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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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Leben wäre irgendwie wichtig … nein, das trifft es nicht, ich hatte das Gefühl, dass mein Leben von jemandem wahrgenommen wurde. Ich weiß, das klingt verrückt, aber ich spürte, wie sehr du es mochtest, wenn ich bei dir war. Und das war besser als die Leere in diesem Haus, die mich zu ersticken drohte.
    Du führtest mich durch den Sand. Am Zaun bliebst du stehen und zogst an einer Art Eingang den Maschendraht weg, damit ich hindurchsteigen konnte. Wir gingen still nebeneinanderher, bis wir den Anfang des Pfads erreichten. Dort bliebst du stehen und legtest die Hand auf den Stamm eines Baums, der am Rand der Felsen wuchs. Ich blieb ein Stück von dir entfernt stehen.
    »Hast du Angst?«, fragtest du. »Angst, da reinzugehen?«
    »Hab ich denn Grund dazu?« Ich wich deinem Blick aus. »Was hast du vor?«
    »Nichts, es ist nur …« Rasch schütteltest du den Kopf. »Einer von Dads Viehhütern hat mir mal was erzählt. Er meinte, dass es hier in diesen Felsen Geister gäbe; dass es einen Grund hätte, warum die Felsen hier sind, dass es etwas Besonderes auf sich hätte damit … Er hat gesagt, wenn ich sie nicht respektiere, würden die Felsen in sich zusammenfallen und mich begraben. Hat mir irre Angst eingejagt, dieses Gerede.« Du machtest ein paar Schritte. Dann blicktest du hinauf zu den hoch aufragenden Felsen. »Seitdem begrüße ich die Steine immer erst, bevor ich hineingehe … Ich warte einen Augenblick, damit sie wissen, dass ich hier bin.«
    Du hast die Felsen mit den Fingern berührt und ein wenig Sand abgeschabt. Dann zerriebst du ihn zwischen Daumen und Zeigefinger, um gleich darauf deine Lippe zu berühren. Du warfst einen Blick zurück zu mir, bevor du den Pfad entlanggingst.
    Nach ein paar Sekunden folgte ich dir. Ich hielt deutlichen Abstand. Meine Beine zitterten, was meinen Weg über die Steine etwas wackelig machte. Wieder streckte ich die Handflächen aus, um sie auf die gewaltigen Felswände zu legen, wieder ging ich mit einem Fuß rechts, mit dem andern links von dem Wasserrohr. Das leise Jaulen und Pfeifen des Windes zwischen den Felsen war mir unheimlich. Und ich fand es furchtbar, dass dieser Pfad in die Felsen hinein zugleich der einzige Weg hinaus zu sein schien. Es war, als würde ich in eine Falle tappen.
    Du liefst schnell, und als ich auf der Lichtung ankam, lehntest du schon an einem Baum mit rauer Rinde und schobst etwas Kleines in deiner Hand herum.
    »Wüstenwalnuss«, sagtest du.
    Du hieltst sie mir hin. Sie fühlte sich hart und rau wie ein Stein an und sah auch so aus. Ich tippte mit dem Fingernagel gegen ihre feste Schale.
    »Diese Nüsse reden, wenn man sie heiß macht«, sagtest du. »Sobald ihre Schale im Feuer aufplatzt, sprechen sie mit dir … so heißt es jedenfalls. Als ich zum ersten Mal solche Nüsse im Feuer geröstet habe, dachte ich, es wären die Felsgeister, die mir sagen, dass ich gleich sterben muss.«
    Du lächeltest schief. Dann nahmst du mir die Nuss wieder aus der Hand und stecktest sie in deine Tasche. Im Vorbeigehen schlugst du noch mal gegen die Baumrinde.
    »Turtujarti … gibt dir Süßes, Salz und Nüsse … und auch Unterschlupf. Ist dein Freund hier draußen, wo’s nicht viele Freunde gibt.«
    Du gingst quer über die Lichtung zu den Geflügelkäfigen. Du hast die Klappe am größeren der beiden hochgezogen, eine Handvoll Körner und Beeren hineingeworfen und dich vergewissert, dass die Hühner noch genug Wasser hatten. Die Tiere stürzten sich auf das Futter. Du suchtest nach Eiern und schütteltest den Kopf, als du keine finden konntest.
    »Die sind immer noch nicht ganz bei sich«, murmeltest du. »Noch völlig durcheinander von der langen Fahrt.«
    Du legtest deine Hände um die Hühner und sprachst dabei leise mit ihnen. Ich sah, wie sanft deine Finger an ihren Hälsen entlangtasteten. Ein klein bisschen mehr Druck und du würdest ihnen die Luft nehmen. Du hast die Klappe wieder geschlossen. Ich steckte einen Finger durch das Käfiggitter und streichelte die Federn von einem orangefarbenen Huhn.
    Als Nächstes kümmertest du dich um das Gemüse und schautest nach, ob die Wasserleitung das Beet gut versorgte.
    »Minyirli, Yupuna, Wüstentomate …« Du hast mit den Pflanzen geredet, als wären sie deine Freunde, sie mir mit Namen vorgestellt. Du hast dir ihre Blätter und Früchte betrachtet, um festzustellen, ob sie krank oder von Insekten befallen waren.
    Dann richtetest du dich wieder auf und gingst an der Rohrleitung entlang

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