Ich wollte Liebe und lernte hassen
»Man kann viel machen.« Durch das Gespräch kamen mir Tränen in die Augen, und da Sigi das merkte, fing sie an, mich zu trösten.
Mutti hatte sich nun schon über eine Stunde im Schlafzimmer eingeschlossen, und hatte auch kein einziges Mal die Tür geöffnet. Auf einmal stand Pappa wieder vor mir und fragte mich nach Mutti. »Wo ist sie?« »Im Schlafzimmer.« »Und was macht sie da?« »Sie hat sich eingeschlossen und packt gerade ihre Koffer.« »Ja ist die denn nicht ganz sauber im Hirn?«
Dann ging er die Treppe hinauf. Ich hörte, wie er an die Tür klopfte und Mutti beim Vornamen rief. Sie gab ihm auch eine Antwort: »Hau ab, du mieses Schwein, ich will weg von dir und dem ganzen Dreck hier.« Mir fiel auf, daß Pappa gar nicht besoffen war, sondern ziemlich nüchtern. »Mach die Tür auf Brigitte, oder ich schlag sie ein.« »Hau ab, hab ich gesagt, es ist aus, und die Tür mach ich nicht auf.« Ich stand mittlerweile neben Pappa und verfolgte die ganze Geschichte haargenau.
Da die Tür alt war und in der Mitte mit einer Sperrholzplatte, war sie nicht besonders stabil.
Pappa warnte Mutti noch mal und bat sie diesmal ganz höflich, sie möge bitte die Türe aufmachen.
Da Mutti die Türe nicht aufmachte, holte Pappa mit der Faust aus und schlug genau auf die Sperrholzplatte. Die Platte flog aus der Türe. Pappa griff in das große Loch und da der Schlüssel innen noch steckte, hatte er auch die Türe gleich auf.
Mutti stand vor dem großen Schlafzimmerschrank. Vor ihr auf dem Bett lagen zwei große Koffer und darin schon einige Klamotten. »Laß mich in Ruhe und rühr mich nicht an!« schrie Mutti ihm gleich entgegen. »Ja bist du denn von allen guten Geistern verlassen, du dumme Sau, du?« »Halt deine Schnauze. Wir sind geschieden und ich kann machen was ich will, du hast mir gar nichts zu befehlen.« Das wurde Pappa zu dumm, er schnappte einen Koffer und leerte ihn aus, schmiß ihn dann an die Wand und mit dem zweiten Koffer machte er genau dasselbe.
Da wollte Mutti ihm eine Ohrfeige geben. Pappa fing Muttis Hand vor dem Gesicht ab, schnappte sie an den Haaren, gab ihr eine gewaltige Ohrfeige und packte sie an den Armen und schmiß sie aufs Bett. »Hör auf Pappa«, rief ich und er hielt inne. Er schaute uns zwar nicht an und schien sich gar nicht richtig bewußt zu sein, daß wir dastanden, aber er hörte auf, Mutti zu schlagen.
Dann fing er ganz langsam in einem zischenden Ton an mit Mutti zu sprechen. »Wenn du die Kinder unglücklich machst und nur einmal ins Heim steckst, dann schlag ich dich tot.
Haben wir uns verstanden, du kleines mieses Aas?« Mutti schaute ihn nun mit ängstlichen Augen an und fing an zu weinen. Sie gab ihm aber keine Antwort mehr. Dann sagte Pappa noch zu ihr: »Du kannst mich verachten oder sonst etwas mit mir machen, aber es kommt keines von den Kindern ins Heim, darauf kannst du dich verlassen.« Dann drehte sich Pappa um und verließ das Schlafzimmer. Ich wollte mit Mutti reden und da sie mir leid tat, auch mit ihr sprechen, was man gegen Pappa unternehmen könnte, damit so etwas nicht wieder vorkommt.
Als ich sie ansprach, war alles, was ich zur Antwort bekam:
»Hau ab, ich will alleine sein, du hältst ja sowieso zu deinem Vater, du bist ja sein Lieblingskind.« Ich stand auf und ging wieder ins Lokal hinunter. Ich fragte Sieglinde, wo denn Pappa sei. »Der ist von oben runtergestürmt in sein Auto und auf und davon.« Dann fragte sie mich, was denn dort oben losgewesen sei, und ich erzählte ihr die ganze Scheiße. Die Gäste waren natürlich neugierig, aber bekamen alle keine Auskunft, weder von mir noch von Sieglinde. Sigi war wie ein guter Kumpel zu mir, aber sie wußte auch keinen Rat, wie man solche Probleme aus dem Weg schaffen könnte, obwohl sie krampfhaft überlegte, denn ich fragte sie, was man machen könnte, damit sich Mutti und Pappa nicht mehr streiten.
Pappa kam am späten Abend wieder nach Hause, er war stinkbesoffen. Er konnte nicht einmal mehr gerade laufen und er fing auch gleich an zu meckern, daß die Bude nicht sauber sei. Er befahl mir, ihm etwas zu trinken zu holen, und zwar einen doppelten Gedoppten, das ist ein doppelter Asbach mit einem kleinen Schuß Cola.
Ich ging an die Theke und machte ihm den Gedoppten und am liebsten hätte ich ihm eine gewaltige Ladung von den K.o.-
Tropfen, wie ich sie immer nannte, verpaßt. Aber ich tat es nicht, weil es gegen meine Prinzipien war, und ich brachte ihm dann seinen doppelten Gedoppten, so
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