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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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man weiß seinen Namen bis heute.«
    Silenos schwieg. Die Sonne war tiefer gerückt, doch wärmte sie noch genug. »In Indien«, sagte Silenos lebhafter, »gilt der Elefant als Reittier des Gottes Indra; und Ganesa, der Gott der Weisheit, wird mit einem Elefantenhaupt dargestellt. Die Inder glauben, das Weltall werde von acht Elefanten getragen. Unter dem Dach der Welt, in den Wäldern, in denen Suru aufwuchs, gibt es Schluchten, überquellend vonLeben. Dort sind die Mandelblüten größer als Schmetterlinge. Adler kreisen über den Höhen. Unter riesigen Bäumen breiten sich Moosteppiche aus, auf denen in weißen Nächten Yaks und Kaninchen spielen. Und selbst Elefanten tanzen zuweilen dort, verzaubert vom Mond, und gehen mit dem Mond in den Dschungel ein, so lautlos wie Wolken in das Dunkel des Himmels. Hastin nennen die Inder den Elefanten: den Handbegabten. Elefanten sind große Wanderer, sie sind stets unterwegs auf der Suche nach Wasser. Sie schicken Kundschafter aus, die über große Entfernungen hin Nachrichten geben, wenn sie einen Futterplatz finden. Berge sind kein unübersteigbares Hindernis für sie, sie fürchten nicht einmal Schnee. Selbst dort, wo kein Weg ist, wissen sie weiter. Suru zog einen weiten Weg   – das ist es, was ihn über die anderen heraushebt.« Nach einem Zögern fügte Silenos an: »Eines Tages wird er den Weg zurückgehen.«
    Ich sah ihn erschrocken an.
    »Die Inder nennen es Mahaprasthan«, fuhr er fort, »das große Abenteuer. Es bleibt keinem erspart.«
    Nun war die Elefantenfurt rot. Die Sonne hing über dem Horizont. Silenos sah zu ihr hin, sein Gesicht glühte.
    »Gehen wir zurück, ehe es kühl wird«, schlug er vor.
    Ich begleitete ihn zu seinem Zelt, das sich von außen in nichts von Karthalos Zelt unterschied.
    »lch bin erst seit ein paar Tagen im Lager«, sagte Silenos. »Ich war in Gades   – mit Hannibal. Sobald sich das Lager mit Söldnern gefüllt hat, kommt auch er zurück.   – Wenn du willst, komm morgen wieder«, lud er mich ein, ehe er in sein Zelt ging.

6
    In den nächsten Tagen begannen mehr und mehr der Beurlaubten einzutreffen. Manche kehrten mit Eseln zurück, so viel hatte man ihnen zu Hause mit auf den Weg gegeben.   – »Das reicht bis Rom!«, hörte ich einen prahlen.
    Im Lager ging es so hoch her, dass es für keinen nötig war, die Stadt aufzusuchen. Die Söldner trieben es manche Nacht derart, dass die Elefanten unruhig wurden. Die Indos beschwerten sich bei den Kommandanten. Die lachten sie aus: Wie soll das erst werden, wenn es wirklich losgeht!
    Karthalo verfiel auf ein sicheres Mittel, Suru ruhig zu halten. Zwischen den Vorderfüßen des Elefanten band er ein Huhn fest, und Suru, ängstlich besorgt, das Huhn nicht zu treten, bewegte sich nicht von der Stelle. Karthalo trug es Suru noch immer nach, dass er »versagt« hatte. Immer wieder stellte er Prüfungen mit ihm an und bestand darauf, dass außer mir auch andere zusahen. Suru wurde mit allen Aufgaben fertig. Er schleppte erhebliche Lasten, nahm Hindernisse und stampfte dort, wo Karthalo es von ihm verlangte, knietiefe Löcher. Karthalo nannte es schanzen. Wenn auf dem Boden der Vertiefung Wasser zusammenlief, sog Suru es auf.
    Elefanten sind erfahrene Brunnengräber, meinte Silenos, dem ich vom »Schanzen« erzählte.
    Eines Tages, als ich von Silenos kam, stellte mich Karthalo. »Am besten, du ziehst gleich für ganz in sein Zelt!«
    »Bin ich zu oft dort?«, fragte ich ihn.
    »Ja«, sagte er grob. Und dann kam heraus, was sich in ihm angestaut hatte. Das Wort »Grieche« gebrauchte er wie ein Schimpfwort. Er bezichtigte Silenos, Ansichten zu haben, bei denen ein echter Karthager rotsehen müsse. Besonders nahm er ihm übel, dass für ihn ein Kelte oder sogar ein Römer ein Mensch sei wie ein Karthager. »Und so einer ist Hannibals Schreiber«, ereiferte sich Karthalo. Dann warf er mir vor, dass ich vergessen hätte, von wem ich aus dem Schutt gezogen worden sei. Ich sah ihn stumm an. Er verlangte, ich sollte mich verteidigen. Ich sagte nichts. Da lenkte er ein und gab zu, dass Suru sich über mich nicht beklagen könne. »Ich will nur nicht, dass ein Grieche aus dir wird   – in dir steckt ein Karthager.« Schließlich beteuerte er: »Es gibt nichts zwischen uns.« Er holte eine Münze aus seiner Tasche und rieb sie an seinem Ärmel blank. Dann zeigte er mir die Seite, auf der ein Pferd war, das sich aufbäumte. »Du siehst, es hat die Vorderhufe erhoben. Wer wagen sollte, ihm in

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