Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
brüchig.
Wir sahen uns an. Mein Gesicht spiegelte sich in deinen Augen.
»Vier Monate, hast du gesagt?«
Du musstest erst deine Gefühle herunterschlucken, bevor du antworten konntest. »Entscheide du. Ich mach jetzt, was du willst.«
»Du hast gesagt, die nächste Stadt wäre Hunderte von Meilen weit weg?«
»Ist sie auch … die nächste Stadt.«
»Also was …?«
»Der Ort, an den ich dich bringen kann, ist eine Siedlung um ein Bergwerk herum; da gibt’s nur Männer und ein tiefes Loch in der Erde. Aber die haben eine Krankenstation und auch eine Flugpiste. Die können dir helfen.«
»Wie weit ist das?«
»Weit.« Du lächeltest mich an, ein trauriges Lächeln. »Aber ich kenne eine Abkürzung.«
Mit gequältem Gesichtsausdruck drehtest du dich von mir weg.
»Würdest du mich wirklich zurückbringen?«, flüsterte ich. Ich stöhnte ein bisschen, weil ich ein scharfes Stechen im Bauch spürte.
Du hast genickt und meine Wange gestreichelt. »Ich mach das Kamel bereit.«
Ich legte die Handflächen auf die glatte, kühle Tischplatte, während ich auf deine Rückkehr wartete. Ich blickte hinüber zu dem leeren Flüssigkeitsbeutel, den du inzwischen abgehängt hattest. Vorhin war ich noch über den Sand gelaufen und hatte dich gesucht. Jetzt starrte ich an die Küchendecke und Gift strömte durch meinen Körper. Meine Augen wollten zufallen. Beinahe hätte ich das zugelassen. Es wäre so leicht, zurückzusinken in den Dunst, der mich immer mehr einzuhüllen drohte. Ich konzentrierte mich auf den Schmerz in meinem Bauch und horchte, wie du draußen nach dem Kamel riefst. Ich hatte keine Ahnung, wie du mich von hier wegbringen wolltest, und wusste auch immer noch nicht, ob du das wirklich tun würdest. Der Raum begann sich leicht zu drehen und Magensäure stieg mir in den Hals. Ich drehte mich zur Seite und erbrach mich. Ich drückte mir die Hand auf die Brust. Ich spürte mein Herz. Buum, ba-buum, ba-buum. Es würde mir noch die Brust sprengen, die Rippen brechen. Ich versuchte langsamer zu atmen. Um das besser hinzukriegen, hätte ich gern gewusst, wo genau mein Herz lag. Links oder rechts? Wir hatten das mal in der Schule gelernt. Ich drückte mir auf der Brust herum, versuchte es irgendwie zu spüren, aber ich hatte das Gefühl, dass mein gesamter Brustkorb aus nichts als Herz bestand. Mein ganzer Körper schlug. Und zwar immer schneller. Als würde ich gleich explodieren.
Ich sah hinüber zu den Schränken, wollte mich auf irgendwas anderes konzentrieren … bloß nicht auf den Tod. Meine Augen blieben an der offenen Schublade hängen. Papierseiten guckten heraus, zerknickt von deinem hektischen Herumgewühle. Ich blinzelte, um das Bild schärfer zu kriegen. Da war auch dieses Foto, das du mir gezeigt hattest. Von dem Mädchen mit ihrem Baby. Es ragte zwischen den Seiten vor.
»Gem?«
Deine Stimme riss mich zurück. Mit vollgepackten Armen kamst du durch die Tür. Du hast alles, was du hieltst, auf den Fußboden fallen lassen; der Lärm hallte in mir wider. Du kamst zu mir, hast sofort erfasst, wohin ich schaute, und das Foto zwischen den Papieren herausgezogen. Ich erhaschte einen letzten Blick darauf, bevor du es in die hintere Tasche deiner Shorts stecktest, sah die langen Haare deiner Mutter und wie klein du gewesen warst.
Du zögertest, bevor du die Schublade wieder zumachtest, und nahmst noch etwas anderes heraus.
»Das hab ich gemacht«, sagtest du schroff. »Für dich.«
Du schobst mir etwas zwischen die Finger. Es war eine grobe Schnitzerei, hergestellt aus einem farbigen, kalten Material … ein Ring, aus einem Edelstein geschnitten, eine echte Gemme. Er war schön. Er funkelte in den verschiedensten Schattierungen von Smaragdgrün und Blutrot auf meiner Haut. Winzige Flecken Gold im Stein fingen das Licht ein. Ich konnte nicht aufhören, den Ring zu betrachten.
»Warum?«, fragte ich.
Darauf sagtest du nichts. Stattdessen berührtest du sacht den Ring und sahst mich scharf an, den Blick voll unausgesprochener Fragen. Dann hast du meine Hand umgedreht und meinen Puls gefühlt, wobei du deine Finger länger als nötig auf meinem Unterarm hast liegen lassen. Deine Haut war schweißnass und mir wurde gleich noch viel heißer als vorher.
»Hör zu«, sagtest du energisch; zumindest deine Stimme hattest du wieder im Griff. »Ich habe einen Plan.«
Ich versuchte mich auf dich zu konzentrieren, aber dein Gesicht war irgendwie wacklig an den Rändern. Du hobst einen Gegenstand
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