Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
stechende Schmerzen verursachte. Und dann waren wir unterwegs. Nachdem sie sich erst einmal in Bewegung gesetzt hatte, schien die Kamelstute das Gewicht auf ihrem Rücken zu vergessen und lief leichtfüßig drauflos. Ich spähte unter dem Handtuch zu dir. In der einen Hand hieltst du einen Führstrick, der am Kamel festgemacht war, in der andern einen langen Stock. Du liefst schnell nebenher, fast im Dauerlauftempo, um mit dem Kamel und seinen großen Schritten mitzuhalten. Schweiß lief dir über die nackte Brust und wusch die letzten Farbreste weg.
»Mach schon, Mädchen, lauf«, riefst du. »Schneller …«
Deine Worte waren fast wie ein Lied; das dumpfe Stampfen der Kamelschritte im Sand schlug den Rhythmus dazu. Die Geräusche verschwammen in mir, wurden leiser, immer leiser …
Ich versuchte die Krämpfe in meinem Magen zu ignorieren und mich auf meinen Atem zu konzentrieren. Das Licht brannte mir in den Augen, machte mich fast blind. Ich zog das Handtuch wieder ein Stück höher. Du hattest mir zwei Wasserflaschen rechts und links neben den Kopf gelegt und ich schmiegte meine Wange an eine, um mich abzukühlen. Aber bald waren die Flaschen genauso warm wie ich. Das Wasser gluckerte laut an meinen Ohren. Mein ganzer Körper schwankte und schmerzte bei jedem Schritt. Auch mein Kopf dröhnte.
Irgendwann hast du das Kamel so langsam gehen lassen, dass du mir etwas in den Mund schieben konntest.
»Kau das«, sagtest du. »Das hilft gegen die Schmerzen.«
Das Zeug war kaugummiweich, aber es schmeckte bitter wie Blätter. Ein erdiger Geruch stieg mir in die Nase. Meine Lippen wurden taub. Ich lauschte auf das Gluckern des Wassers, das Stampfen des Kamels und deinen keuchenden Atem. Irgendwo war auch eine Fliege, die auf der andern Seite vom Handtuch herumsurrte. Die Hitze erdrückte mich; mein Atem ging immer flacher. Ich glaube, ich muss irgendwann eingeschlafen sein.
Ich war wieder zu Hause und lief unsere Straße entlang. Es war ein warmer Frühlingstag. Auf dem Rasen vor dem Nachbarhaus spritzten Kinder in einem Planschbecken herum. Ich lief ums Haus, sprang über den Zaun und ging zum Fenster von meinem Zimmer. Wenn ich auf die richtige Art am Fensterriegel rüttelte, würde es aufgehen. Aber das tat es nicht. Diesmal nicht. Ich drückte immer weiter am Fenster herum, versuchte es mit Gewalt. Ich donnerte meine Faust dagegen. Im Fensterglas entstand ein dünner Riss. Ich nahm die Hand an den Mund, saugte an ihr und suchte nach Splittern. Dann schaute ich durch das Fenster ins Zimmer hinein.
Da war ein Kind in meinem Bett, ein Mädchen. Sie musste etwa zehn Jahre alt sein, hatte kupferbraune Haare und grüne Augen. Sogar mein rosa Hase lag neben ihr. Mit den Fingern zog sie die Bettdecke eng um sich und ihre Augen waren weit geöffnet. Sie starrte mich an. Ich sah, wie sie einen Blick zur Zimmertür warf, wohl um die Entfernung abzuschätzen. Wenn sie rannte, konnte sie es schaffen. Es waren nur fünf Schritte bis zur Tür und noch mal zehn bis zur Küche. Sie streckte die Hand nach dem Haustelefon aus, aber ich wusste schon, was gleich passieren würde. Sie streifte das Wasserglas, das neben ihrem Bett stand, und warf es herunter. Als ihr Mund sich zu einem Schrei öffnete, legte ich einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
»Nein«, formte ich mit deutlichen Bewegungen. »Alles okay. Ich bin’s bloß.«
Das Mädchen hielt mit offenem Mund inne und starrte mich an wie einen Alien. Ich lächelte ihr zu. Dann nahm ich etwas aus meiner Tasche – ein Vogelnest – und legte es für sie auf den Fenstersims.
In diesem Moment wusste ich es. Ich war du und brachte das Vogelnest. Aber ich war auch ich selbst , schaute von innen heraus. Ich war zugleich wir beide.
Wassertropfen standen schwer und drückend auf meiner Stirn, das Handtuch klebte an meiner Haut. Ich zwang mich, die Augen zu öffnen, schob den Arm unter dem Handtuch vor und spürte, wie Wasser auf meine Hand tropfte. Anscheinend träumte ich immer noch. Ich schnappte mir das Handtuch und zog es mir vom Gesicht. Wasser fiel mir auf die Wangen und auf den Mund, kühles, frisches Wasser. Die Tropfen zischten fast, als sie meine Haut berührten. Ich streckte die Zunge heraus und leckte sie auf. Der Himmel über mir war grau und es war nicht mehr so heiß. Ich konnte wieder atmen.
Mein Körper schwankte noch mehr als vorher. Das Kamel war schneller geworden. Ich drehte den Kopf und schrie, als mir ein kurzer Schmerz in den Nacken
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