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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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abschwirrten.
    Die Arbeiter gaben immer ein gutes Trinkgeld, aber das hatten wir uns ja auch reichlich verdient. Denn meine Brüder halfen in der Küche und wuschen das Geschirr ab, und ich machte das Lokal. Aber für fünf Mark war das Essen trotzdem zu billig. Es ging auf Muttis Geburtstag zu und ich schaute im Katalog, was ich ihr denn schenken könnte, und ich entschied mich für einen netten kleinen Ring, der genau sechzig Mark kostete. Ich bestellte den Ring, denn bezahlen konnte ich ihn, da ich mir das Geld mit meinen Trinkgeldern und dem Taschengeld zusammengespart hatte.
    Pappa arbeitete nun nicht mehr im Singener Wienerwald, denn er schloß sich den Arbeitern vom Hoch-und Tiefbau an und verlegte mit denen Gasleitungen.
    Am Abend saßen dann immer eine Horde vom Hoch-und Tiefbau bei uns in der Kneipe und schluckten wie die Buntspechte. Mutti saß immer bei den Typen und sie schien sich prächtig zu amüsieren. Sie saß merkwürdigerweise immer bei demselben Typ, und der hieß Günter, und neben ihr saß ebenfalls immer einer, und der hieß Heinz. Also ganz einfach, sie saß immer nur bei den beiden. Einer der Hoch-und Tiefbauarbeiter hatte sich eine Freundin zugelegt aus Radolfzell, die auch öfters bei uns war. Da sie keine Arbeit hatte, fing sie an, bei uns zu arbeiten. Sie hieß Inge, hatte rote Haare, qualmte wie ein Fabrikschornstein und soff wie ein Loch. Aber sonst schien sie ganz nett zu sein. Der Teufel ist ein Eichhörnchen, und deswegen blieb ich vorsichtig und hatte halt nicht dieselbe Kameradschaft mir ihr wie zuletzt mit Sigi.
    Eines Tages, an einem Freitag, es regnete wie aus Kübeln und Pappa arbeitete deswegen nicht, besser gesagt die ganze Firma nicht, holte ich mir von Mutti die Karte für mein Postsparbuch, damit ich das Geld abholen konnte, denn ich erwartete den bestellten Ring für Muttis Geburtstag. Sie gab mir die Karte und ich ging zur Post und hob das ganze Geld ab, es waren genau siebzig Mark, denn ich mußte ja das Porto mitbezahlen, der Ring kam per Nachnahme. Dann ging ich gleich wieder nach Hause und da wir heute keine Schule hatten, weil unsere Klassenlehrerin krank war, hatte ich meine Arbeit an der Theke schon erledigt.
    Pappa fragte mich, ob ich mit ihm auf die Baustelle gehen wolle, um die Wasserpumpen zu überprüfen und Diesel nachzufüllen, damit die Pumpen nicht ausgehen und die Rinnen für die Gasleitungen nicht ganz unter Wasser stehen.
    Ich sagte zu dem Vorschlag ja, aber ich mußte erst noch mein Sparbuch irgendwo unterbringen. Da ich keine Zeit mehr hatte, weil Pappa drängte, legte ich das Geld samt dem Sparbuch in die Kasse. Das Geld hatte ich ins Sparbuch gelegt und Mutti schaute mir zu, wie ich das Geld in die Kasse legte. Dann ging ich mit Pappa zum Wagen und fuhr mit ihm zur Baustelle. Dort sah es zwar verheerend aus, denn die ganzen Gräben standen unter Wasser, weil zwei Dieselpumpen keinen Sprit mehr hatten. Wir füllten alle Pumpen auf und stellten die zwei, die ausgefallen waren, wieder an.
    Dann fuhren wir wieder nach Hause. Dort mußte ich mich erst mal trockenreiben, da ich vom Regen total durchnäßt war.
    Als ich fertig war, fiel mir mein Sparbuch wieder ein und ich ging ins Lokal und öffnete die Kasse, um das Geld heraus-zuholen und im Zimmer zu verstauen. Als ich das Sparbuch herausholte und es aufklappte, traf mich fast der Schlag.
    Das Geld war weg, und auch die Auszahlungskarte. Das war zuviel und ich ging zu Mutti, da sie die einzige war, die im Hause war und von dem Geld wußte. Ich fragte sie ganz höflich: »Du Mutti, hast du das Geld aus dem Sparbuch in der Kasse genommen?« »Nein, ich hab kein Geld dort rausgenommen.« »Wer soll es denn rausgenommen haben?«
    »Das weiß ich doch nicht.« Ich ging zu Pappa und fragte ihn:
    »Hast du gesehen, wer das Geld aus der Kasse geholt hat, das ich dort hineingelegt hatte, bevor wir zur Baustelle fuhren?«
    »Nein, wir waren ja zusammen auf der Baustelle, und ich hab es auf keinen Fall.« »Das gibts doch nicht, das Geld ist spurlos verschwunden.« »Hast du schon Mutti gefragt? Sie ist ja die einzige, die im Haus war, als wir auf die Baustelle fuhren.« »Ja hab ich schon, aber sie sagt, sie hat das Geld nicht genommen.«
    »Frag sie halt noch mal, vielleicht hat sie dich nicht richtig verstanden oder so was.« »Oh, mach ich.« Ich ging wieder zu Mutti. »Du Mutti, du mußt das Geld aus dem Sparbuch genommen haben, sonst war ja keiner da.« »Was, du behauptest, ich hätte dich bestohlen.«

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