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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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Hemd, das du im Flughafen angehabt hattest, und hieltst die Arme ausgebreitet. Deine Hände zitterten.
    »Bitte, Gemma«, sagtest du, »bitte … tu’s nicht.«
    Doch ich wandte mich ab und rannte direkt in den Teich. Ich tauchte ins Wasser und glitt hinunter, immer weiter nach unten in die kalte, dunkle Tiefe, meine Haare wirbelten herum und verfingen sich in den Wasserpflanzen.
     
     
    Ein satter Rums ertönte von der Veranda, dann ein regelmäßiges Klopfen oder Schlagen. Ich stieß die Fliegengittertür auf und blieb einen Moment lang stehen, die nackten Füße auf dem Holzboden. Die Morgensonne war an diesem Tag milder als sonst. Ich musste diesmal nicht erst ein paar Sekunden lang darauf warten, dass sich meine Augen an das Licht gewöhnten.
    Du warst links von mir, in einer zerfetzten kurzen Hose und einem dünnen, löchrigen Unterhemd. Ein Sandsack schwang zwischen deinen Fäusten. Er war mir vorher noch nie aufgefallen, anscheinend hattest du ihn jetzt erst aufgehängt. Du standst auf den Zehen, wipptest hin und her und schlugst mit bloßen Fäusten fest auf ihn ein. Direkt vor dem Aufprall spannte sich dein Körper, wurde hart wie die Felsen hinter dir. Deine Muskeln zeichneten sich unter dem Hemd ab, ihre Konturen waren auf der Brust und dem Rücken deutlich zu sehen. An deinem Körper war nichts Weiches, nichts Überflüssiges. Jedes Mal, wenn dein Schlag den Sandsack traf, hast du ein leises Grunzen ausgestoßen. Die Haut an deinen Fingerknöcheln war roh und aufgerissen.
    Ich bin mir sicher, du wusstest nicht, dass ich dir zusah. Dein Gesicht war ausdruckslos, jede Faser deines Körpers war aufs Zuschlagen konzentriert. Ich schauderte bei der Vorstellung, wie es wäre, wenn diese steinharten Fäuste meinen Körper träfen, wie meine Rippen darunter brächen … ich sah dunkel verfärbte Stellen und Prellungen vor mir.
    Du machtest immer weiter, bis dein Hemd dunkel war vor Schweiß. Dann hieltst du den Sandsack an und zogst das Hemd hoch zu deinem Gesicht, um dir die Stirn abzuwischen. Kurz konnte ich deinen Bauch sehen; er war flach und voller Muskeln, die wie Sandkuppen wirkten. Du gingst zu einer Metallstange, die an der Seite der Veranda befestigt war. Mit den Händen umfasstest du sie, zogst dein Kinn nach oben und hast deinen Körper dann langsam wieder nach unten sinken lassen. Dein Bizeps schwoll dabei jedes Mal an und deine Haut spannte sich so stark, dass sie fast zu platzen schien. Du warst der stärkste Mann, den ich je gesehen hatte. Du könntest mich jederzeit umbringen. Eine kleine Bewegung mit diesen Händen genügte, um mich zu erdrosseln, nur ein kleiner Schlag und mein Gehirn würde explodieren. Ich wäre machtlos dagegen. Ein einzelnes stumpfes Messer, versteckt unter einer Matratze, konnte nicht das Geringste gegen dich ausrichten.
     
     
    Später hielt ich das Messer, das ich in der Küche hatte mitgehen lassen, prüfend in den Händen. Ich probierte aus, wie scharf es war, indem ich mir einen Schnitt quer über die Fingerkuppe zufügte. Dabei stellte ich mir vor, deine Kehle aufzuschlitzen. Ein Tropfen Blut fiel auf das Bettlaken. Dann beugte ich mich hinunter zum Bettgestell und schnitt noch ein paar Kerben rein. Ich dachte mir, dass ungefähr sechzehn Tage vergangen sein mussten, aber ich machte noch eine zusätzliche Kerbe, nur für den Fall, dass ich mich geirrt hatte. Siebzehn Tage.
     
     
    Du warst da, als ich aufwachte.
    »Bist du bereit für die Separates?«, fragtest du. »Ich zeig sie dir heute.«
    Ich runzelte die Stirn. »Ich hab sie schon gesehen.«
    Ich drehte mich auf die andere Seite und versuchte, meinen gescheiterten Fluchtversuch zu vergessen. Aber du bewegtest dich so ums Bett herum, dass du mich immer direkt ansehen konntest, egal, wohin ich mich drehte. Ein Lächeln lag auf deinem Gesicht, während du mir zuschautest.
    »Du hast sie dir nicht richtig angesehen«, erklärtest du. »Nicht zusammen mit mir.«
    Dann gingst du fort. Als ich später aufstand, wartetest du in der Küche auf mich. Kaum hattest du mich gesehen, machtest du die Tür nach draußen auf.
    »Los, komm«, sagtest du.
    Also ging ich hinter dir her. Ich weiß nicht genau, warum. Ich könnte behaupten, dass ich es machte, weil ich nichts zu tun hatte, als pausenlos die Wände anzustarren, oder dass es mir auch diesmal darum ging zu entkommen, aber ich glaube, es steckte mehr dahinter. Im Haus kam ich mir vor, als wäre ich schon tot. Mit dir zusammen hatte ich immerhin das Gefühl, mein

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