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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Bum, und schon hatte ich eine Ohrfeige. Ich sagte dann nichts mehr zu ihr, sondern ging noch mal zu Pappa. »Sie sagte, sie hat das Geld nicht, und hat mir eine Ohrfeige gegeben, weil sie dachte, ich bezichtige sie des Diebstahls.« Als ich Pappa das sagte, stand auch schon Mutti hinter mir, und ich hörte sie nicht kommen. »Wenn ich dir sage, ich habe das Geld nicht, dann habe ich es auch nicht, nur daß wir uns verstanden haben. Du hast das Geld bestimmt woanders hingelegt und weißt es jetzt bloß nicht mehr. Und dann brauchst du dich nicht bei deinem Vater zu beschweren und sagen, ich hätte dir das Geld geklaut.« »Ich hab das Geld nicht verlegt, ich weiß ganz genau, daß ich es in die Kasse gelegt hatte, und außerdem fehlt die Auszahlungskarte ebenfalls.« Mutti gab nicht zu, daß sie das Geld gestohlen hatte, sie stritt alles ab. Aber Pappa wußte genauso wie ich, daß sie log, und er machte nichts dagegen.
    Wie sollte ich jetzt nur den Ring bezahlen. Ich muß ihn zurückschicken, und dann habe ich kein Geburtstagsgeschenk für Mutti. Ich entschloß mich, den Ring zurückzuschicken an den Versand und Mutti nichts zu schenken, sie hatte ja schon das Geld und das soll sie nun eben behalten und sich selber einen Ring kaufen. Mir wollte es nicht in den Kopf gehen, daß Mutti mich bestahl, sie hätte mich ja fragen können, ob sie das Geld haben könnte, oder es mir sogar wegnehmen, das wäre alles nicht so schlimm gewesen, als wenn sie’s mir heimlich klaut, es dann abstreitet und mir noch eine Ohrfeige verpaßt.
    Ich beschloß dann, auf kurz oder lang, Mutti genauso zu beklauen wie sie mich beklaut hatte. Da ich ja nicht auf der Registrierkasse oder auf dem Bonbuch arbeitete, fiel es nicht auf, wenn ich mal einen Zehner oder Zwanziger aus dem Geldbeutel nahm und ihn in meine Hosentasche steckte. Ich beschloß, mich dafür zu rächen, und das doppelt und dreifach.
    Am Nachmittag kam Mutti zu mir und sagte: »Wenn der Ring kommt, werde ich ihn annehmen und bezahlen, dafür verzichtest du auf dein Taschengeld und gibst mir dein Trinkgeld, bis der Ring abbezahlt ist.« Das war ja das Beste, dachte ich mir, jetzt soll ich den Ring nochmals bezahlen. »Ist in Ordnung, so können wir das machen«, sagte ich und dachte mir gleich hinterher: Wenn du den Ring haben willst, und ich ihn zweifach bezahlen muß, dann bezahlst du ihn zehnfach an mich zurück. Erstens dafür, daß du mir das Geld gestohlen hast, zweitens, weil ich den Ring nochmals bezahlen soll, und drittens, weil das eine gemeine und unverschämte Frechheit ist, was du dir da geleistet hast.
    Gleich am Abend nahm ich auch schon die ersten zwanzig Mark aus dem Geldbeutel und steckte sie mir in die Hose, und ich hatte keinerlei Schuldgefühle dabei, im Gegenteil ich freute mich darüber, daß ich sie nun beschissen hatte, und ich schwor mir, daß es erst der Anfang sei, sie sollte dafür bluten. Ein paar Tage später, als ich aus der Schule kam, zeigte mir Mutti die Rechnung und auch den neuen Ring. Er sah sogar noch besser aus als im Katalog, und es tat mir irgendwie weh, daß mit dem Ring soviel linkes Zeug gedreht wurde und wird. An Muttis Geburtstag wünschte ich ihr nur alles Gute, und für mich war der ganze Mist gelaufen. Von mir aus sollte sie den Ring behalten, sie hatte ihn ja in meinen Augen nicht von mir geschenkt bekommen, sondern ihn gestohlen, und mir lag nichts mehr daran.
    Ein Teil von dem Geld, das ich zusammengestohlen hatte, legte ich auf die Seite, den Großteil gab ich mit Sonja aus. So z. B. schwänzten wir einen ganzen Tag den Unterricht, und ich schrieb mir selber eine Entschuldigung, indem ich sie mit der Schreibmaschine tippte und Muttis Unterschrift fälschte, indem ich sie von einem Lieferschein abpauste. Keiner merkte etwas und Frau Riegelsberger ebenfalls nicht, denn das sah ja alles so echt aus, und Frau Riegelsberger kannte Muttis Unterschrift.
    Sonjas Mutter schrieb ohne weiteres eine Entschuldigung aus, denn Sonja erzählte ihr weiß Gott was und sie glaubte das alles.
    Wenn wir schwänzten gingen wir Kaffeetrinken, Frühstücken oder wir machten sonst etwas, denn das Geld, das ich zusammenklaute, mußte ja ausgegeben werden.
    Wenn das Geschäft gut lief, klaute ich zwanzig Mark, und wenn es weniger gut lief, nur mal fünf oder zehn Mark. Da kam schon eine ganze Menge bei raus, und ich hatte keine Gewissensbisse, denn unsere Parole lautete unter den Schulkameraden, du sollst gleiches mit gleichem vergelten, oder Aug um

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