeug schmeckte ja ekelhaft, aber Raphael schien es zu schmecken, denn er machte sogar Lungenzüge. »Mann, ihr müßt den Rauch einatmen«, sagte Raphael und machte es uns vor.
Sonja und ich machten es dann genauso, und wir husteten uns bald die Lunge aus dem Hals. Dann pafften wir wieder bis die Zigarette zu Ende war. Lungenzüge machten wir keine mehr, denn ich glaube, das hätten unsere Lungen nicht durchgehalten.
Mir wars zwar ein bißchen schlecht, und Sonja ebenfalls, aber das war nicht weiter schlimm.
Das war das erste Mal, daß ich eine Zigarette geraucht hatte, und komischerweise war ich sogar stolz drauf, denn ich fühlte mich jetzt erwachsen und redete mir ein, ich sei ein Mann. Zu Hause sagte ich natürlich niemandem etwas davon, und als ich mal alleine war und von Pappa eine Packung Zigaretten fand, die er liegen gelassen hatte, steckte ich mir die Packung ein.
Eines Nachts stand ich dann in meinem Zimmer bei offenem Fenster und versuchte, eine Zigarette zu rauchen. Ich machte sogar ab und zu einen Lungenzug und mußte das Husten unterdrücken. Mir war dann immer ein bißchen schwindlig, aber das fand ich sogar schön, denn es war kein richtiger Schwindel, sondern so ein leichtes Benebeltsein. Ich rauchte nun öfters eine Zigarette und inhalierte fast die ganze Zigarette, ohne daß es mir was ausmachte. Mir wurde weder schlecht und ich mußte auch nicht Husten. Mit der Zigarettenversorgung hatte ich keine Schwierigkeiten, denn ich berichtete Sigi, daß ich ab und zu rauchte. Dann fragte ich sie noch, ob sie mir ab und zu ein paar Zigaretten von sich geben könnte. Das machte sie ohne weiteres und sie schwor mir, daß sie mich nicht verpetzen und das Geheimnis hüten würde wie ihren Augapfel.
Wenn ich nun zu Hause Ärger hatte, zog ich mich meistens irgendwann später in eine Ecke oder sonst irgendwohin zurück und rauchte eine Zigarette. Ich hatte also einen neuen Freund entdeckt, die Zigarette. Manchmal hatte ich auch richtig Lust, eine Zigarette zu rauchen, was ich dann auch tat.
Schon morgens rauchte ich mit Raphael hinter der Kirche, und wenn wir mal in Nenzingen waren, Sonja, ich und Raphael, qualmten wir alle drei wie die Großen. Ab und zu tranken wir auch mal einen Schnaps, den Raphael in einem Flachmann mitgebracht hatte. Wir machten immer das, was verboten war, und gerade das war das Schönste. Mann, wenn das Mutti oder Pappa wüßte, daß ich rauchte und ab und zu auch mal einen oder zwei Schnäpse trank, die wären bestimmt ausgeflippt. Damit niemand etwas merkte, hatte ich immer genug Kaugummi bei mir.
Im Februar war bei uns im Geschäft die Hölle los. Da ein Hoch-und Tiefbauunternehmen in der Gegend Gasleitungen verlegte, kamen die Bauarbeiter alle zu uns zum Essen. Das waren eine ganze Menge Leute, so um die dreißig. Jeden Mittag hatten wir die Bude gerammelt voll und des Abends ebenfalls.
Sieglinde hatte nun ihren Traummann geangelt und kündigte.
Bevor sie ging, hatte sie dann noch mit Mutti Streit, weil sie ihr sagte, sie solle sich mal besser anziehen, denn die alte Kluft, die sie immer anzog, sei abstoßend, und das hätten sogar ein paar Gäste gesagt. Ich war irgendwie traurig, daß uns jetzt Sigi verließ, aber dagegen konnte man ja nichts machen, denn ihr Entschluß stand fest. Mutti machte nun für die Bauarbeiter täglich ein Abo-Essen für fünf Mark. Das war ganz schön billig, denn ein Jägerschnitzel mit Pilzen und Soße sowie Spätzle und Salat kostet ja normalerweise schon fünf Mark in der Herstellung, und da Mutti die Schnitzel ziemlich groß machte, legte sie natürlich noch Geld drauf. Als ihr der Nachbar das sagte, tat sie so, als wenn es sie nichts anginge.
Die Arbeiter kamen immer genau dann, wenn ich gerade fünf Minuten von der Schule zu Hause war. Sie riefen vorher immer an und bestellten gleich die Abo-Essen vor. Dann durfte ich den ganzen Haufen bedienen. Das war immer eine Hektik, und ich war froh, wenn sie nach dem Essen wieder
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