Ich zog mit Hannibal
wühlend schob er sich weiter, bis er die ganze Kiesbank hinter sich hatte und mit einem Vorderfuß festen Grund fand. Er stemmte auch den anderen Fuß auf und zog sich hoch. Riesig ragte er mit seinem Vorderteil aus dem Wasser. Und nun trompetete auch er, doch in diesem Schrei war nichts von Angst.
Noch nie war Suru mir so gewaltig erschienen wie jetzt, da er an das Ufer trat. Da stand er, dem Tod entstiegen. Karthalo hielt mich noch immer. »Geh nicht hin«, warnte er mich. Aber ich riss mich los, war mit ein paar Schritten bei Suru, schlang meine Arme um das Bein, mit dem er zuerst wieder Grund gefasst hatte, und weinte und schämte mich nicht, dass ich es tat.
Fünf Indos und vier Elefanten fanden im Fluss den Tod. Als Hannibal davon erfuhr, wich das Blut aus seinem Gesicht, und nachdem Karthalo ihm den Hergang geschildert hatte, wandte er sich ab und starrte die Bergwände an, die vor ihm standen. Als er sich uns wieder zukehrte, sah er, dass Karthalo und ich schlotterten. »Setzt euch ans Feuer, ihr holt euch den Tod«, sagte er. Seine Stimme war heiser.
Die Elefanten waren nicht angepflockt worden, damit sie sich bewegen und rascher trocknen konnten.Die Treiber saßen um Feuerstellen und kehrten den Flammen abwechselnd Gesichter und Rücken zu. Langsam erlangten sie ihre Fassung zurück.
Bei den Elefanten dauerte die Verstörung noch Stunden an. Nur wenige fanden sich in Gruppen zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen. Bei manchen war unverkennbar, dass sie nach dem Freund suchten, den der Fluss fortgerissen hatte.
Gegen Abend geschah etwas Unerwartetes: Suru und Rocco stießen zusammen. Plötzlich begannen beide zu grollen. Wie von unsichtbaren Führern genötigt, gingen sie aufeinander los, bis sie Schädel gegen Schädel standen, und nun versuchte einer den anderen von der Stelle zu schieben. Alle Treiber sprangen erschrocken auf. Karthalo und Gisgo wollten erst zu den aufgebrachten Elefanten hinlaufen, doch dann kamen sie rasch überein, die beiden Bullen den Kampf unter sich austragen zu lassen. Alle waren sich klar darüber, dass es hier um die Entscheidung ging, wer beim Zug über die Berge Herr der Herde sein werde.
Suru und Rocco mochten gleich stark sein. Suru hatte nur einen Stoßzahn, aber dafür war sein Rüssel erheblich stärker. Mit ihm versuchte er Roccos Schädel zu packen. Rocco entzog sich und ging von neuem zum Angriff über. Die Kolosse wuchteten gegeneinander, ein Beben lief durch die Körper. Knirschend rieb eine Stirn an der andern, als sollte etwas zwischen ihnen zermalmt werden.
»Macht ein Ende!«, verlangten einige Indos, denen der Anblick unheimlich wurde. Karthalo weigerte sich einzugreifen und Gisgo erklärte: »Erst wenn einer kehrt macht, wird es gefährlich.« Solange sichkeiner der Elefanten zur Flucht wandte, konnte ihm der andere mit den Stoßzähnen nichts anhaben, das wussten wir alle.
»Einmal muss es entschieden werden«, ereiferte sich Roccos Treiber. Er war siegessicher. Rocco war es gelungen, Suru eine Fußbreite zurückzuschieben, und es sah aus, als werde er Suru aus dem Feld räumen. Da wich Suru überraschend ein wenig beiseite und Rocco rutschte ab, an Surus Flanke entlang. Er brach in die Knie. Auch Suru stolperte. Beide kamen zu gleicher Zeit wieder auf die Beine und stellten sich von neuem zum Kampf. Jeder stand nun auf der Seite, die vorher dem andern gehört hatte, und nun gingen sie nicht mehr mit gesenkten Schädeln, sondern mit aufgerichteten Rüsseln aufeinander los. Es setzte auf beiden Seiten gewaltige Hiebe, die Rüssel landeten klatschend auf Schädeln und Rüsseln. Und dann sauste Surus Rüssel eben in dem Augenblick, da Rocco zum Schlag ausholte, auf die Stoßzähne seines Widersachers mit so großer Wucht nieder, dass beide Zähne abbrachen. Rocco war starr. Es war für alle ein Schreck erregender Anblick: Aus den Stümpfen hingen blutige Wülste.
Rocco nahm bestürzt die Rüsselspitze ins Maul. Er wendete sich ab und ging zum Fluss hin. Dort säuberte er Brust und Flanken so ausgiebig, als wäre er über und über beschmutzt. Suru ließ ihn in Ruhe.
Er kehrte ihm den Rücken, reckte den Rüssel hoch in die Luft und verkündete mit mächtigem Ruf seinen Sieg. Die übrigen Elefanten sammelten sich um ihn.
Rocco wusch sich, er wusch seine Schmach ab. Sein Indos und auch Karthalo gingen zu ihm undbeide gaben ihm Salz, als er aus dem Wasser stieg. Rocco nahm es von beiden. Sein Stolz war gebrochen.
»So hätte es nicht auszugehen
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