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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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und las, was da stand.
    Bin unterwegs, eine Schlange fangen. Bis balt. Ty x  
    Ich kniete mich neben die Schrift und zog das x nach. Dann wischte ich es weg, um es gleich wieder hinzumalen. Du wirktest überhaupt nicht wie einer, der ein x für einen Kuss in den Sand schreibt. Mein Magen flatterte, doch diesmal nicht vor Angst.
    Ich richtete mich wieder auf. Mir war kalt, ich musste mich bewegen. Ich blickte zum Haus, aber dort wollte ich nicht hin. Noch nicht. Am liebsten wollte ich deine festen Arme um mich spüren. Ich sehnte mich nach deiner Wärme. Ersatzweise schlang ich meine eigenen Arme um den Körper und versuchte, mich warm zu halten. Menschen, überlegte ich, sind wohl wie Insekten, die Hitze zieht sie an. So eine Art Infrarot-Sehnsucht. Mein Blick streifte über die Landschaft, er suchte die Hitze eines menschlichen Körpers. Den Körper eines ganz bestimmten Menschen.
    Ich blinzelte und rieb mir die Augen. Das war doch dämlich. Ich wurde einfach nicht schlau aus mir. Ich wollte bei dir sein, aber zugleich wollte ich es nicht. Das war doch Irrsinn. Ohne richtig darüber nachzudenken, begann ich zu den Felsen zu laufen.
    Bei der Kamelstute hielt ich an. Sie hockte schläfrig auf dem Boden. Ich streckte die Hand nach ihrer Stirn aus und streichelte sie zwischen den Augen. Ihre Wimpern streiften mein Handgelenk. Ich setzte mich neben sie, kuschelte mich an ihr weiches, staubiges Fell und betrachtete das Rosa und Grau des Sonnenaufgangs. Weit entfernt hörte ich, wie ein Schwarm Vögel kreischend zwischen den Separates landete, um dort ein Morgenbad zu nehmen. Ich zog mir die Stiefel aus und tauchte meine Zehen in den Sand. Ich drückte sie fest in die Sandkörner. Ich gab mir Mühe, mich ein bisschen zu entspannen, mich auf das Kamel einzulassen und auf den Morgen. Aber vor allem wollte ich dich finden.
    Barfuß lief ich los. Vorsichtig bahnte ich mir einen Weg durch die stachligen Pflanzen und hüpfte auf dem Weg um die Felsen herum von Stein zu Stein, wo es ging. Da entdeckte ich frische Spuren im Sand. Deine. Ich stellte meinen Fuß in einen von deinen Fußabdrücken; deine Zehen und deine Ferse verschluckten meine komplett.
    Mit den Fingern fuhr ich über die Steinfläche und die Bäume, während ich langsam um eine große, überhängende Felswand herumlief. Ihre Oberfläche veränderte sich, je weiter ich kam, erst war sie glatt, dann wurde sie immer rauer. Ich berührte die geschwungenen Linien, die das Gestein durchzogen; eine Hinterlassenschaft uralter Flüsse. Ein schwarzer Vogel krächzte hoch über mir in einem Baum; ein heiserer Warnschrei in der großen Stille. Vielleicht wollte er seinen Kumpels klarmachen, dass gerade ein trampeliger Mensch durch ihr Revier stolperte.
    Ich lief weiter. Vor mir ragte eine große, gezackte Felsnase aus der hohen Wand, an der ich entlanggegangen war. Ich konnte nicht daran vorbeigucken. Aber ich entdeckte eine Art Pfad, der um sie herumführte: ein paar größere Steine mit glatter Oberfläche, über die ich gut laufen konnte. Ich stützte mich mit dem Arm am Felsen ab, um besseren Halt zu bekommen, und begann dann, Schritt für Schritt über die Steine zu gehen. Sie fühlten sich schön kühl an unter meinen Fußsohlen. Zwischen den Felsen wuchsen ein paar winzige weiße Blumen, die mir wie unordentliche Gänseblümchen vorkamen.
    Als ich beinahe ganz um den gezackten Felsvorsprung herumgeklettert war, hörte ich etwas auf der andern Seite. Eine Art Grunzen, ein Stöhnen. Dann war es wieder still. Das konntest nur du sein. Ich hielt an und klammerte mich an den Felsen. Mein Atem ging auf einmal schneller. Sollte ich ganz herumklettern und mich zeigen? Oder lieber hier warten und lauschen? Ich spitzte angestrengt die Ohren nach dir. Ein schwaches Rascheln von Blättern. Ein unterdrückter Fluch. Dann wieder Stille. Ich umfasste den Felsen und begann mich vorsichtig um ihn herumzuschieben.
    »Gemma?«
    Deine Stimme erschreckte mich so sehr, dass ich beinahe hingefallen wäre. Aber ich hielt mich fest und schaffte es, um die Felsnase zu kommen. Du standst mir direkt gegenüber, mit weit ausgestreckten Armen. Eine Sekunde lang glaubte ich, du hättest so auf mich gewartet, wärst bereit für eine Umarmung, wolltest mich einhüllen wie in der vergangenen Nacht. Die Sonne knallte dir auf die Brust und ließ deine Haut hell erscheinen. Immer noch klebten Reste von Farbe an dir, in deinen Haaren, auf deiner Haut. Am liebsten wäre ich auf dich zugerannt, aber etwas

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